Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Knie zu gehen.
Unser Gelächter weckte Kate. Arme Kate, es war halb fünf nachmittags. Es kam des Öfteren vor, dass Kate am Samstag bis um sechs, sieben Uhr schlief, um dann gähnend aufzustehen, als wäre es früh am Morgen.
Kate, in ihre Starrobe gehüllt, einen Fummel, den sie bei Sak’s für 69,95 Dollar um die Hälfte erstanden hatte – türkisfarben, bodenlang mit Marabufedern –, ging in die Küche (die ich sauber hielt). Sie machte sich ein Erdnussbutter-Sandwich – mit meiner Erdnussbutter und meinem Brot. Ich hasste das. Immer hat sie von mir geklaut, obwohl ich jeden Freitagabend meine sämtlichen Einkäufe mit meinen Initialen versah. Auf jedem Ei und jedem Brotlaib stand S. L. Es nützte nichts. Die Schlampe klaute einfach mein Essen.
»Guten Morgen, Kate, ich meine, guten Tag, ich meine, guten Abend.«
»Du kannst mich mal, Sheila.«
»Hör zu, Kate, die Leute können jeden Augenblick kommen, du musst dein Zimmer aufräumen [auf einem Stuhl türmten sich schmutzige BHs und Höschen, und in jeder Ecke lagen schmutzige Röcke und zerknautschte Jeans herum – der alte Sheila-Levine-Franklin-Square-Look]. Es ist total zugemüllt.«
»Du kannst mich mal, Sheila. Wenn ich mit einer verblödeten Mutti zusammenwohnen wollte, wär ich nicht bei euch eingezogen.«
Aus Women’s Wear Daily:
Die Party bei Sheila Levine war absolut sensationell. Da das Thema des Abends Halloween war, gab es überall großartige Hexen und Kürbisse aus Karton, wie man sie selten gesehen hat oder sehen wird. Das Essen war einfach superb! Wann kommt man schon in den Genuss von Wise Brand Kartoffelchips und Liptons Zwiebelsuppe Dip? Natürlich war B. Y. O. B. angesagt. Einfach schick!
Zwei der drei Gastgeberinnen, Sheila oder Sheil, wie ihre Freunde sie nennen, und Linda Minsk, trugen das gleiche Modell, ein Etuikleid aus schwarzer Wolle, das ich sofort Ohrbach’s Kellerkollektion zuordnen konnte. In der Tat, das gesellschaftliche Ereignis der Saison. Sheila Levine hat übrigens darauf verzichtet, sich vor der Party unter die Dusche zu stellen. Ist sie nicht extrem?
Ja, die große schlanke Linda und die dicke Sheila trugen dasselbe Kleid. Wir waren Erscheinungen, perlenbehangen, in schwarzen Etuikleidern. Die Perlen hatte wir zu unserem sechzehnten Geburtstag bekommen.
»Linda, was machen wir, wenn keiner kommt?«
»Es ist gerade mal acht. Vor halb neun werden sie nicht erwartet.«
»Angenommen, der Dip reicht nicht? Angenommen, er ist alle, und die Leute sind noch hungrig? Was machen wir dann?«
»Wir hätten ein RSVP auf die Einladungen setzen sollen.«
»Tja, jetzt, wo du’s sagst. Verdammt, warum hast du das nicht gesagt, bevor wir die Einladungen rausschickten?«
»Ich hab nicht dran gedacht.«
Um acht Uhr fünfundzwanzig ging zum ersten Mal die Klingel. Linda erstarrte. Ich öffnete Tür und stand Joshua gegenüber. Unser erster Gast war schwul.
»Hi, Joshua.«
»Hi, Sheila.«
»Wie geht’s so?«
»Bestens.«
Joshua fragte mich nicht. Er stellte nie Fragen.
»Was gibt’s Neues?«, fragte ich weiter.
»Nicht viel.« Ich hatte auch nicht erwartet, dass er mir etwas erzählen würde. Joshua gab grundsätzlich keine Auskunft. Selbst wenn er Zigaretten holen ging, schwieg er sich darüber aus.
»Na schön, dann setz dich. Es kommen noch mehr Leute.« Ich blickte suchend auf seine Hände. Er hatte keine Flasche mitgebracht. Typisch Joshua.
Die Türklingel. Ich öffnete. Auf der Schwelle standen zwei sehr ordentliche Jungs vom Sozialamt. Linda kam herbeigeeilt. Sie überragte beide.
»Sheila, das ist Larry Hellman und das ist Ralph Glazer.«
»Hi.«
»Hi.«
»Das ist Joshua.«
»Joshua und weiter?«
»Ich hab keinen Familiennamen.« Sie übergaben Linda eine braune Papiertüte mit einer billigen Flasche Scotch.
»Hör zu, meine gute alte Linda, was nicht gebraucht wird, nehmen wir wieder mit.« Es war ihr Ernst. »Bringt eure eigene Flasche« bedeutet auch »Nehmt den Rest wieder mit, wenn die Party vorbei ist«.
»Warum setzen wir uns nicht?«, fragte ich. Bevor ich mich aber setzen konnte – die Klingel. Drei Jungs standen vor der Tür. Es war das reinste Schneeballsystem. Dieses Mal war es der Neffe von Mrs. Cox aus dem Büro mit zwei Freunden, die ich nicht kannte.
»Hi, Henry.«
»Hi, das sind Harvey und Norman Berkowitz.«
»Hi. Ich bin Sheila, und das sind Linda und Joshua und Larry und Ralph oder umgekehrt.«
»Nein, war schon richtig so,
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