Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Agatha?)
»Solltest du deine Meinung ändern, Sheila …«
Sie heiratet. Die Liste liegt bei Tiffany’s aus.
Einen Monat nach diesem Anruf bekomme ich ein Päckchen – ein wunderschönes Goldarmband von Cartier. Auf der Karte steht: »Ich werde dich wohl immer lieben … Agatha« – und eingraviert in das Armband: »A. H. für S. L. Auf ewig.« Was sollte ich machen? »Vielen Dank, Agatha, für das wunderschöne Armband, aber ich hab mir’s immer noch nicht anders überlegt: Dieselben Stellen wie meine möchte ich nicht berühren. Liebe Grüße, Sheila Levine.« Ich schickte das Armband zurück. Es kam aber postwendend wieder an mich zurück. Ich trug es, aber es juckte irgendwie.
Wer weiß schon, was es bedeutet, siebenundzwanzig und ein junges Mädchen – eine junge Frau – zu sein und in New York nach einem Mann zu suchen? Nur wer esselbst erlebt hat, kann das nachempfinden. Nur dann weiß man, was Schmerz und Verzweiflung, Enttäuschung und Angst bedeuten. Und wenn man sich ständig fragen muss: »Wann?« … »Sieht so mein Leben aus?«
Ich hasste es. Ich tat, was alle weiblichen Singles taten – mich verabreden. Wenn ich kein Date mit Norman hatte, geriet ich in Panik. Ich musste den Abend irgendwie rumkriegen. Die Firmentelefone laufen heiß … »Hi, was machst du heute Abend?« … »Wollen wir essen gehen und anschließend ins Kino?« … »Möchtest du dir eine Show anschauen?« … »Warum kommst du nicht vorbei?« … Gott bewahre, dass ich allein zu Hause bleiben muss. Gott bewahre, dass eine von ihnen allein zu Hause bleiben muss.
Das sind last minute Verabredungen. Verabredungen, deren Subtext lautet: »Verbring den Abend mit mir, ich will nicht allein sein.« Großer Gott, ich kann sie gar nicht alle zählen, so viel waren es. Das Schlimmste war jedoch, wenn sie in letzter Minute abgesagt wurden, weil eine Freundin sich dann doch noch mit einem Typen verabredete … »Tut mir leid, Sheila, ich schaff das heute Abend nicht. Dieser Typ hat mich eingeladen.« Nicht dass sie besonders scharf auf ihn war. Meistens war das überhaupt nicht der Fall, von wem auch immer die Einladung kam. Doch ein Date mit einem Mann ist grundsätzlich dem mit einer Frau vorzuziehen. Sie musste also sehen, wo sie blieb. Das war eine der Spielregeln … Wir treffen uns heute Abend, falls sich nichts Besseres anbietet.
Und diese schrecklichen Nächte, wenn ich allein und vollkommen deprimiert nach Hause kam, beladen mit Delikatessen aus Horn & Hardart’s Automatencafé. Ich stopfte mich voll damit, während ich am Telefon hing und alle und jeden anrief.
Und dann die Sonntage, wenn man sich durch Schnee und Kälte zu den kulturellen Veranstaltungen durchkämpft, während die Verheirateten gemütlich zu Hause in ihrem Bett liegen. So viel Kultur macht einen richtig anspruchsvoll, so dass man gar nicht mehr in der Lage ist, einen Nicht-New-Yorker zu heiraten.
Wie zum Beispiel dieser junge Mann aus Cleveland. Er wusste nicht, in welches Restaurant man gehen konnte. Und auch nicht, was am Broadway lief. Mit ihm konnte eine so überzüchtete Pflanze wie ich überhaupt nichts anfangen.
Gelegentlich war auch ich diejenige, die zu ihrer Freundin »Tut mir leid« sagte, da mich dieser junge Typ eingeladen hatte – ein X-Beliebiger. Keiner von ihnen hat mir je etwas ganz Besonderes gezeigt oder geschenkt. (Das Geschenk von Agatha Horowitz war das schönste, das ich je bekommen habe.) Sie stimulierten mich nicht, weder im Bett noch außerhalb. Ich hatte ein blind date nach dem anderen. Und keiner war besser als Norman. Ich ertrank in Spülwasser.
Man stürzt sich in die Politik. Klopft als Wahlhelfer an die Türen, damit die Leute den Richtigen wählen, leckt nachts in den demokratischen Parteizentralen die Klebestreifen der Briefumschläge ab, weil die Zunge nichts anderes zu lecken hat. Natürlich ist es für eine gute Sache, aber man tut es nur, weil man nichts anderes zu tun hat.
Und dann die Nächte. Gewöhnlich kam Norman vorbei. Aber das nützte auch nichts. Sie waren gähnend langweilig. Langweiliger Sex mit Norman, dem Langweiler. Sex mit Flecken.
Wir sprachen übers Heiraten. Nein, stimmt nicht. Wenn ich übers Heiraten sprach klang es, als würde meine Mutter mit ihrer Freundin sprechen (der Mutter des kleinen Jungen).
»Norman, das ist doch unsinnig. Wirklich, es macht keinen Sinn. Du schläfst vier Nächte in der Woche hier. Wir sind praktisch verheiratet. Warum nicht gleich
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