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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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frostig am wolkenlosen Himmel, und die Vorüberwandelnden bliesen den Atem in dichten Dampfwolken vor sich. Scharf und laut klangen unsere Tritte, während wir unserem Ziel zustrebten. Nach einer Viertelstunde hatten wir Alpha Inn, eine kleine Wirtschaft in einem Eckhaus in Bloomsbury, erreicht. Wir begaben uns ins Herrenstübchen, wo Holmes bei dem rotbackigen Wirt mit weißer Schürze zwei Glas Bier bestellte.
    »Wenn Ihr Bier so gut ist wie Ihre Gänse, dann muss es ausgezeichnet sein«, sagte er.
    »Meine Gänse?« – Der Mann schien überrascht.
    »Ja. Es ist noch keine halbe Stunde her, dass ich mit Mr Henry Baker gesprochen habe, der zu Ihrem Gänseklub gehört.«
    »Ach ja, jetzt verstehe ich. Aber sehen Sie, die Gänse waren nicht von mir.«
    »Wirklich? Von wem denn?«
    »Nun, ich habe die zwei Dutzend von einem Händler in Covent Garden bezogen.«
    »So? Ich kenne ein paar von ihnen; welcher war es?«
    »Breckinridge heißt er.«
    »Ah, den kenne ich nicht. Nun, auf Ihr Wohl, Wirt, und auf das Gedeihen Ihres Hauses! Gute Nacht!«
    »Jetzt zu Mr Breckinridge«, fuhr er fort, indem er beim Hinaustreten in die kalte Luft seinen Rock zuknöpfte.
    »Vergessen Sie nicht, Watson, dass unser Faden uns von einer höchst harmlosen Gans zu einem Mann führt, dem sieben Jahre Zwangsarbeit sicher sind, sofern wir nicht seine Unschuld nachweisen können. Möglich, dass unsere Nachforschung lediglich seine Schuld zu bestätigen vermag, aber in jedem Fall sind wir im Besitz einer Spur, welche der Polizei entgangen ist und die uns ein eigentümlicher Zufall in die Hand gespielt hat. Wir wollen den Faden verfolgen bis zum bitteren Ende. Auf gen Süden also und frisch voran!«
    Als wir nach längerer Kreuz- und Querwanderung den Covent Garden Markt erreicht hatten, lasen wir an einem der größten Geschäfte den Namen Breckinridge. Der Eigentümer, ein vierschrötig aussehender Mann mit scharfen Zügen und wohlgepflegtem Kotelettenbart, war gerade daran, mithilfe eines jungen Burschen die Läden zu schließen.
    »Guten Abend. Eine kalte Nacht heute!«, sagte Holmes.
    Der Händler nickte und warf einen fragenden Blick auf meinen Begleiter.
    »Alle Ihre Gänse ausverkauft, soviel ich sehe«, fuhr Holmes fort, indem er auf die leeren Marmortisch deutete.
    »Können morgen früh 500 Stück haben.«
    »Das hilft mir nichts.«
    »Nun, dort gibt’s ja noch welche, in dem Laden mit der Gaslaterne.«
    »Ganz recht, aber ich bin an Sie empfohlen.«
    »Von wem?«
    »Vom Wirt zum ›Alpha‹.«
    »Ah ja, dem habe ich ein paar Dutzend geschickt.«
    »Es waren sehr schöne Tiere. Ei, wo hatten Sie die her?«
    Zu meiner Überraschung rief diese Frage bei dem Händler einen Zornesausbruch hervor.
    »Nun, Herr«, sagte er, indem er den Kopf zurückwarf und die Arme in die Seite stemmte, »worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Sprechen Sie sich deutlich aus, ohne Umschweife.«
    »Das ist doch deutlich genug. Ich möchte gerne wissen, wer Ihnen die Gänse verkauft hat, die Sie an das ›Alpha‹ geliefert haben?«
    »Nun, und ich sage es Ihnen nicht. Jetzt wissen Sie’s!«
    »Oh, es liegt nicht so viel daran, aber ich begreife gar nicht, warum Sie über eine solche Bagatelle so hitzig werden.«
    »Hitzig? Sie würden wohl auch hitzig werden, wenn man Sie so kujonierte wie mich. Wenn ich gutes Geld für gute Ware gezahlt habe, so sollte das Geschäft abgemacht sein; aber nein, da geht’s los: ›Wo sind die Gänse‹, ›An wen haben Sie die Gänse verkauft‹, ›Was wollen Sie für die Gänse‹. Man könnte gerade glauben, es gäbe sonst keine Gänse auf der Welt, wenn man die Randale hört, die man darüber anschlägt.«
    »Nun, wenn sonst noch Leute sich nach den Gänsen erkundigt haben, so habe ich mit denen nichts zu tun«, versetzte Holmes leichthin. »Wenn Sie’s uns nicht sagen wollen, so ist’s eben einfach nichts mit der Wette; aber wenn sich’s um Geflügel handelt, bin ich jederzeit bereit, für das, was ich behaupte, auch etwas daranzusetzen; so habe ich fünf Schilling gewettet, dass die Gans, die ich an Weihnachten verzehrt habe, vom Land stammte.«
    »Nun, dann haben Sie Ihre fünf Schilling verloren, denn es war Stadtware«, fuhr der Händler dazwischen.
    »Ach – niemals.«
    »Ich sag aber, es ist so.«
    »Und ich glaub’s nicht.«
    »Wollen Sie mehr vom Geflügel verstehen als ich, der ich immer damit zu tun gehabt habe, seit ich krabbeln kann? Ich sage Ihnen, alle diese Gänse, die nach dem ›Alpha‹ gekommen

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