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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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ein Schritt der Verzweiflung, weil sonst jede Verdachtsspur fehlte und doch etwas geschehen sollte. Es konnte nichts gegen ihn vorgebracht werden. Er hatte in Hammersmith an jenem Abend Freunde besucht. Sein Alibi war nicht anzuzweifeln. Er war zwar so frühzeitig dort aufgebrochen, dass er eher in Westminster hätte eintreffen können, als das Verbrechen entdeckt war, aber seine eigene Erklärung, dass er einen Teil des Weges zu Fuß zurückgelegt habe, erschien schon in Anbetracht des prächtigen Wetters in jener Nacht ziemlich glaubwürdig. Er war tatsächlich denn auch erst um zwölf Uhr heimgekehrt und durch das unvorhergesehene Unglück ganz erschüttert. Er hatte sich mit seinem Herrn stets sehr gut gestanden. Verschiedene Kleinigkeiten, die in den Koffern des Dieners gefunden wurden – besonders ein Besteck mit Rasiermessern – stellten sich nach seiner eigenen und der Haushälterin Aussagen als Geschenke des Ermordeten heraus. Mitton hatte drei Jahre in den Diensten von Mr Lucas gestanden. Auf Reisen hatte Mitton seinen Herrn nicht begleitet. Während verschiedener monatelanger Reisen, die Lucas nach Paris gemacht hatte, war Mitton mit der Aufsicht über die Wohnung in der Godolphin Street betraut worden. Die Wirtschafterin hatte in der Nacht nichts von dem Verbrechen gehört. Wenn ihr Herr Besuch gehabt habe, müsse er ihn selbst eingelassen haben.
    Soweit ich aus den Zeitungen ersehen konnte, machten die polizeilichen Nachforschungen tagelang keine Fortschritte. Wenn Holmes mehr wusste, behielt er’s für sich. Als er mir mitteilte, dass ihn Inspektor Lestrade zurate gezogen hätte, wusste ich, dass er in enger Fühlung mit der Polizei stände und von jeder weiteren Entwicklung der Sache unterrichtet werden würde. Am vierten Tag kam ein längeres Telegramm aus Paris, welches die ganze Frage zu lösen schien:
    »Die Pariser Polizei hat soeben eine Entdeckung gemacht«,
    hieß es im »Daily Telegraph«, »welche den Schleier lüftet, der über dem tragischen Geschick des Mr Eduardo Lucas lag, der in der letzten Montagnacht in der Godolphin Street in Westminster einen gewaltsamen Tod gefunden hat. Unsere Leser werden sich erinnern, dass dieser Herr in seinem Zimmer erdolcht aufgefunden wurde. Die Verhaftung seines Dieners, auf den sich der Verdacht gelenkt hatte, musste aufgrund seines Alibis wieder aufgehoben werden. Gestern wurde nun eine Dame, die als Mrs Henri Fournaye bekannt ist und eine kleine Villa in der Austerlitz Street in Paris bewohnt, den Behörden als geistesgestört gemeldet. Die Untersuchung ergab, dass sie wirklich an gefährlichen und anhaltenden Wahnvorstellungen litt. Die Polizei hat festgestellt, dass diese Mrs Henri Fournaye vergangenen Dienstag von einer Reise aus London zurückgekehrt ist und offenbar zu dem Verbrechen in Westminster in Beziehung steht. Aus einem Vergleich der Fotografien geht bestimmt hervor, dass Mr Henri Fournaye und Eduardo Lucas in Wirklichkeit ein- und dieselbe Person sind, und dass der Verstorbene aus irgendwelchen Gründen in Paris und in London einen anderen Namen geführt hat. Mrs Fournaye, eine Kreolin von Geburt, ist eine äußerst reizbare Natur und hat schon lange Eifersuchtsanfälle gehabt, die sich nun zum Wahnsinn gesteigert haben. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass sie in diesem Zustand das schreckliche Verbrechen beging, das in London so furchtbares Aufsehen erregt hat. Ihrem Aufenthalt in der Montagnacht ist noch nicht nachgespürt worden, aber es ist nicht zu bezweifeln, dass die Beschreibung eines Weibes auf sie passt, das durch sein wildes Aussehen und seine fürchterlichen Gebärden am Dienstagmorgen auf der Station Charing Cross die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Wahrscheinlich hat sie also den Mord im Wahnsinn begangen, oder die Geistesstörung ist die unmittelbare Folge ihrer Tat. Gegenwärtig ist sie nicht imstande, einen zusammenhängenden Bericht über ihre letzte Vergangenheit zu geben, und die Ärzte hegen keine große Hoffnung, dass sie geheilt werden wird. Zeugen bekunden, dass sich in der Montagnacht ein Weib mehrere Stunden vor dem Haus von Mr Lucas in der Godolphin Street aufgehalten habe, welches sehr gut diese Mrs Fournaye gewesen sein könne.«
    »Was sagen Sie dazu, Holmes?« Ich hatte ihm den Artikel laut vorgelesen, während er frühstückte.
    »Lieber Watson«, erwiderte er, als er vom Tisch aufstand und im Zimmer auf- und abschritt, »Sie sind ein sehr langmütiger Mensch, aber wenn ich Ihnen in den

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