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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
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ließ er sich den Schlagstock zurückgeben. Er schien sich unschlüssig darüber zu sein, ob er ihn zurück in die Schlaufe an seinem Gürtel stecken oder nun seinerseits kräftig damit zuschlagen sollte.
    Der Baron nahm ihm die Entscheidung ab. Er belferte: »Nehmen Sie gefälligst Haltung an, Mann! Wir sind hier nicht auf dem Rummelplatz.«
    Schulz salutierte folgsam. An seinen Augen erkannte ich gleichwohl, dass wir einen neuen Feind gewonnen hatten. Doch darauf kam es nicht an. Der Wachtmeister war ein durch und durch verderbter Mensch, der Spaß daran hatte, andere Leute zu drangsalieren. Unser Freund wäre er niemals geworden.
    Das Restaurant
Auerbachs Keller
lag gleich auf der anderen Straßenseite. Von einer Fußgängerpassage aus ging es über eine gebogene Treppe in den Keller hinab. Wir wurden mit der größten Zuvorkommenheit behandelt. Der Oberkellner sprachden Baron mit Namen an, verbeugte sich und geleitete uns persönlich in ein tonnenförmiges Gewölbe. Dieses Separee hatte holzgetäfelte Wände. Darüber leuchteten Fresken und historische Malereien in bunten Farben. Die mit Schnitzereien versehenen Tische wirkten edel, waren aber relativ klein. Für uns drei Personen reichte der Platz gerade noch so aus. Mehrere Bedienstete sorgten sich gleichzeitig um uns. Für jeden waren gleich zwei Kellner zuständig: der eine für die Speisen und der andere für die Getränke. Die schwarz befrackten Burschen eilten wieselflink hin und her. Von unserem Tisch aus hatten wir freien Blick auf ein mit der Jahreszahl 1525 datiertes Ölgemälde. Es zeigte, wie Doktor Faustus auf einem ovalen Weinfass zur Tür hinausritt. An der Stirnseite des Raums stand ein ähnliches Fass auf einem Gestell. Ich bezweifelte freilich, dass es sich um das Original von damals handelte.
    Holmes und ich ließen uns vom Oberkellner ein leichtes, deutsches Frühstück empfehlen. Es bestand aus Rebhühnerbrüsten an Trüffelfarce, Hummerpastete, Timbale [ 6 ] von Krebsen, Lammkoteletts mit Rührei sowie Rehschnitzel auf Krammetsvögel-Püree. Dazu wurden drei Sorten Brot und schmalzgebackene Kartoffeln gereicht. Zum Nachtisch gab es Eclairs mit Kaffee-Creme. Der Kriminalkommissar begnügte sich mit einer Portion Spiegeleiern auf Toast. Wir plauderten über dieses und jenes. In meinem Magen machte sich ein wohliges Gefühl breit. Der ursprüngliche Groll, den wir gegeneinander gehegt hatten, rückte in immer weitere Ferne.
    Schließlich meinte Holmes, als wir bei Kaffee und Cognac angelangt waren: »Mein sehr verehrter Herr Baron, Sie sollten sich eine Wohnung mit Garten suchen. Gerade in Leipzig mit den großzügigen Grünanlagen mitten im Stadtgebiet müsste etwas Passendes doch sehr leicht zu finden sein.«
    Dem Kriminalkommissar fiel vor Verblüffung fast die Zigarreaus dem Mund. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen. Aber in der Tat. Ich bewohne ein sehr schönes Domizil, welches zwar zentral gelegen ist, dem es jedoch an einem Garten ermangelt.«
    »Ihre junge Katze ist nicht ausgelastet. Sie treibt Schabernack. Das Tier benötigt Auslauf und Bäume, auf die es klettern kann. Trotz ihres Namens sollten Hauskatzen nicht in Häusern leben.«
    »Woher wissen Sie, dass ich eine Katze habe?«
    »Das sehe ich an den frischen Kratzspuren an Ihrer rechten Hand. Erwarten Sie Ihre werte Frau Gemahlin bald zurück?«
    »In drei Wochen. Sie ist zur Kur gefahren. Sie leidet unter Blutarmut. Doch woher kennen Sie meine Familienverhältnisse?«
    »Sie tragen einen Trauring. Daher ist es nicht schwer, auf Ihren Familienstand zu schließen. In der letzten Nacht sind Sie aufgestanden, wahrscheinlich um die Toilette aufzusuchen. Sie waren schlaftrunken und haben vergessen, die Tür richtig zu schließen. So konnte die Katze eindringen. Sie haben sich im Bett auf die falsche Seite gelegt. Diese Hälfte blieb nur deshalb frei, weil Ihre Frau verreist ist. Ihr rechter Arm rutschte über die Bettkante, und die Katze begann ihren Unfug zu treiben. Bei der Anwesenheit Ihrer Frau Gemahlin wäre der Ablauf ein anderer gewesen. Dann hätte es nur der linke Arm sein können, an dem das kleine Raubtier seine scharfen Krallen zu wetzen wusste.«
    »Das klingt plausibel, muss dennoch nicht stimmen. Manchmal ruhe ich nämlich auch auf dem Bauch.«
    »Nein, das tun Sie nicht. Sie sind leicht übergewichtig und leiden unter Bluthochdruck. Deshalb schnarchen Sie. Es gibt nur ein probates Mittel dagegen: Sie müssen mit dem Rücken erhöht, also fast senkrecht, schlafen.

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