Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel
und augenscheinlich tot.
Inspektor Lestrade war eine Dreiviertelstunde später am Tatort. Die Zusammenhänge zum Mord an dem Geisterjäger lagen auf der Hand, doch noch immer tappte man im Dunkeln, was das Wie anging.
Holmes haderte mit sich, wie viel er von den Ereignissen während seines Rausches erzählen sollte. Er hatte Sorge, ob Lestrade ihn angesichts dessen für zurechnungsfähig erachten würde. Auch wenn die unerklärlichen Eiszonen in London seine Aussage untermauern konnten. Dennoch zog er es vor, so wenig wie möglich von Geistern zu sprechen. Solange er keine hieb- und stichfeste Erklärung fand, wollte er die laufenden Ermittlungen des Yards nicht damit beeinflussen.
„Haben Sie eine Ahnung, warum ausgerechnet diese beiden sterben mussten?“, fragte Lestrade.
Holmes zuckte mürrisch die Achseln. „Ich weiß es nicht.“
„Sie wissen, dass man Lady Valerie die Eisprinzessin nennt?“, fragte Inspektor Lestrade vorsichtig.
„Ihren Geist um genau zu sein“, korrigierte Holmes süffisant.
„Charles spricht von kaum etwas anderem. Und Watson ebenfalls.
Unser guter Doktor scheint mit einem Mal sehr bewandert, was Gruselmärchen angeht. Ich hoffe, Charles Morning hat ihn mit diesem Geistervirus nicht infiziert.“
Mit entrüstetem Schnauben drehte sich Watson, der gerade hinzukommen wollte, auf dem Absatz um und ging. Es tat Holmes leid, seinen Freund verletzt zu haben, doch er beabsichtigte nicht, den allgemeinen Geisterwahn zu schüren, auch wenn er selbst inzwischen keine Zweifel mehr daran hegte. Doch die Vorstellung, in Kürze Dutzende von Hobby-Geisterjägern durch Londons Straßen ziehen zu sehen, war inakzeptabel.
„Ich bin überzeugt, es gibt eine logische Erklärung. Auch wenn sie offenbar tief unter dem Nebel des Muirhurst-Moor liegt.“
„Sie müssen aber zugeben, dass die aktuellen Vorkommnisse alles andere als gewöhnlich oder gar logisch erscheinen“, merkte Lestrade an. „Ich fahre jetzt zurück zum Yard. Sobald ich Näheres zu den Obduktionen weiß, gebe ich Ihnen Bescheid, Holmes.“
Als der Detektiv nach Watson suchte, um sich für seine Bemerkung zu entschuldigen, kümmerte sich dieser gerade um Mrs Hudson, die noch immer unter Schock stand. Die Medizin, die er ihr einflößte, roch verdächtig nach schottischem Whisky.
Mit mürrischem Blick folgte Watson wenig später seinem Freund zurück ins Musikzimmer, nachdem Mrs Hudson endlich eingeschlafen war.
„Sie wird einige Tage brauchen, bis sie das verkraftet hat“, erklärte er.
„Es war auch kein schöner Anblick. Und Mrs Hudson ist nicht mehr die Jüngste.“
Die Verstimmung des Doktors war schwer zu übersehen, und es gab wohl nur einen Weg, ihr entgegenzuwirken.
„Es tut mir leid, Watson. Bitte verstehen Sie, dass ich nicht auch noch Öl ins Feuer gießen möchte.“
Nach kurzem Zögern nickte Watson schließlich, und Holmes lächelte ihn entschuldigend an.
„Sie wollten vorhin noch etwas sagen, ehe Mrs Hudson das Medium entdeckte.“
„Ja, es geht um Michael MacGregor. Ich habe versucht, etwas über ihn herauszufinden. Abgesehen davon, dass er aus Schottland stammte, wie ja schon der Name vermuten lässt, findet sich nichts über ihn. Weder seine Herkunft, noch ob es irgendwelche nahen oder entfernten Verwandten oder gar Nachkommen gibt.“ Dieser Umstand stimmte Holmes unzufrieden. Also galt es, sich erst einmal auf die Spuren zu konzentrieren, die sich verfolgen ließen.
„Was halten Sie von dem zweiten Opfer? Glauben Sie, es geht auf Lady Valeries Konto?“
Holmes schüttelte den Kopf. „Sie hat den Geisterjäger nicht getötet, darum glaube ich auch nicht, dass sie das Medium umgebracht hat. Es soll vielleicht nur so aussehen, wenn ich auch noch keine Erklärung habe, warum. Aber ich denke, wir müssen unterscheiden zwischen dem Frost, der sich ausbreitet, und den Toten. Es ist das Siegel, Watson. Nur mit dem Siegel kann man Menschen zu Eis erstarren lassen. Also befindet es sich in unserer Nähe, und jemand weiß es zu nutzen. Die Frage ist – wer.“
„Und wie und wo“, ergänzte Watson.
„Genau. Und all das liegt in der Vergangenheit. Darum werden wir beide jetzt ein wenig Ahnenforschung betreiben. Sie hier in London, ich werde für eine Weile nach Schottland reisen. Vielleicht komme ich dort auch MacGregor auf die Spuren. Behalten Sie Muirhurst Cottage und sein Moor im Auge. Unauffällig wenn es geht, damit wir nicht noch mehr Tote in erstarrtem Zustand vorfinden. In der
Weitere Kostenlose Bücher