Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
daß Holmes krank war. Unnötig zu erwähnen, daß ich mir eiligst meinen Mantel anzog und den Hut aufsetzte. Während der Fahrt zur Baker Street bat ich sie, mir Einzelheiten zu erzählen.
    »Da gibt es wenig zu erzählen, Sir. Er hat unten in Rotherhithe, in einer kleinen Gasse nahe am Fluß, an einem Fall gearbeitet. Von dort hat er die Krankheit mitgebracht. Am Mitt-wochnachmittag hat er sich ins Bett gelegt und seither ist er nicht wieder aufgestanden. In diesen drei Tagen hat er weder etwas gegessen noch getrunken.«
    »Guter Gott, warum haben Sie keinen Arzt gerufen?«
    »Er wollte es nicht erlauben, Sir. Sie wissen, welch starken Willen er hat. Ich habe nicht gewagt, ihm zu widersprechen. Aber nun lebt er nicht mehr lange, das werden Sie selbst feststellen, sobald Sie ihn zu Gesicht bekommen.«
    Sein Anblick war wirklich mitleiderregend. In dem trüben Licht des nebligen Novembertages wirkte das Krankenzimmer schon düster und bedrückend genug. Aber das schmale, eingefa llene Gesicht, das mich vom Bett her anblickte, ließ mir das Herz erzittern. Seine Augen glänzten fiebrig, die Wangen waren von hektischer Röte überzogen und die Lippen dunkel verkrustet. Unaufhörlich zuckten die dünnen Hände auf der Bettdecke. Seine Stimme war krächzend und kaum wiederzuerkennen. Als ich ins Zimmer trat, lag er apathisch da, aber mein Kommen brachte ein kleines Lächeln in sein Gesicht.
    »Na, Watson, nun scheinen die bösen Tage zu kommen«, sagte er mit schwacher Stimme, doch etwas von seiner alten, sorglosen Art schwang immer noch in der Stimme mit.
    »Mein lieber Freund!« rief ich und eilte auf ihn zu. »Zurück! Gehen Sie zurück und halten Sie Abstand!« krächzte er in jenem scharfen Befehlston, den ich nur aus kritischen Augenblicken von ihm kannte. »Wenn Sie näher kommen, Watson, muß ich Sie bitten, das Haus zu verlassen.«
    »Aber warum denn?«
    »Weil ich es so wünsche. Genügt das nicht?«
    Ja, Mrs. Hudson hatte recht, er war so herrisch und eigenwillig wie eh und je. Es war allerdings ein Jammer, seinen Zustand der Erschöpfung mitansehen zu müssen.
    »Ich möchte Ihnen doch bloß helfen!« rief ich.
    »Richtig. Sie helfen mir am besten, wenn Sie tun, was ich Ihnen sage. «
    »Aber gewiß, Holmes.«
    Seine Strenge milderte sich ein wenig.
    »Sie sind nicht böse?« fragte er, nach Luft ringend.
    Armer Teufel, wie konnte ich böse auf ihn sein, wenn ich ihn in einem solchen Zustand vor mir liegen sah?
    »Es ist zu Ihrem eigenen Besten, Watson«, krächzte er. »Zu meinem Besten?«
    »Ich weiß, was mit mir los ist. Es ist eine Kuli-Krankheit aus Sumatra. Eine Sache, von der die Holländer mehr wissen als wir, obgleich sie auch nicht viel weiter damit gekommen sind.
    Eines ist jedoch gewiß, die Krankheit ist tödlich, und sie ist schrecklich ansteckend. «
    Er sprach in fiebriger Hektik. Die langen Hände zuckten, als er mich hinwegzuscheuchen suchte.
    »Ansteckend bei Berührung, Watson, das ist es, bei Berührung. Halten Sie sich ein bißchen fern, dann ist alles in Ordnung. «
    »Gott im Himmel, Holmes! Glauben Sie, daß eine solche Überlegung mich auch nur einen Augenblick abhält? Bei einem Fremden habe ich keine Angst vor der Ansteckung. Glauben Sie, daß ich mich abhalten lasse, meine Pflicht einem alten Freund gegenüber zu tun?«
    Wieder ging ich einen Schritt näher, aber er hielt mich mit einem wütenden Blick von sich fern.
    »Wenn Sie dort stehen bleiben, will ich gerne mit Ihnen reden. Wenn nicht, müssen Sie gehen.«
    Ich habe einen solchen Respekt vor den außergewöhnlichen Qualitäten Sherlock Holmes', daß ich mich seinen Wünschen immer gefügt habe, selbst dann, wenn ich sie nicht verstehen konnte. Aber jetzt war mein beruflicher Instinkt erwacht. Sollte er mir auf jedem anderen Gebiet überlegen sein, hier im Krankenzimmer war ich der Arzt.
    »Holmes«, sagte ich, »Sie sind nicht mehr Sie selber. Ein kranker Mann ist wie ein Kind, und so muß man auch mit ihm umgehen. Ob Sie es wollen oder nicht, ich werde Sie jetzt untersuchen und behandeln.«
    Er bedachte mich mit giftigen Blicken.
    »Wenn ich einen Doktor haben muß, ob ich will oder nicht, dann lassen Sie wenigstens einen kommen, dem ich vertrauen kann«, sagte er.
    »Haben Sie kein Vertrauen zu mir?«
    »In Ihre Freundschaft gewiß. Aber Tatsachen sind Tatsachen, Watson. Schließlich sind Sie nur praktischer Arzt und haben beschränkte Erfahrungen und mittelmäßige Qualifikationen.
    Es ist mir peinlich, so etwas zu

Weitere Kostenlose Bücher