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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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tags darauf durch General Neill entsetzt, aber mich schleppten die Rebellen fort nach ihrem Schlupfwinkel, und es vergingen lange Jahre, ehe ich wieder einen Weißen zu Gesicht bekam. Man marterte mich grausam; ich versuchte zu entfliehen, man fing mich wieder und folterte mich abermals. Wie ich mißhandelt worden bin, sehen Sie ja selbst. Einige von den Leuten flohen nach Nepal und schleppten mich mit; später gingen sie hinauf in die Berge. Die dortigen Eingeborenen erschlugen die Rebellen und zwangen mich eine Zeitlang ihnen Sklavendienste zu tun. Endlich entkam ich, wanderte aber nordwärts, anstatt nach Süden, bis ich nach Afghanistan gelangte. Dort irrte ich jahrelang umher und kam dann wieder ins Pandschab, wo ich meist unter den Eingeborenen lebte und mir durch die Zauberkünste, die ich gelernt hatte, meinen Unterhalt erwarb.
    Weshalb sollte ich elender Krüppel nach England zurückkehren und meine alten Kameraden aufsuchen? Nicht einmal der Durst nach Rache konnte mich dazu bewegen. Weit besser, daß Nancy und meine früheren Gefährten glaubten, der unglückliche Henry Wood sei umgekommen, als daß sie ihn in seiner Jammergestalt am Stabe einherwanken sehen. Niemand zweifelte an meinem Tode, und mir war das recht. Ich erfuhr, daß Barclay mit Nancy verheiratet sei und daß er rasch in der Rangliste des Regiments emporstieg, doch selbst das löste mir nicht die Zunge.
    Wird man aber alt, so sehnt man sich nach der Heimat. Seit Jahren träumte ich von dem schönen Grün der Wiesen und Hecken Englands, und endlich beschloß ich, sie noch vor meinem Tode wiederzusehen. Ich hatte Geld genug, um die Überfahrt zu bezahlen; dann kam ich hierher unter die Soldaten, wo es mir an Verdienst nicht mangelt, denn ich kenne ihre Art und weiß, was ihnen Vergnügen macht.«
    »Ihr Bericht ist höchst interessant«, sagte Sherlock Holmes. »Von der Begegnung mit Frau Barclay und wie Sie einander wiedererkannten, habe ich bereits gehört. Nun folgten Sie ihr nach dem Hause, sahen durch das Fenster, wie sie ihrem Gatten Vorwürfe machte, und ihn vermutlich über sein schändliches Verfahren gegen Sie zur Rede stellte. Der Zorn übermannte Sie; rasch liefen Sie über den Rasenplatz und stürmten in das Zimmer hinein.«
    »Das tat ich, Herr, und als Barclay meiner ansichtig wurde, verzerrten sich seine Züge auf die entsetzlichste Art. Er stürzte zu Boden und schlug mit dem Kopf gegen das Kamingitter. Aber sein Leben war schon vorher entflohen. Der Tod stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben. Mein bloßer Anblick ist ihm wie ein giftiger Pfeil mitten durch das schuldbeladene Herz gegangen.«
    »Und dann?«
    »Dann fiel Nancy in Ohnmacht, und ich nahm ihr den Zimmerschlüssel aus der Hand, um die Tür zu öffnen und Hilfe zu holen. Aber nach kurzer Überlegung schien es mir besser, mich davonzumachen; der Schein sprach zu sehr gegen mich, und jedenfalls wurde mein Geheimnis verraten, wenn man mich gefangen nahm. Hastig steckte ich den Schlüssel in die Tasche und ließ meinen Stock fallen, während ich auf Teddy Jagd machte, der am Vorhang in die Höhe lief. Sobald ich ihn wieder im Kasten hatte, aus dem er entschlüpft war, machte ich mich, so rasch ich konnte, aus dem Staube.«
    »Wer ist Teddy?«, fragte Holmes.
    Der Mann lehnte sich vor und öffnete den Schiebedeckel von einem Behälter, welcher im Winkel stand. Sofort schlüpfte ein schönes, rotbraunes Tier heraus; es war geschmeidig und schlank von Gestalt, hatte eine lange, dünne Nase, kurze Beine wie ein Wiesel und die prächtigsten roten Augen, die mir je vorgekommen sind.
    »Es ist eine indische Manguste 2 «, rief ich.
    »So sagen manche, andere nennen es Ichneumon«, meinte der Mann. »Bei mir heißt Teddy nur der Schlangenfänger, und er hascht eine Kobra im Umsehen. Ich habe hier eine ohne Giftzähne, die Teddy jeden Abend fangen muß zur Belustigung der Soldaten in der Kantine. – Haben Sie sonst noch eine Frage, Herr?«
    »Vielleicht werde ich mich nochmals an Sie wenden müssen, falls Frau Barclay ernstlich in Gefahr kommt.«
    »Dann würde ich natürlich Zeugnis ablegen.«
    »Außerdem hätte es keinen Zweck, das alte Verbrechen des Toten ans Licht zu ziehen, wie schändlich er auch gehandelt hat. Sie haben wenigstens die Genugtuung, daß seine Gewissensbisse über die verruchte Tat ihn dreißig Jahre lang nicht zur Ruhe kommen ließen. – Doch da drüben geht eben Major Murphy vorbei. Leben Sie wohl, Wood; ich muß mich erkundigen, was seit gestern

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