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Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier

Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier

Titel: Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Dachzimmer steht sie nun. Er schätzt den Wert der Juwelen auf nicht weniger als eine halbe Million Pfund Sterling.«
    Bei der Erwähnung dieser gigantischen Summe starrten wir einander überrascht an. Miß Morstan würde, wenn wir ihre Rechte sichern konnten, von einer armen Erzieherin zur reichsten Erbin in England aufsteigen. Gewiß sollte man von einem redlichen Freund erwarten, daß er bei solcher guten Nachricht sich mitfreut, doch ich muß zu meiner Schande gestehen, daß statt dessen mich der Egoismus ergriff und mir das Herz schwer wurde. Ich brachte nur mühsam ein paar stammelnde Worte hervor, mit denen ich ihr zu diesem Glück gratulierte, und saß dann niedergeschlagen, mit hängendem Kopf, und taub für
    dasGeplauder unseres neuen Freundes, der munter auf mich einredete. Er war ganz entschieden ein Hypochonder, doch bekam ich nur wie im Traum halbbewußt mit, daß er mir eine nicht endenwollende Symptomgeschichte erzählte und mich um Auskunft bat, was die Zusammensetzung und Wirkung von
    unzähligen quacksalberischen Mitteln betraf, von welchen er einige in einem Lederetui bei sich hatte. Ich hoffe, daß er sich an meine Antworten, die ich ihm an jenem Abend gab, nicht mehr erinnert. Holmes behauptet, er habe zufällig gehört, wie ich ihn gewarnt hätte, mehr als zwei Tropfen Rizinusöl zu nehmen, während ich ihm gleichzeitig Strychnin in großen Dosen als Beruhigungsmittel empfahl. Was ich nun auch immer gesagt haben mag, ich war ganz gewiß erleichtert, als unsere Droschke mit einem Ruck anhielt und der Kutscher heruntersprang, um die Tür zu öffnen.
    »Dies, Miß Morstan, ist Pondicherry Lodge«, sagte Mr. Thaddeus Sholto, als er ihr hinaushalf.

5. KAPITEL
    Die Tragödie von Pondicherry Lodge
    Es war beinahe elf Uhr, als wir diesen letzten Schauplatz unseres nächtlichen Abenteuers erreichten. Wir hatten den feuchten Nebel der großen Stadt hinter uns gelassen. Es war eine ziemlich klare Nacht. Ein warmer Wind wehte von Westen. Schwere Wolken zogen langsam über den Himmel, und gelegentlich
    guckte ein Halbmond durch die Wolkenritzen. Es war hell genug, aber Thaddeus Sholto nahm vom
    Wagen die Seitenlampen herunter, um uns den Weg auszuleuchten.
    Pondicherry Lodge stand auf eigenem Grund. Eine sehr hohe Steinmauer mit Glasscherben oben darauf sicherte das Grundstück. Eine schmale eisenbeschlagene Tür war die einzige Möglichkeit einzutreten. An diese klopfte unser Führer mit einem eigenartigen briefträgermäßigen Rattatat.
    »Wer ist da?« rief von innen eine schroffe Stimme.
    »Ich bin's, McMurdo. Du erkennst doch wohl diesmal mein Klopfen.«
    Man hörte jemand leise vor sich hinschimpfen, dann das Klirren von Schlüsseln und das Quietschen eines Schlosses, als der Schlüssel umgedreht wurde. Schwer schwang die Tür auf, und ein kleiner Mann mit gewaltigem Brustumfang stand in der Öffnung. Das gelbe Laternenlicht fiel auf sein uns zugewandtes Gesicht mit den zwinkernden, mißtrauischen Augen.
    »Sind Sie's, Mr. Thaddeus? Aber wer sind die anderen? Ich habe vom Herrn keine Anweisung
    ihretwegen.«
    »Keine, McMurdo? Das überrascht mich! Ich sagte gestern abend meinem Bruder, daß ich ein paar
    Freunde mitbringen würde.«
    »Er ist heute noch nicht aus seinem Zimmer herausgekommen, Mr. Thaddeus, und ich habe keine
    Anweisung. Sie wissen sehr gut, daß ich mich an die Vorschriften halten muß. Ich kann Sie einlassen, aber Ihre Freunde bleiben draußen.«
    Dies war ein unerwartetes Hindernis. Thaddeus Sholto schaute verblüfft und hilflos um sich.
    »Das ist aber ganz schlecht von dir, McMurdo!« sagte er schließlich. »Wenn ich mich für sie verbürge, langt das doch für dich. Da ist außerdem die junge Dame. Man kann sie um diese Stunde nicht auf der Straße warten lassen.«
    »Bedaure sehr, Mr. Thaddeus«, sagte der Pförtner unerbittlich. »Die Leute können Freunde von Ihnen sein, und doch nicht Freunde des Herrn. Er zahlt mir ein gutes Gehalt, damit ich meine Pflicht tue, und meine Pflicht werde ich erfüllen. Ich kenne keinen Ihrer Freunde.«
    »Oh doch, McMurdo«, rief freundlich Sherlock Holmes. »Ich kann mir nicht denken, daß du mich
    vergessen hast. Erinnerst du dich gar nicht mehr an den Amateurboxer, der vor vier Jahren in Alisons Sälen mit dir drei Runden geboxt hat?«
    »Doch nicht etwa Mr. Sherlock Holmes!« brüllte der Preisboxer. »Wie kommt's, daß ich Sie nicht erkannt habe? Wenn Sie nur, statt da so still herumzustehen, gerade auf mich zugegangenwären, um mir

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