Sharras Exil - 17
Merryl grinste wie eine Hauskatze, die soeben einen Käfigvogel verschlungen hat und so tut, als lecke sie nur Sahne von ihrem Schnurrbart. Dyan beugte sich mit bestürztem Blick vor. Danvan Hastur gelang es nicht, seine Stimme frei vom Vorwurf zu halten. »Mein Prinz, darüber hättet Ihr mich zuvor unter vier Augen informieren sollen!«
»Warum?«, fragte Derik. Er gab sich nicht einmal Mühe, sein unverschämtes Starren zu verbergen. »Ihr habt meine Krönung ein gutes Stück über das Alter hinaus verschoben, in dem jeder andere König in Thendara auf seinem Thron gesessen hat, mein Lord Hastur, aber Ihr könnt mir das Recht nicht nehmen, für meinen treuen Friedensmann eine günstige Heirat abzuschließen.«
Hastur murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Es klang wie ein Fluch - oder war es ein Gebet? Er konnte dem Thronerben dies Recht nicht in aller Öffentlichkeit abstreiten. Geschieht ihm recht, dachte Regis. Warum hat er nie der Tatsache ins Gesicht gesehen, dass Derik einfach ungeeignet ist, gekrönt zu werden - und dass er hätte versuchen sollen, ihn auf legale Weise von der Thronfolge auszuschließen! Mit scharfem Tadel sagte Lord Hastur: Darüber werden wir später sprechen, mein Prinz. Darf ich Euch daran erinnern, dass es im Augenblick um die Alton-Domäne geht?«
»Aber Marius ist teilweise Aldaran, und der AldaranAnspruch ist jetzt legitim …«, beharrte Derik. Regis sah, dass Hastur kurz davor stand, Derik zu befehlen, er solle sich hinsetzen und den Mund halten, oder er werde ihn hinausschaffen lassen. Das hätte der Fiktion, der Prinz sei geistig normal, ein für alle Mal den Garaus gemacht. Aber Linnell Aillard beugte sich über die Schranke und sagte leise etwas zu Derik, und daraufhin verstummte er.
Marius gab sich offensichtlich Mühe, seine Gedanken zu sammeln. Er erklärte: »Ich erhebe Einspruch gegen die Herrschaft Gabriels. Er hat die Alton-Gabe nicht, und er hat keine Vorsorge getroffen, mich darauf testen zu lassen, ob ich sie habe.«
Gabriel sah Marius gerade an. »Behauptet Ihr, die AltonGabe zu besitzen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Marius. »Ich bin nicht getestet worden. Behauptet denn Ihr, sie zu besitzen?« Gabriel begann: »Heutzutage …« Er wurde von einem überraschten Ausruf des Gardisten an der Tür unterbrochen. »Ihr Götter da oben! Ihr seid es, Sir?«
Und dann schritt ein hoch gewachsener, hagerer Mann in die Kristallkammer. Er trug terranische Kleidung; ein Arm endete in einem am Handgelenk umgeschlagenen Ärmel. Sein dunkles Haar, dicht und lockig, war mit Grau gestreift, und sein Gesicht war ausgemergelt und von Narben verzerrt. »Ich bin Lewis-Kennard, Lord Alton, Herr von Armida«, erklärte er mit einer harten Stimme, die rau und angestrengt klang, »und ich bitte Euch um Nachsicht, meine Herren, dass ich zu spät zu dieser Versammlung erscheine. Wie Ihr seht, bin ich soeben erst hier gelandet und sofort hergekommen, ohne mich damit aufzuhalten, mich in die Zeremonienfarben meiner Domäne zu kleiden.«
Allgemeiner Aufruhr, der aus allen Richtungen von den Wänden der Kristallkammer widerhallte. Mitten darunter rief die Stimme des alten Hastur vergeblich nach Ruhe. Schließlich sprach er drängend auf Gabriel ein, und dieser bellte mit seiner besten Feldwebel-Drill-Stimme: »Die Sitzung wird für eine halbe Stunde unterbrochen! Dann werden wir uns wieder treffen und Sinn in die ganze Sache bringen!«
Lew Altons Erzählung
2
Mir liegt es nicht, mit Menschenmassen fertig zu werden. Das liegt keinem Telepathen, und ich bin darin besonders schlecht. Innerhalb von Sekunden, nachdem Hastur eine Pause angeordnet hatte, waren sie alle rings um mich. Ungeachtet der telepathischen Dämpfer war die Mischung aus Neugier, Schreck, Entsetzen - von irgendwoher kam Bosheit hinzu - mehr, als ich ertragen konnte. Ich arbeitete mich mit den Ellenbogen in den Gang hinaus, und Augenblicke später kam Marius mir nach.
»Lew«, sagte er, und wir umarmten uns. Ich trat einen
Schritt zurück, um ihn zu betrachten.
»Ich hätte dich nicht wieder erkannt. Du warst nichts als ein
dünner kleiner Stock …«, sagte ich. Jetzt war er groß, beinahe so
groß wie ich, kräftig, breitschultrig - ein Mann. Ich sah den
Schock in seinen Augen, als er die Narben auf meinem
Gesicht, den Arm, der in einem umgeschlagenen Ärmel endete,
bemerkte. Ich weiß nicht, ob mein Vater ihm überhaupt etwas
und wenn ja, wie viel erzählt hatte, und er war noch ein Kind
gewesen, als es
Weitere Kostenlose Bücher