Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
verschreiben zu lassen. Ich dachte, zumindest möchte ich auf der Hochzeit schlank sein.
»Oh, Mrs. Levine, wir haben Sie erwartet. Sie scheinen mir nicht der Typ zu sein, der so einfach die Finger davon lässt. Bitte stellen Sie sich auf die Waage … Oh! Mrs. Levine, wir haben etwas zugelegt, nicht wahr?«
Eine Woche vor der Heirat. Meine Kleider müssen geändert werden. Die Braut wird für die Zeitung fotografiert. Ich bete viel. »Bitte lieber Gott …« Und dann passiert tatsächlich was. Richard Hinkles Onkel stirbt plötzlich. Er hatte einen Schlaganfall und starb. Schlimm, aber letzten Endes doch ein Segen, sagten die Leute. War ich schuld an seinem Tod? Ich hatte zu Gott gebetet, er möge die Hochzeit verhindern. Seinen Tod hatte ich aber nicht gewollt. Trotzdem fühlte ich mich schuldig.
»Es wäre nicht nett, groß zu feiern, wo doch Mr. Hinkles einziger Bruder gestorben ist. Nicht nett.« … »Er hätte bestimmt gewollt, dass diese Hochzeit stattfindet.« … »Es wäre aber trotzdem nicht nett.«
Mein Gott! Ich hab keine Schuld. Mein Analytiker sagte auch, es sei nicht meine Schuld.
»Ruf die Leute an und sag ihnen, die Hochzeit sei abgesagt.« … »Onkel Hermann hätte aber gewollt, dass du feierst.«
»Schau her, wir beschränken uns auf eine kleine Feier beim Rabbi. Wir kürzen die Liste – laden nur die nächste Verwandtschaft und die engsten Freunde ein. Du weißt, manche Freunde stehen einem näher als Verwandte.« Die Hinkles haben sich also auf wenige Auserlesene beschränkt. Aber es war nicht einfach, die Leute wieder auszuladen.
Man hatte so etwas noch nie gesehen: Man stelle sich vor, falls man dazu in der Lage ist: dreiundfünfzig Leute beim Rabbi, der nur über ein kleines Büro verfügt, ungefähr 12 Meter auf 12 Meter. Nicht zu fassen. Die Blumen waren nicht gestrichen worden und standen vor allen Wänden des Büros aufgereiht. Und an den Wänden der Flure, die zum Büro führten, drängten sich weitere fünfzig Leute. Das passiert, wenn man zwei jüdischen Frauen sagt, sie sollen nur die nächste Verwandtschaft und die engsten Freunde einladen. Überall Leute, Leute, Leute. Sie hätten diese Scheißhochzeit genauso gut im Gemeindehaus feiern können. Im Büro selbst dreiundfünfzig weitere schwitzende Personen. Es ist mir ein Rätsel, wie sie sich da reinquetschen konnten.
Alle waren schlecht gelaunt, Melissa inklusive, die das Gesicht verzog, als der Rabbi sie aufforderte, den Bräutigam zu küssen. Dieser trat auf meinen Fuß statt auf das Weinglas. Alles ging sehr schnell über die Bühne. Das glückliche Paar, das eine Nacht im Flughafenhotel verbrachte und dann nach Puerto Rico und auf die Virgin Island flog, würde in Queens leben.
»Nett, dass ihr gekommen seid.« … »Sheila, Liebes, du siehst toll aus. Wann wirst du heiraten?« (Verpiss dich!) »Nett, dass ihr gekommen seid.« … »Sheila, ich hab dich nicht erkannt. Du siehst toll aus. Du könntest glatt die Braut sein.« … »Nett, dass ihr gekommen seid.« … »Schau mal an, wer da ist. Unsere Sheila. Glückwünsche, Sheila. Wir können es kaum erwarten, auf deiner Hochzeit zu tanzen.«
Ich weiß nicht, wie ich das Ganze überstanden habe. Ist mir immer noch ein Rätsel. Norman blieb an meiner Seite. Nach der Hochzeit ging ich nicht nach Manhattan zurück. Ich ging auf mein altes Zimmer und heulte … und das war’s dann auch.
ES REICHT
Ist es zu fassen … Das Telefon schrillt.
»Hallo.«
»Hallo, Sheila? [Die Stimme kommt mir bekannt vor, trotzdem weiß ich nicht, wer es ist.] Sheila, ich bin’s, Agatha Horowitz.« (Jetzt weiß ich Bescheid.)
»Wie geht’s dir, Agatha?«
»Gut, gut. Sheila, ich denke die ganze Zeit an dich.«
»Nett von dir.« (Was soll man sonst sagen?)
»Ich fragte mich, ob du dir’s nicht doch anders überlegt hast, was mich betrifft und so?«
»Na ja, um ehrlich zu sein, Agatha, hab ich mir’s nicht anders überlegt. Du bist wirklich ein nettes Mädchen, Agatha, aber ich bin nun mal nicht so gepolt … verstehst du das?«
»Dann werd ich dich auch nicht mehr anrufen. Ich will dich nicht belästigen.«
»Du belästigst mich nicht, Agatha, das ist es nicht.«
»Sheila, da du nichts mit mir zu tun haben willst, werd ich diesen Gary heiraten.« (Sie heiratet? Sie? )
»Das freut mich, Agatha, alles Gute!« (Ich kann nicht mehr. Schau, warum gibst du diesen Gary nicht mir, und du suchst dir ein nettes Mädchen, das dich wirklich zu schätzen weiß,
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