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Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel

Titel: Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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endlich fertiggestellt und im Juni offiziell eingeweiht wurde, der Japanisch-Chinesische Krieg seinen Anfang nahm oder die Dreyfus-Affäre ins Rollen kam. Vor allem kehrte mein Freund Sherlock Holmes im April jenes aufregenden Jahres von den Toten zurück und tauchte unversehens wieder in London und meinem Leben auf, woraufhin ich meine kleine Praxis in Kensington an einen jungen Arzt namens Verner verkaufte und wieder in der Baker Street einzog. Wie ich Jahre später erfuhr, verkaufte ich sie de facto eigentlich an Holmes, der seinem entfernten Verwandten das nötige Kapital zur Verfügung stellte, um mich zu einer Rückkehr in unsere alte Wohnung zu bewegen. Womit bewiesen wäre, dass nicht einmal der große Sherlock Holmes ganz vor menschlichen Empfindungen – wie etwa der Furcht vor der Einsamkeit – gefeit war, nachdem er sich fast drei Jahre als anonymer Wanderer unter verschiedenen Namen und Nationalitäten in der Welt herumgetrieben hatte.
    Das Jahr von Holmes’ Auferstehung brachte direkt einige bemerkenswerte Fälle mit sich, über die ich bereits andernorts berichtet habe. Man denke allein an die Ereignisse um das Hügelgrab von Addleton, die Auflösung des Verschwindens von Mr Cyrus Gold in den Sümpfen nahe Gotham, oder die Episode mit dem leeren Haus. Die Angelegenheit, von der ich im Folgenden berichten möchte, ereignete sich allerdings erst im Dezember, als die Baker Street, in die ich im Mai bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein zurückgekehrt war, von Schnee, Eis und Frost belagert wurde – wie einst Akkon von Saladin und seinen Getreuen.

    „Es wird langsam Zeit.“ Holmes klappte seine Taschenuhr auf und warf einen prüfenden Blick auf das Ziffernblatt. Das goldene Gehäuse schimmerte anmutig im Licht der Laternen, ebenso der Sovereign an der Uhrkette, der seit dem denkwürdigen Fall, den ich als „Ein Skandal in Böhmen“ aufgezeichnet habe, eine besondere Erinnerungsstütze für Holmes war. Die Uhr selbst war das Geschenk eines Uhrmachermeisters aus Zürich, dem Holmes während ihres gemeinsamen Aufenthalts in einem Sanatorium in den Alpen bei einem seltsamen Rätsel auf dem Gelände der renommierten Klinik zur Seite gestanden hatte. „Wir ...“
    Die Welt sollte nie erfahren, was mein Freund gerade sagen wollte, da ein Constable von Scotland Yard genau diesen Augenblick wählte, um sich durch die wartende Menge vor dem kleinen Theater in Steinwurfweite der Kreuzung am Picadilly Circus zu schieben.
    Mit hochrotem Gesicht zwängte sich der junge Beamte durch die Wartenden in ihren schweren Mänteln und Pelzen, bis er uns erreicht hatte. „Mr Holmes!“ Der Atem des Polizisten bildete kleine Wölkchen vor seinem Gesicht, als er keuchend hervorstieß: „Inspektor Lestrade ... schickt ... Mord ... grässlich ... entstellt ...“ Holmes sah den Polizisten interessiert an.
    Ich wusste, was in meinem Begleiter vorging. Da ich früher am Abend schon meine liebe Mühe gehabt hatte, Holmes aus der Baker Street fortzulocken, wo er an seiner Abhandlung über die Dechiffrierung von Codes geschrieben hatte, wusste ich, wie einladend meinem Gefährten die Worte des Boten von Inspektor Lestrade – ausgerechnet Lestrade! – erscheinen mussten. Denn trotz seiner Vergangenheit auf der Bühne würde Holmes’ Obsession für die Verbrechensbekämpfung heute immer über seine Liebe zum Theater obsiegen.
    Ohnehin wirkte Holmes seit seiner Rückkehr noch zögerlicher als früher, wenn es um abendliche Vergnügungen wie das Theater ging – und das, obwohl er in jungen Jahren selbst schon einen passablen Mephisto abgegeben hatte, wie er mir einst erzählt hat.
    „Zeigen Sie uns den Weg“, sagte Holmes dann auch entsprechend begierig und folgte Lestrades Mann bereits durch die Menge, ehe ich auch nur in Gedanken einen Einwand formulieren konnte.
    Ich seufzte. Zu gerne hätte ich die Faust -Aufführung der viel gelobten neuen Truppe aus Oxford gesehen, die am Montag so gute Kritiken im Telegraph und dem sonst so kritischen Standard bekommen hatte. Ich zögerte kurz und blickte ein letztes Mal zu dem gehörnten Unhold empor, der das Plakat über dem Eingang mit seinem Grinsen beherrschte und mit all seiner diabolischen Überredungskunst intellektuelle Zerstreuung versprach.
    Dann verabschiedete ich mich endgültig von meinem Pakt mit dem Teufel und folgte wie der brave Dr. Faustus Sherlock Holmes und seinem Führer in die von Gaslicht und Leben erfüllte Londoner Winternacht.

    Nicht einmal die

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