Sharras Exil
Wort in der intimen Form, die Onkel bedeuten konnte, und Dyan verwies es ihm nicht. Er klopfte ihm ganz leicht auf die Wange.
»Ich finde, beleidigend warst du. Und es gibt eine richtige und eine falsche Art, so etwas zu tun, Kiyu . Denk einmal über die richtige Art nach. Wir sehen uns später.«
Merryl ging, aber er sah nicht mehr ganz so wie ein getretenes Hündchen aus. Regis, dem äußerst unbehaglich zu Mute war, folgte Dyan die Straße hinunter. Der Comyn-Lord bog in den Eingang eines Hauses ein, das nach einem kleinen, diskreten Lokal aussah. Drinnen merkte Regis gleich, um was es sich handelte, aber Dyan zuckte die Schultern und sagte: »Hier werden wir keine anderen Comyn treffen, und ich kann auf ihre Gesellschaft gern verzichten!« Ein unausgesprochener Gedanke flackerte auf. Wenn du Wert auf ein Privatleben legst, Junge, dann solltest du dich an Lokale wie dies hier gewöhnen . Es lag so viel Gleichmut darin, dass Regis die Botschaft ignorieren konnte, wenn er es wollte.
»Wie du wünschst, Verwandter.«
»Das Essen ist recht gut«, fuhr Dyan fort, »und ich habe ein Dinner bestellt. Du brauchst hier drin weiter nichts zur Kenntnis zu nehmen, wenn es dir lieber ist.« Er folgte einem sich verbeugenden Diener in einen mit Rot und Gold behängten Raum und sprach über unverfängliche Dinge – die Dekoration, die leise Streichmusik, während junge Kellner alle Arten von Speisen brachten.
»Die Musik ist aus den Bergen; das ist eine berühmte Gruppe aus vier Brüdern«, erzählte Dyan. »Ich habe sie gehört, als sie noch in Nevarsin waren, und ich persönlich habe sie gedrängt, nach Thendara zu kommen.«
»Eine schöne Stimme.« Regis lauschte dem klaren Sopran des jüngsten Musikers.
»Meine war seinerzeit besser«, sagte Dyan ausdruckslos, doch Regis hörte den Kummer doch heraus. »Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt; dies gehört dazu. Ich habe seit dem Stimmbruch nicht mehr gesungen, nur ein bisschen im Chor, als ich im letzten Winter einige Zeit im Kloster war. Es war friedlich dort, obwohl ich kein Cristofero bin und nie einer sein werde; ihre Religion ist zu eng für mich. Ich hoffe, der Tag wird kommen, an dem auch du sie so sehen wirst, Danilo.«
»Ich bin kein guter Cristofero «, antwortete Danilo, »aber es war der Glaube meines Vaters und wird der meine bleiben, bis ich einen besseren finde.«
Dyan lächelte. »Religion ist eine Unterhaltung für müßige Geister, und dein Geist ist nicht müßig genug dazu. Doch es schadet einem im öffentlichen Leben stehenden Mann nicht, mit der Religion des Volkes zu sympathisieren, solange die Sympathie oberflächlich bleibt und sein ernsthaftes Denken nicht vergiftet. Ich halte es mit denen, die – sogar in Nevarsin – sagen: Es gibt keine höhere Religion als die Wahrheit . Und das ist durchaus keine Blasphemie, Pflegesohn. Ich habe es von den Lippen des Vaters Meister gehört. Aber genug davon – ich habe dir etwas zu sagen, Danilo, und ich wollte dir die Mühe ersparen, zu Regis zu laufen und es ihm sofort weiterzuerzählen. Mit einem Wort: Ich bin ein Mann, der Impulsen nachgibt, wie du seit langer Zeit wissen wirst. Im letzten Jahr verbrachte ich einige Zeit auf Aillard, und Merryls Zwillingsschwester hat mir vor zehn Tagen einen Sohn geboren. Neben anderen Comyn-Angelegenheiten bin ich hier, um ihn legitimieren zu lassen.«
Danilo erklärte korrekt: »Meine Glückwünsche, Pflegevater.«
Auch Regis brachte eine höfliche Redensart vor, doch er war verwirrt.
»Du bist überrascht, Regis? Ich bin selbst ein bisschen überrascht. Im Allgemeinen bin ich, nicht einmal der Zerstreuung wegen, kein Liebhaber von Frauen – aber wie gesagt ich bin … ein impulsiver Mensch. Marilla Lindir ist nicht dumm; die Aillard-Frauen sind klüger als die Männer, wie ich selbst feststellen konnte. Ich glaube, es hat sie gefreut, Ardais einen Sohn zu geben, da Aillard-Söhne keine Chance haben, diese Domäne zu erben. Ich nehme an, ihr wisst beide, wie so etwas passiert – oder seid ihr noch zu jung dazu?«, fragte er mit einem Heben der Augenbrauen und einer Spur von Bosheit. »Also, es passierte – und als ich erfuhr, dass sie schwanger war, sagte ich nichts. Es hätte eine Tochter für Aillard statt eines Sohns für Ardais werden können – aber ich machte mir die Mühe, sie überwachen zu lassen, um sicher zu sein, dass das Kind von mir war. Als wir uns zu Mittwinter trafen, Danilo, habe ich nicht davon gesprochen, weil alles
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