Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel
Zwischenzeit hoffe ich, dass Lady Valerie nicht allzu umtriebig ist, sonst werden die Heizkosten in diesem Jahr in London drastisch steigen.“
Holmes reiste nach Selkirk, um dort mehr über Lady Cecilia zu erfahren. Auch Edinburgh kam in Frage, falls er in ihrem Heimatort nicht genug Informationen zusammentragen konnte. Zunächst führte ihn der Weg zum Standesamt, wo er, nachdem Inspektor Lestrade den hiesigen Behörden bestätigte, dass er im Auftrag des Yards ermittelte, Einsicht in die Geburtsurkunden und Stammbäume der ansässigen Familien nehmen durfte. Dabei machte er neben dem Wohnsitz von Lady Cecilias Schwester noch eine weitere interessante Entdeckung. Cecilia Morning war eine geborene MacGregor.
Holmes ließ sich von seiner inneren Eingebung leiten und verfolgte die Ahnenlinie weiter zurück. Tatsächlich tauchte ein Michael MacGregor auf, der vom Geburtsdatum her mit Lady Valeries Geliebtem übereinstimmte. Doch noch interessanter wurde es, als er 1473 schließlich auf eine Valerie MacGregor stieß. Aus rationaler Sicht unwahrscheinlich, dass dieselbe Valerie MacGregor Ende des 17. Jahrhunderts unter dem Namen Valerie Muirhurst von Raymond Grace ermordet wurde. Doch in Anbetracht eines Siegels der Unsterblichkeit relativierte es sich. Und abwegig war der Gedanke nicht, dass sich Lady Valerie in einen Nachkommen ihrer eigenen Familie verliebte. Sie hatte auf ihn wie jemand gewirkt, der sehr intensiv empfand, und solche Menschen verspürten stets ein starkes Band zu ihren Wurzeln und den Menschen, die ihnen nahestanden.
Am nächsten Tag suchte er Susan Baker auf, die einzig lebende Verwandte von Lady Morning.
Mrs Baker war überrascht, ließ Holmes aber ein, nachdem er ihr erklärte, dass er ein Freund des Dukes of Chester und ihrer Schwester sei und zufällig in Selkirk weilte.
„Wie geht es Cecilia? Sie hat sich schon seit einer Weile nicht mehr gemeldet.“
„Sie können sich bestimmt vorstellen, was es heißt, eine Duchess zu sein. Es ist sicher keine böse Absicht, dass sie nur selten schreibt oder Sie besucht.“
Mrs Bakers Lächeln fiel schmal, fast traurig, aus. „Natürlich, Mr Holmes. Aber Cecilia hat sich auch vor ihrer Ehe mit dem Duke of Chester nicht häufiger gemeldet. Sie lebt ein anderes Leben als ich.
Das war schon immer so.“
„Es klingt, als hätten Sie beide kein allzu gutes Verhältnis.“
„Sie schickt uns Geschenke zum Geburtstag und zu Weihnachten.
Das ist alles. Seit sie fortgegangen ist, war sie nicht ein Mal hier. Ich habe manchmal gedacht, dass sie mich vielleicht verachtet für das Hausmütterchen, das ich geworden bin. Sie wollte lieber in die Fußstapfen unser Ahnen treten und für die Freiheit kämpfen. Zumindest sagte sie das.“
Das deckte sich mit der Aussage des Dukes, warum sie als Sanitäterin mit in den Krieg gezogen war.
„Es wunderte mich, als sie schrieb, einen Duke geheiratet zu haben.“
„Sie schrieb? Waren Sie denn nicht auf der Hochzeit?“ Mrs Baker lachte bitter. „Die beiden ließen sich doch noch an der Front trauen. Wussten Sie das nicht? Es gab keine Feier. Offen gestanden habe ich mich oft gefragt, warum sie Charles Morning geheiratet hat. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber an Liebe glaube ich bei Cecilia nicht.“
Hier würde er wohl nicht weiterkommen, stellte Holmes mit Bedauern fest. Zwischen Mrs Baker und Lady Cecilia schien eine noch frostigere Stimmung zu herrschen, als in London. Nun verstand er auch, warum der Duke nicht geglaubt hatte, dass sie wegen des Streits hierher flüchten würde.
Seine Frage nach einer Vorfahrin „Valerie McGregor“ konnte Mrs Baker nicht beantworten. Sie interessierte sich nicht für Stammbäume und verstorbene Angehörige. Schließlich gab Holmes auf, verabschiedete sich höflich und fuhr am selben Tag nach Edinburgh weiter.
„Verdammt!“ Inspektor Lestrade verlor nur selten die Fassung, doch seit dem ersten Toten im Moor, waren inzwischen drei weitere Frostleichen hinzugekommen. Erst dieses Medium und dann zwei seiner Beamten, die Muirhurst unter Beobachtung halten sollten. Keine angenehme Aufgabe, den Frauen dieser beiden Männer die Nachricht von deren Tod zu überbringen.
Außerdem breitete sich die Eisdecke immer weiter aus. Sogar der Tower war inzwischen unter einer dicken Schicht eingeschlossen und Big Ben gab seit zwei Tagen keinen Ton mehr von sich. Zu allem Überfluss war auch noch Holmes verschwunden. Aus Selkirk abgereist. Und Watson wollte ihm nicht sagen
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