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Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)

Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)

Titel: Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Parent
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zulegte. Zwei Telefone also in einer Einzimmerwohnung.
    Um ein Haar hätte ich auch noch umziehen müssen. An manchen Vormittagen, wenn ich aus dem Fenster schaute, sah ich nur schmutzige Taxis, schmutzige Busse, schmutzige Leute und eine Agatha Horowitz mit schmutzigen Fantasien. Sie stand auf der anderen Straßenseite und starrte zu meinem Fenster hoch. Also kaufte ich mir gestreifte Vorhänge.
    So wie ich versuchte, Ivan dem Schönen ganz zufällig über den Weg zu laufen, versuchte das Agatha auch mit mir. Wenn ich zum Beispiel nach einem langen Arbeitstag aus der 1650 Broadway kam, wo ich die ganze Zeit nichts anderes getan hatte als Eichhörnchen-Musik zu kopieren, stand Agatha bereits vor dem Gebäude.
    »Oh, hallo, Sheila, ich wollte gerade jemanden besuchen, der ein paar Straßen weiter wohnt.«
    »Trifft sich gut, Agatha, ich wollte auch jemanden besuchen.« (Ich konnte den Schmerz in dem Augenwinkel sehen, aus dem das Zwinkern gekommen war. Es ist nicht einfach, ein Objekt der Begierde zu sein.)
    »Hast du Lust auf einen Kaffee oder sonst was?« (Ich hätte nichts gegen einen Kaffee gehabt, nur das Sonstwas störte mich.)
    »Hätte ich schon, Agatha, aber ich bin wirklich sehr spät dran. Dieser Freund und ich wollten ins Kino, in eine Frühvorstellung und uns um sechs Uhr zweiunddreißig treffen. [Ich schaute auf die Uhr und mimte Entsetzen.] Großer Gott, ich muss los. War ein netter Zufall, Agatha.« (Und ich rannte direkt in die Spitze eines Regenschirms, der in meine Richtung wies. Eine kleine Frage: Wie kommt es, dass Doris Day, die ja wirklich umwerfend aussieht, nicht Agatha Horowitz über den Weg läuft?)
    Und dann diese Anrufe. (Sie schaffte es immer, meine Geheimnummer rauszukriegen.)
    »Sheila?«
    »Ja, Agatha?«
    »Was hast du gegen mich?«
    »Agatha, ich hab nichts gegen dich. Du bist wirklich sehr nett. Ich möchte nur nicht … du verstehst mich … diese Art von Beziehung.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß nicht, ich meine, ich möchte mich keineswegs abwertend darüber äußern. Bestimmt finden es manche Leute ganz toll. Wenn man darauf steht, muss es großartig sein. Aber ich schwör bei Gott, Agatha, ich konnte mich noch nie und werde mich auch nie dafür begeistern.«
    »Woher willst du das wissen, wenn du’s noch nie probiert hast? Vor ein paar Jahren hab ich das auch noch gedacht. Ich bin sogar mit Jungs ausgegangen. Dann traf ich dieses Mädchen, Maxine, und sie war immer so lieb und nett; anfangs waren wir auch nur Freundinnen, aber aus der Freundschaft ist schnell was anderes geworden. Sheila, ich wollte sie haben, und es war einfach toll mit ihr.«
    Zweihundertneunzig Dollar, ganz abgesehen von dem Vermögen, das ich für Grundnahrungsmittel ausgegeben hatte, und was kam dabei heraus: Jede Nacht ein Telefonat mit Agatha Horowitz. Ich kann dazu nur sagen, sie hat mir versprochen, sie würde mich in der Stadt anrufen, und dieses Versprechen hat sie gehalten.
    Gruppe B verbrachte das Labor Day Wochenende auf der Insel. Am Labor Day ist immer viel los. Es ist sozusagen die letzte Gelegenheit, bevor der Sommer vorbei ist. Wenn man am Labor Day Wochenende keinen trifft, kann man den Rest des Sommers abschreiben.
    Keiner schläft (man treibt’s, man schläft nicht). Alle waren schon frühmorgens am Strand, um ihre Bräune nochetwas zu intensivieren, damit sie bis in den Winter vorhielt. Unendlich viele Adressen und Telefonnummer wurden ausgetauscht. Vor diesem Wochenende wusste man, dass man sich wiedersehen würde. Jetzt war klar, dass all diese Leute in Manhattan, in der Bronx und auf Staten Island verloren gehen konnten, wenn man ihre Namen nicht in ein kleines, ledergebundenes Adressbuch mit blauen Seiten und goldumrandeten Ecken eintrug. Eine besonders Beflissene wollte schon fürs nächste Jahr Leute zusammentrommeln. Es klappte aber nicht. Keiner wollte jetzt schon zugeben, dass er wiederkommen würde.
    Und dann die Partys. Es waren immer die letzten. Man versuchte mit allen Mitteln, das Wochenende zu verlängern. Wir wurden »so gegen sechs, so gegen sieben« eingeladen und dann auch »so gegen drei, so gegen vier«. Die Leute wollten sich partout nicht vom Sommer verabschieden.
    Am Labor Day war es unsere Aufgabe, »Papa’s Getaway« ordentlich zu hinterlassen. (Das war wiederum der große Nachteil der Gruppe B.) Wir machten das Licht aus, putzten und stellten das warme Wasser ab.
    Neununddreißig Leute waren auf der letzten Fähre versammelt, Strohtaschen

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