Sharras Exil - 17
nehme an, es ist möglich. Warum?«
»Ich bin mir nicht sicher«, meinte Regis. »Aber mein Pflegesohn Mikhail - Javannes Sohn - sagte mir, sein Bruder Gabriel habe ihm erzählt, kurz vor Beginn der Ratssitzungen habe es ein Gerücht in der Garde gegeben. Natürlich wusste jeder, dass die Alton-Domäne als unbesetzt erklärt werden sollte und - verzeih mir, Lew - dass der Rat von Kennards jüngerem Sohn wegen seiner terranischen Erziehung nichts werde wissen wollen. Aber der Rat oder sonst irgendwer habe ein Alton-Kind gefunden, und sie hätten vor, es zum Oberhaupt der Domäne unter Hastur-Regentschaft zu erklären. Irgendwas in der Richtung. Du weißt, welche Art von Gerüchten im Kadetten-Korps umlaufen, doch scheint dies langlebiger als üblich gewesen zu sein.«
Ich schüttelte den Kopf. »Natürlich ist es nicht unmöglich, dass Marius einen Sohn gezeugt hat. Ebenso könnte mein Vater einen Bastard oder zwei hinterlassen haben; er hat mir nicht alles über sein Leben mitgeteilt. Trotzdem bin ich der Meinung, ich hätte es erfahren …«
»Vielleicht hat eine Frau sein Kind bei einer flüchtigen Liebesaffäre empfangen und niemandem etwas davon gesagt, bis er Darkover verlassen hatte«, überlegte Regis, und ich nahm den unausgesprochenen Zusatz wahr, dass es Frauen genug gebe, die stolz darauf seien, den Comyn ein Kind mit Laran zu gebären. Er musste es ja wissen …
»Und«, schloss ich, »keine Frau würde es wagen, in diesem Punkt zu lügen, nicht gegenüber einem Telepathen, einem Comyn. Aber wenn es stimmte, glaube ich, dass dein Großvater schon früher etwas unternommen hätte.«
»Das glaube ich auch.« Regis winkte Gabriel Lanart-Hastur zu uns. Ich persönlich hätte ja die Jungen ausgefragt, die das Gerücht in Umlauf gesetzt hatten, aber vielleicht hielt Regis es für unter seiner Würde, sich an Vierzehnjährige um Auskunft zu wenden. Als Gabriel bei uns angelangt war, fragte er: »Schwager, was ist mit dieser Geschichte über ein Alton-Kind, die sich die Kadetten erzählen?«
»Ich weiß gar nichts darüber, Regis. Rafael erwähnte es einmal, und in der Version, die ich gehört habe, war es mein eigener Bastard-Sohn«, antwortete Gabriel gutmütig. Ich dachte: Wenn ich eine scharfzüngige Frau wie Lady Javanne hätte, würde ich verdammt genau aufpassen, dass sie niemals etwas über einen von mir gezeugten Bastard erfährt! Gabriel lächelte kläglich. »Ich konnte meinem Sohn versichern, dass es kein Kind von mir ist, aber es gibt andere Alton-Verwandte in den Domänen. Wenn überhaupt etwas Wahres daran ist, dann wird derjenige, der die Anwartschaft des Kindes unterstützt, es zweifellos dem Rat bei der nächsten Zusammenkunft präsentieren.« Sein Blick bat mich um Entschuldigung. »Du bist nicht mehr so beliebt wie früher, Lew. Die Gardisten würden dir in die Hölle folgen - sie reden immer noch davon, ein wie guter Offizier du warst -, aber von da bis zum Herrscher von Alton ist ein langer Weg.«
Einen Augenblick lang hatte ich die ganze Sache von Herzen satt. Mir kam der Gedanke, das Beste wäre es, sobald wir in Thendara ankamen, mit Gabriel zu einer Verständigung wegen der Domäne zu gelangen, einen Platz auf einem Schiff zu buchen und abzureisen, weg von Darkover und Sharra und allem anderen … Doch dann fielen mir die Kilghardberge ein und mein Vaterhaus dort. Und wie ein Messer, das mir das Herz durchbohrte, kehrte die Erinnerung zurück:
Kadarin hatte die Sharra-Matrix. Zweimal hatte ich versucht, sie auf einem anderen Planeten zurückzulassen. Zweimal war ich gezwungen worden, sie doch mitzunehmen … Ich war Sharras Sklave und Sharras Exil, sie würde mich niemals gehen lassen, und irgendwie musste ich mit ihr kämpfen und sie vernichten … auch mit Kadarin kämpfen und mit all seinen wildäugigen Wahnsinnigen und Jüngern …
Mit ihnen kämpfen? Allein? Sollte ich mich Beltrans Armeen mit meinem Zeremonienschwert und meiner einen Hand entgegenstellen? Ich war kein Comyn-Held der Legende, bewaffnet mit einem Zauberschwert!
Ich drehte den Kopf und sah zurück zum See von Hali und der niedrigen, schimmernden Kapelle an seinem Ufer. Regis und Gabriel dachten, ich sagte der letzten Ruhestätte meines Bruders Lebewohl. Aber stattdessen überlegte ich mir, ob es in der Geschichte der Comyn eine Waffe gegen Sharra gegeben habe.
Ashara musste es wissen. Und wenn sie es wusste, hatte vielleicht auch meine Verwandte Callina davon erfahren.
Ich sagte: »Gabriel, Regis, entschuldigt mich,
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