Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
Vom Netzwerk:
Vorfall offensichtlich mental ebenso wenig vorbereitet gewesen wie ich. Er starrte Holmes völlig entgeistert an und rieb sich seinen schmerzenden Hinterkopf. Glücklicherweis floss kein Blut. Aber eine hübsche Beule würde es auf jeden Fall geben. Der Fenstergriff hatte keinen Schaden genommen.
    Im nächsten Moment klopfte es. Die Tür ging auf. Ich kniff die Augen zusammen und hielt den Atem an. Der Wachmann Schulze würde mir gleich mit brutaler Härte seinen Schlagstock kreuz und quer über den Schädel ziehen. Aber nichts dergleichen geschah. Ich blinzelte und erkannte Hartmann Belzig, seines Zeichens Kriminalinspektor. Wir hatten ihn bei unserem Leipziger Abenteuer vor drei Jahren kennengelernt.
    Unser alter Freund rief: »Holmes und Dr. Watson, welche Freude! Der Polizeioffiziant in der Registratur verriet mir eben, dass Sie unsere Gäste sind. Da wollte ich die günstige Gelegenheit nützen, um Ihnen schnell Guten Tag zu sagen. Allerdings bin ich gerade in großer Eile.«
    »Was, Sie kennen diese beiden Personen?«, fragte der Kriminalkommissar verblüfft.
    »Aber freilich, Euer Hochwohlgeboren. Sie werden sich erinnern. Vor ein paar Jahren haben Sherlock Holmes, seines Zeichens beratender Detektiv von Scotland Yard, sowie sein Intimus, Doktor John. H. Watson, hier in unserer Stadt den Fall der entführten Schauspielerin Lotte Land aufgeklärt. Ich durfte ihnen dabei Schützenhilfe leisten. Gemeinsam konnten wir das Leben der jungen englischen Dame retten, wodurch unangenehme internationale Verwicklungen vermieden wurden. [ 1 ] So, meine Herren, nun muss ich mich aber vom Acker machen. Die Pflicht ruft, Sie werden verstehen. Sind Sie wieder im
Norddeutschen Hof
abgestiegen? Wenn es genehm ist, würde ich gerne heute bei Ihnen auf ein gepflegtes Glas Bier vorbeikommen. Wäre es Ihnen gegen sieben Uhr am Abend recht?«
    Ich war noch immer starr wie eine Salzsäule. Aber Holmes antwortete in völlig entspannter Tonlage: »Es wird uns eine große Ehre sein, lieber Herr Belzig. Betrachten Sie sich bitte als eingeladen. Es gibt viel Neues zu berichten.«
    Der Inspektor salutierte lächelnd und wischte wieder zur Tür hinaus. Von Tesching-Brodwin glotzte uns mit großen Augen an, in denen noch immer die Tränen des Schmerzes schimmerten.
    Holmes sagte zu ihm: »Vorhin haben Sie eine beinah bühnenreife Vorstellung geliefert, Herr Erster Kriminalkommissar. Aber beim nächsten Mal müssen Sie die Akte in Ihrer Hand auch tatsächlich lesen und nicht nur so tun als ob. Ihre Pupillen haben sich kaum bewegt, sondern meistens nur gelangweilt ins Leere gestarrt. Dieser kleine Lapsus hat mir Ihre wahren Absichten verraten: Sie wollten uns ins Bockshorn jagen und am Ende den großen Gönner spielen, der noch einmal Gnade vor Recht ergehen lässt.
Si non caste, tamen caute
[ 2 ] . Ihre Polizei hat uns gestern völlig grundlos festgenommen. Und nun wollen Sie sich gekonnt aus der Affäre ziehen, weil Sie Angst vor diplomatischen Verwicklungen haben. Aber wir sind quasi Kollegen und mit allen Wassern gewaschen. Da verfängt ein solcher Trick nicht mehr.«
    »Sachte, ganz sachte. Nun wollen wir mal nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Sie haben keinen Grund, sich auf das hohe Ross zu setzen. Bis heute Morgen standen Sie nämlich unter dringendem Mordverdacht. Der richterliche Haftbefehl sollte alsbald beantragt werden. Ihre Überstellung ins Gefängnis wäre die unausweichliche Konsequenz gewesen. Und dort im Loch hätte Ihnen selbst der Herr Botschafter höchstpersönlich nicht mehr helfen können.«
    »Ach ja? Und wen, bitteschön, sollen wir ins Jenseits befördert haben?«
    »Die Gräfin Boreska, Gott sei ihrer armen Seele gnädig.«
    »Wer, um alles in der Welt, ist das denn schon wieder? Uns hat sich keinerlei Gelegenheit geboten, dass wir uns in die besseren gesellschaftlichen Kreise der Stadt hätten einführenkönnen. Wir sind gleich nach unserer Ankunft in Leipzig in einen von uns unverschuldeten, riesigen Schlamassel geraten, der mit unserer irrtümlichen Verhaftung endete.«
    »Die Gräfin Boreska war jene Dame, die gestern auf dem Hauptbahnhof erschossen wurde. Sie beide, meine Herren, haben sich am Tatort befunden. Sie waren bewaffnet. Bei Ihnen wurde ein Revolver konfisziert. In einer seiner Kammern befand sich eine leere Hülse. Die Waffe war vor Kurzem abgefeuert worden. Ich habe es selbst kontrolliert. Der Lauf roch noch nach frisch verbranntem Schießpulver.«
    »Unsinn! Wir können nicht die Täter

Weitere Kostenlose Bücher