Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex
Baker Street herein«, sagte ich, »vielleicht hat Mr. Holmes neue Instruktionen für Sie.«
»Wenn sie nicht mehr wert sind, als die letzten, dann werden sie mir wohl nicht viel nützen«, sagte Amberley mit bösem Knurren. Aber er begleitete mich trotzdem. Ich hatte Holmes inzwischen telegrafisch unsere Ankunft angekündigt. Aber wir fanden eine Botschaft vor, die besagte, daß er in Lewisham sei und uns dort erwartete. Das war eine Überraschung. Aber noch mehr überraschte es mich, daß er nicht alleine im Wohnzimmer unseres Klienten saß.
Ein sehr streng aussehender Herr mit steinernem Gesicht saß an seiner Seite, ein dunkler Mann mit einer graugetönten Sonnenbrille und einem schönen, geschliffe- nen Stein in der Krawatte.
»Das ist mein Freund, Mr. Barker«, sagte Holmes. »Er ist ebenfalls sehr an Ihrem Fall interessiert, Mr. Josiah Amberley, obgleich wir unabhängig voneinander gearbeitet haben. Aber wir haben beide die gleiche Frage an Sie zu richten!«
Mr. Amberley ließ sich schwer nieder. Er spürte, daß Gefahr aufzog. Seine Augen starrten vor sich hin und in seinen Zügen zuckte es.
»Was sollte das für eine Frage sein, Mr. Holmes?«
»Nur dieses eine: Was haben Sie mit den Leichen gemacht?« Der Mann sprang mit einem heiseren Schrei auf. Seine knochigen Hände schienen sich in der Luft festkrallen zu wollen.
Sein Mund stand offen und für einen Augenblick sah er wie ein furchtbarer Raubvogel aus. In diesem Augenblick taten wir einen Blick auf den wirklichen Josiah Amberley, ein mißgestalteter Dämon, der eine Seele hatte, die genau so mißgestaltet war wie sein Körper. Er fiel in seinen Sessel zurück und schlug eine Hand vor das Gesicht, um einen Hustenanfall zu unterdrücken. Holmes sprang ihm wie ein Tiger an den Hals und drückte sein Gesicht gegen den Boden. Eine weiße Pille fiel zwischen den pustenden Lippen heraus.
»Keine Abkürzungen, Josiah Amberley. Die Dinge sollten ordentlich und der Reihe nach ab-gewickelt werden. Was sagen Sie dazu, Barker?«
»Ich habe einen Wagen vor der Tür«, sagte- unser schweigsamer Begleiter.
»Bis zur Polizeistation sind es nur ein paar Minuten. Wir werden alle zusammen hingehen.
Sie können hierbleiben, Watson. Ich bin in der nächsten halben Stunde wieder zurück. «
Der alte Mann war stark wie ein Löwe, aber gegenüber den beiden Männern, die ihr Leben lang mit Verbrechern umgegan-gen waren, war er hilflos. Er wand, drehte und und wehrte sich, als er zu dem wartenden Wagen geführt wurde. Ich blieb alleine zurück und bewachte das Haus, in dem so Schreckliches passiert war. Nach kurzer Zeit war Holmes jedoch zurück, begleitet von einem frischen jungen Inspektor.
»Ich habe es Barker überlassen, für die Formalitäten zu sorgen, Watson. Ich habe Ihnen Ba rker noch nicht vorgestellt, Watson. Er ist mein verhaßter Rivale hier in Surrey. Als Sie sagten, hier triebe sich ein großer, dunkler Mann herum, war es für mich nicht schwierig das Bild zu vollenden. Er hat ein paar Fälle sehr ordentlich hintereinander gebracht, was, Inspektor?«
»Ganz gewiß ist er uns ein paarmal ganz gewaltig in die Parade gefahren«, sagte der Inspektor reserviert.
»Er hat sicherlich ungewöhnliche Methoden. Aber die ungewöhnlichen Leute sind manchmal recht nützlich. Sie mit Ihrem Spruch, daß alles, was er aussagte, gegen ihn verwendet werden könnte, hätten den Kerl niemals in ein Quasigeständnis bluffen können.«
»Das vielleicht nicht, aber wir erzielen auch unsere Ergebnisse, Mr. Holmes. Glauben Sie ja nicht, daß wir uns nicht auch unsere Meinung über diesen Fall gebildet hätten. Auch wir sind in der Lage, eines Tages unsere Vögel zu fangen. Sie müssen schon entschuldigen, daß wir uns ein bißchen verletzt fühlen, wenn Sie in einen Fall hineinspringen mit Methoden, die wir nicht anwenden dürfen und uns damit den Ruhm vor der Nase wegschnappen.«
»Niemand schnappt Ihnen etwas vor der Nase weg, MacKinnon. Ich kann Ihnen versichern, daß ich mich in diesem Augenblick aus dem Fall zurückziehe und Barker hat auch nichts anderes herausgefunden, als was ich ihm gesagt habe.«
Der Inspektor wirkte erleichtert.
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Mr. Holmes. Ihnen bedeutet Lob und Tadel sehr wenig, aber bei uns ist es etwas anderes, wenn die Zeitungsleute anfangen, Fragen zu stellen.«
»Richtig. Aber sie werden auf jeden Fall Fragen stellen und da wäre es gut, die Antwort parat zu haben. Was wollen Sie zum Beispiel sagen, wenn ein
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