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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Treppe, dann das Öffnen und Schließen der Zimmertür. Zu meiner Überraschung folgte eine lange dauernde Stille, die nur von den schweren, röchelnden, unregelmäßigen Atemzügen des Kranken unterbrochen wurde. Ich stellte mir vor, dass Mr Smith neben dem Bett stand und den kranken Dulder betrachtete. Endlich wurde diese unheimliche Stille unterbrochen.
    »Holmes!«, rief er. »Holmes!«
    Der Kranke rührte sich offenbar nicht.
    »Hallo, können Sie mich hören, Holmes?«, rief er von Neuem, in dem scharfen Ton jemandes, der einen Schlafenden aufwecken will. Zugleich vernahm ich ein Geräusch, als schüttele er den Kranken heftig an der Schulter.
    »Sind Sie das, Mr Smith?«, flüsterte Holmes. »Ich durfte ja kaum hoffen, dass Sie zu mir kämen.«
    Der andere lachte.
    »Allerdings! Und dennoch, wie Sie sehen, bin ich sofort gekommen. Feurige Kohlen, Holmes – feurige Kohlen!«
    »Es ist sehr gütig von Ihnen – das ist edel gehandelt. Ich schätze Ihre besonderen Kenntnisse von gewissen Krankheiten.«
    Mr Smith lachte wieder.
    »Ja, das tun Sie. Zum Glück sind Sie der einzige in London, der das tut. Wissen Sie, was Ihnen fehlt?«
    »Dasselbe«, antwortete Holmes.
    »Aha, Sie erkennen die Symptome wieder?«
    »Nur zu gut!«
    »Tja, Holmes, es überraschte mich nicht, wenn es wirklich ›dasselbe‹ wäre. Es steht schlimm mit Ihnen, wenn es wirklich so ist. Der arme Victor war binnen vier Tagen tot – ein kräftiger, gesunder junger Mensch. Wie Sie ganz richtig damals sagten, war es auffallend, dass er sich eine so entlegene ostasiatische Krankheit im Herzen Londons zuzog. Ausgerechnet die Krankheit, deren Erforschung mich so lange beschäftigte. Das ist ein merkwürdiger Zufall, Holmes. Es war in der Tat meisterhaft von Ihnen, dass Sie darauf kamen, aber sehr unfreundlich, dass Sie da von Ursache und Wirkung sprachen.«
    »Ich weiß, dass Sie es getan haben!«
    »Oh, Sie wissen es, so? Aber beweisen konnten Sie es doch nicht. Was halten Sie eigentlich von sich selbst, wenn Sie erst solche Gerüchte ausstreuen und dann bei mir um Hilfe winseln, sobald Sie in Not sind? Was ist das für ein Spiel, he?«
    Ich hörte das stoßweise Röcheln und Luftholen des Kranken. »Das Wasser«, bat er.
    »Sie sind Ihrem Ende schon recht nahe, Holmes, aber ich möchte nicht, dass Sie sterben, ehe ich nicht noch ein Wort mit Ihnen gesprochen habe. Deshalb gebe ich Ihnen das Wasser. Da, verschütten Sie es nicht. So ist’s recht! Können Sie verstehen, was ich sage?«
    Holmes stöhnte.
    »Tun Sie für mich, was Sie können. Lassen Sie Vergangenes vergangen sein«, flüsterte er fast tonlos. »Ich will mich an nichts mehr erinnern – ich schwöre es. Machen Sie mich gesund, und ich will’s vergessen.«
    »Was vergessen?«
    »Victor Savages Tod meine ich. Sie haben eben so gut wie eingestanden, dass Sie es getan haben. Ich will’s vergessen.«
    »Sie mögen es vergessen oder nicht, ganz wie es Ihnen beliebt. Sie sehe ich nicht mehr auf der Zeugenbank! Kein Gericht, außer dem Nachlassgericht, wird sich mehr mit Ihnen beschäftigen, das versichere ich Ihnen. Es ist mir ganz gleichgültig, ob Sie wissen, wie mein Neffe starb. Auch bin ich nicht hergekommen, um über ihn zu reden, sondern über Sie.«
    »Ja, ja.«
    »Der Mensch, den Sie zu mir um Hilfe schickten – wie heißt er doch? – sagte, Sie hätten sich die Infektion in den Docks bei den chinesischen Seeleuten geholt.«
    »Ich wüsste keine andere Möglichkeit.«
    »Sie sind so stolz auf Ihren überlegenen Verstand, Holmes. Sie halten sich für so klug, nicht wahr? Aber diesmal sind Sie an einen Klügeren geraten. Jetzt denken Sie einmal nach, Holmes. Können Sie sich keine andere Möglichkeit denken, wie Sie zu der Krankheit kommen konnten?«
    »Ich kann nicht nachdenken. Mein Kopf ist so müde. Um Himmels willen, helfen Sie mir!«
    »Ja, ich will Ihnen helfen. Nämlich zu verstehen, weshalb Sie krank sind. Das sollen Sie noch erfahren, ehe Sie sterben.«
    »Geben Sie mir etwas, um diese Schmerzen zu mildern!«
    »Schmerzen haben Sie? Stimmt! Die Kulis fingen auch allemal an zu wimmern, wenn es gegen das Ende ging. Es ist so ein Krampf da drinnen in der Brust, nicht?«
    »Ja, ja, wie ein Krampf. Oh!«
    »Also passen Sie auf! Können Sie sich nicht ein ungewöhnliches Vorkommnis denken, vor drei Tagen etwa, kurz bevor Sie krank wurden?«
    »Nein, nein, nichts.«
    »Denken Sie gut nach!«
    »Ich bin zu krank zum Denken.«
    »Nun, so will ich Ihnen helfen. Kam da nicht

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