Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Hustenanfälle, nervöse Zuckungen. Und einmal fiel ich sogar auf der Straße um. Da dämmerte mir, dass etwas nicht in Ordnung war.
Joshua hatte einmal die William Alanson White Clinic, 20 West Seventyfourth, erwähnt, aber sie hatten eine lange Warteliste, und ich hatte nervöse Zuckungen. Wer zuckt, kann kein halbes Jahr warten.
Arzt Nummer eins – er soll anonym bleiben, nicht weil ich mich scheue, seinen Namen zu nennen, sondern weil er wirklich ein lausiger Seelenklempner ist. Er war nur ein halber Freudianer, er glaubte zwar an Freud, sprach aber mit mir. Für dreißig Dollar die Stunde wollte ich auch was fragen können.
»Wenn Sie’s ganz genau wissen wollen [nein, wollte er nicht, Lügen waren ihm lieber] – wirklich fertig macht mich die Hochzeit meiner Schwester. Ist das nicht lächerlich? Ha-ha-ha … Total lächerlich … eine erwachsene, unabhängige Frau wie ich, ohne die geringste Aussicht, in nächster Zeit zu heiraten … Lächerlich. Nur eine Hochzeit, weiter nichts. Ich bin nicht eifersüchtig oder was auch immer. Ich versteh nicht, was mich daran so stört. Sie?«
»Sheila, Sie sehen mich jetzt seit ungefähr einem Monat. Ich vermute, Sheila, Sie wollen vor der Ehe davonlaufen.«
Was für ein Blödmann! Ich und vor der Ehe davonlaufen.Allmächtiger, hatte ich nicht gerade Joshua einen Antrag gemacht – und Doktor Blödmann meint, ich wolle vor der Ehe davonlaufen.
Dr. Singvogel – Lachen ist erlaubt – scheint richtig gut zu verdienen – er lebt an der Park Avenue, und das Einzige, was wir können, ist lachen.
»Was willst du einmal werden, wenn du groß bist, mein kleiner Singvogel?«
»Ich möchte ein großer Psychiater werden, an der Park Avenue leben und fünfunddreißig Dollar in der Stunde verdienen.«
»Wissen Sie was – jedes Mal, wenn ich an die Hochzeit meiner Schwester denke, wird mir speiübel. Ich fange an zu würgen und weiß überhaupt nicht, warum. Ich freue mich wirklich für meine verdammte Schwester, die doch glatt vor mir heiratet. Ich freue mich für die dumme Gans.«
Dr. Singvogel war auch nur ein halber Freudianer. Ich musste liegen und über meine Träume reden.
Er kam zu folgendem Ergebnis – halten Sie sich fest. Ich versuche, in einem Satz zusammenzufassen, was mich vierhundert Dollar gekostet hat, vierhundert Dollar für die Erkenntnis, dass ich mich selbst nicht mag und deshalb auch von anderen nicht erwarten kann, dass sie mich mögen. Toll. Er hat mir wirklich weitergeholfen, dieser Singvogel. Er hat dann noch schnell hinzugefügt, dass er einen neuen Partner habe, der die Hälfte seiner Patienten übernehmen würde, und dass ich mich bestimmt prächtig mit dem neuen Arzt verstehen würde – dem jungen Dr. Hirshfeld.
»Dr. Hirshfeld, mein eigentliches Problem ist, dass ich mich zurückgewiesen fühle. Ich hatte gedacht, Dr. Singvogel würde mich mögen, aber er hat mich Ihren Patienten zugeschlagen, und diese Zurückweisung muss ich erst mal verdauen.«
Es kostete mich ungefähr dreihundert Dollar, um die von Dr. Singvogel erfahrene Zurückweisung zu verdauen. Und Dr. Hirshfeld war mir keine Hilfe dabei. Er war jung und sah für einen Psychiater nicht übel aus. Wenn ich einen Film mit Natalie Wood machen würde, die sich in ihren Psychiater verliebt, hätte ich mich für seinen Typus entschieden. Das Problem mit Dr. Hirshfeld war aber, dass er diesen extrem breiten Ehering trug, von dem ich einfach nicht die Augen abwenden konnte.
Vielleicht wird es eines Tages einen Sheila-Levine-Gedächtnis-Fonds für Junggesellinnen und deren nervöse Zuckungen geben. Dem sollen Sie, Doktor Hirshfeld, vorstehen. Sie kriegen so viel Geld, wie Sie wollen. Und Sie dürfen alles machen, was Sie für richtig halten. Sie haben Carte blanche. Nur Ihren Ehering müssen Sie abnehmen. Bitte.
Melissa heiratete ein jüdisches »Prachtstück«. Netter Junge, nette Eltern, netter Penis. Mrs. Richard Hinkle – so würde sich meine Schwester nennen. Er hatte nichts mit Babymützchen am Hut, sein Ding waren Immobilien. Nett. Seine Eltern lebten in Lawrence, Long Island. Auch nett. Sheila war eine der Brautjungfern. Nett? Nein, gar nicht nett. Meine Schwester stand mir nie besonders nahe, ich hab sie nie besonders gemocht. Warum zwingen jüdischeMütter ihre Kindern sich zu vertragen? Sie hat garantiert gesagt: »Melissa, ich bin mir sicher, Sheila wäre sehr verletzt, wenn sie keine Brautjungfer sein kann.«
Ich wäre keineswegs verletzt … am besten, ihr ladet
Weitere Kostenlose Bücher