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Sharpes Zorn (German Edition)

Sharpes Zorn (German Edition)

Titel: Sharpes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hinein.
    Sharpe fand sich in einem kleinen Kreuzgang wieder. Ein Teil davon war eingefallen und der Rest wies Brandspuren auf. Auf der einen Seite gab es eine kleine Kapelle. Irgendetwas war durch das Dach geschlagen und hatte alles in ihrem Inneren verbrannt. Eine französische Mörsergranate? Aber soweit Sharpe wusste, verfügten die französischen Geschütze nicht über die Reichweite, um so tief in die Stadt zu schießen, und außerdem waren die Brandspuren kalt. Tatsächlich wuchs sogar schon Schimmel auf dem Ruß, und Unkraut war durch den Boden der Kapelle gebrochen.
    Sharpe stieg den Turm hinauf. Die Silhouette der Stadt wurde von ihren Türmen bestimmt. Es waren fast zweihundert, und Sharpe nahm an, dass die Kaufleute einst von ihnen aus die Schiffe beobachtet hatten, die vom Atlantik hereinkamen. Oder vielleicht waren die ältesten von ihnen schon gebaut worden, als Cadiz noch jung gewesen war, als die Römer eine Garnison auf der Halbinsel gehabt und nach karthagischen Piraten Ausschau gehalten hatten. Dann hatten die Mauren Cadiz erobert und sie hatten nach christlichen Plünderern gesucht, und als die Spanier schließlich die Stadt für sich eingenommen hatten, da hatten sie das Meer nach englischen Freibeutern abgesucht. Sie nannten Sir Francis Drake »El Draco«, und der Drache war auch nach Cadiz gekommen und hatte einen Großteil der Altstadt niedergebrannt. Doch anschließend hatte man die Türme einen nach dem anderen wieder aufgebaut, denn Cadiz hatte es nie an Feinden gemangelt.
    Dieser Turm hier war sechs Stockwerke hoch. Den obersten Stock bildete eine überdachte Plattform mit steinerner Balustrade, und Sharpe streckte den Kopf über die Brüstung, vorsichtig, um durch eine plötzliche Bewegung keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Er spähte nach Osten und sah, dass er recht gehabt hatte: Das hier war der perfekte Ort, um Núñez’ Haus zu beobachten, das nur knapp fünfzig Schritte entfernt lag und über andere Häuser mit dem aufgegebenen Kloster verbunden war. Und alle hatten sie flache Dächer. Letzteres galt für die meisten Häuser der Stadt. Hier oben genossen die Menschen die Sonne, die nur selten in die tiefen, schmalen Gassen vordrang. Die Kamine warfen schwarze Schatten, und in einem dieser Schatten sah Sharpe den Wachtposten auf Núñez’ Haus. Dort saß ein Mann in dunklem Mantel, die Muskete über die Knie gelegt.
    Sharpe beobachtete ihn fast eine Stunde lang, und die ganze Zeit über rührte der Mann sich kaum. Die französischen Mörser hatten ihr Feuer eingestellt, doch weit im Süden und Osten war der Rauch von Geschützfeuer jenseits der Marschen zu sehen, wo sich die französischen Belagerer der kleinen britischen Armee gegenübersahen, die den Isthmus von Cadiz beschützte. Das Geräusch der Kanonen hallte nur gedämpft herüber wie ferner Donner, und dann verstummte auch das.
    Sharpe kehrte wieder auf die Straße zurück. Er schloss das Tor, legte die Kette vor und sicherte sie mit dem neu gekauften Schloss. Den Schlüssel steckte er in die Tasche. Dann ging er nach Südosten, weg von Núñez’ Haus. Er hielt das Meer zu seiner Rechten, denn er wusste, dass er so zur Kathedrale gelangen würde, wo er mit Lord Pumphrey verabredet war. Auf dem Weg dachte er an Jack Bullen. Der arme Jack, ein Gefangener, und Sharpe erinnerte sich auch an das Mündungsfeuer aus Vandals Muskete. Da hatte er noch eine Rechnung offen. Sein Kopf schmerzte. Manchmal war der Schmerz so stark, dass ihm schwarz vor dem rechten Auge wurde. Das war seltsam, denn die Verletzung war links.
    Sharpe kam zu früh an der Kathedrale an, und so setzte er sich erst einmal auf die Seemauer und beobachtete die großen Wellen aus dem Atlantik, die sich an den Felsen brachen. Eine kleine Gruppe von Männern kletterte über das zerklüftete Riff westlich der Stadt, an dessen Ende sich ein Leuchtturm erhob. Sharpe sah, dass sie irgendwelche Lasten trugen, vermutlich Brennstoff für das Leuchtfeuer. Bei jedem Felsen zögerten sie kurz und sprangen erst, wenn sich das Wasser kurz zurückgezogen hatte.
    Eine Uhr schlug fünf, und Sharpe ging wieder zur Kathedrale, die zwar noch nicht fertig war, aber dennoch weit über die kleineren Häuser aufragte. Ihr Dach war halb von Planen verdeckt, sodass man nicht erkennen konnte, wie es einmal aussehen würde. In jedem Fall war es jetzt erst einmal hässlich: graubrauner Stein durchbrochen von ein paar Fenstern, die an Spinnennetze erinnerten, und mit riesigen

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