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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Lachen erstarb auf seinen Lippen, und ganz überrascht starrte er mich an.
    ›Ja, das ist freilich wahr‹, sagte er. ›Du weißt, Victor, als wir das Wilddiebsnest ausnahmen, schworen sie uns den Tod, und auf Sir Edward Hoby ist tatsächlich ein Mordversuch gemacht worden. Seitdem bin ich immer auf der Hut gewesen, habe aber keine Ahnung, wie Sie das wissen können.‹
    ›Sie haben einen sehr schönen Stock‹, antwortete ich. ›Aus der Aufschrift habe ich ersehen, dass Sie ihn erst ein Jahr besitzen. Sie haben aber seinen Knopf mit viel Mühe ausgebohrt und mit geschmolzenem Blei ausgegossen, sodass er nun eine furchtbare Waffe ist. Ich schloss, dass Sie solche Vorsichtsmaßregeln nicht treffen würden, wenn Sie nicht eine Gefahr voraussähen.‹
    ›Sonst noch was?‹, fragte er lächelnd.
    ›Sie sind in Ihrer Jugend ein großer Boxer gewesen.‹
    ›Wieder richtig. Woher wussten Sie das? Hat etwa meine Nase durch einen Stoß ihre gerade Richtung verloren?‹
    ›Nein, die Ohren sind es. Sie zeigen die dem richtigen Boxer eigene Abflachung und Verdickung.‹
    ›Sonst noch was?‹
    ›Sie haben viel gegraben – wegen Ihrer Schwielen.‹
    ›Habe mein ganzes Geld in den Goldgruben verdient.‹
    ›Sie sind in Neuseeland gewesen.‹
    ›Wieder richtig.‹
    ›Sie haben Japan besucht.‹
    ›Ganz recht.‹
    ›Und Sie standen in intimsten Beziehungen zu einem, dessen Anfangsbuchstaben J. A. waren und den Sie später ganz aus Ihrem Gedächtnis zu tilgen suchten.‹
    Bei diesen Worten richtete sich Mr Trevor langsam auf, heftete seine großen blauen Augen mit einem eigentümlichen, wilden und starren Ausdruck auf mich und sank dann bewusstlos nieder, mit dem Gesicht zwischen die auf dem Tischtuch liegenden Nussschalen.
    Sie können sich denken, Watson, wie erschrocken wir beide, sein Sohn und ich, waren. Doch ging der Anfall bald vorüber, denn als wir seinen Kragen aufknöpften und ihm Wasser übers Gesicht spritzten, seufzte er ein- oder zweimal tief auf und richtete sich in die Höhe.
    ›Ach‹, sagte er mit erzwungenem Lächeln, ›hoffentlich hab ich euch beide nicht erschreckt. So stark ich aussehe, das Herz ist ein wunder Punkt bei mir, und es gehört nicht viel dazu, mich umzuwerfen. Ich weiß nicht, wie Sie das fertig bringen, Mr Holmes, aber mir scheint’s, alle Detektive im Leben wie in Erzählungen sind Waisenknaben gegen Sie. Das ist Ihr eigentlicher Beruf, glauben Sie einem Mann, der etwas von der Welt gesehen hat!‹
    Und dieser Hinweis zusammen mit der übertriebenen Wertschätzung meiner Geschicklichkeit, brachte mich, Sie können mir’s glauben, Watson, zuallererst auf den Gedanken, es könnte vielleicht mein Lebenslauf werden, was bis dahin eitel Spielerei gewesen war. In jenem Augenblick war ich freilich noch zu sehr über das plötzliche Unwohlsein meines Wirtes betroffen, um irgendwelchen anderen Gedanken Raum zu geben.
    ›Ich hoffe, meine Worte haben Ihnen keinen Schmerz bereitet‹, sagte ich.
    ›Nun, jedenfalls haben Sie einen etwas empfindlichen Punkt berührt. Wollen Sie mir sagen, wie Sie zu der Kenntnis gekommen sind und wie weit Ihre Kenntnis reicht?‹ Er sprach jetzt in halb scherzhaftem Ton, aber ich sah im Hintergrund seiner Augen noch immer die Spur des Schreckens.
    ›Es ist das Einfachste von der Welt‹, sagte ich. ›Als Sie damals Ihren Arm entblößten, um den Fisch ins Boot zu holen, sah ich an Ihrem inneren Ellenbogen »J. A.« eintätowiert. Die Buchstaben waren noch lesbar, aber ihr verschwommenes Aussehen und der fleckige Zustand der Haut ringsum ließen klar erkennen, dass man versucht hatte, sie auszutilgen. Daraus ergab sich ohne Weiteres der Schluss, dass Ihnen die Buchstaben einmal sehr teuer gewesen waren und dass Sie sie dann zu vergessen wünschten.‹
    ›Was für ein Auge Sie haben‹, rief er mit einem Seufzer der Erleichterung. ›Sie haben genau das Richtige getroffen. Aber wir wollen das ruhen lassen! Von allen Erinnerungen ist die an eine tote Liebe am übelsten. Kommt ins Billardzimmer und lasst uns da gemütlich eine Zigarre rauchen!‹
    Von dem Tag an lag in Mr Trevors Benehmen gegen mich bei aller Herzlichkeit stets ein gewisser Argwohn. Sogar seinem Sohn konnte das nicht entgehen.
    ›Du hast meinem Vater mitgespielt‹, sagte er, ›dass er immer im Zweifel sein wird, was du weißt und was du nicht weißt.‹ Ich glaube sicher, er wollte es nicht zeigen, aber dieses Gefühl war so mächtig in ihm, dass es in allem, was er tat, hervortrat.

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