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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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kannst du die Feder aus der Hand legen, Watson.«
    Das Wenige, was mir noch zu sagen bleibt, will ich in Kürze und doch genau zu berichten suchen.
    Am 3. Mai erreichten wir das Dorf Meiringen, wo wir im Englischen Hof abstiegen. Der Wirt, Peter Steiler der Ältere, war ein verständiger Mann, der auch vortrefflich Englisch sprach. Auf seinen Rat brachen wir am 4. zusammen auf, um über die Höhen nach dem Weiler Rosenlaui zu gehen, wo wir übernachten wollten. Er hatte uns übrigens strengstens eingeschärft, hierbei den erforderlichen kleinen Umweg nicht zu scheuen, um die auf halber Höhe liegenden Reichenbachfälle zu besichtigen. Diese machen mit ihrer Umgebung einen wirklich grauenerregenden Eindruck. Der Bach, durch die schmelzenden Schneemassen geschwellt, stürzt in einen furchtbaren Abgrund, aus dem der Schaum emporwirbelt, wie der Rauch aus einem brennenden Hause. Die ungeheure, von glänzenden, kohlschwarzen Felsen umsäumte Kluft, in welche die Wasser hinabstürzen, verengt sich schließlich zu einem brodelnden Kessel von unberechenbarer Tiefe, über dessen gezackten Rand der Strom dann weiter zu Tale schießt. Man wird schwindelig von dem unablässigen Donnergetöse der riesigen weißen Wassersäule und von der ewigen Wirbelbewegung des aufspritzenden, flackernden Gischtes, der sich gleich einem dichten Vorhang aus der Tiefe emporzieht. Ganz außen am Rande schauten wir den Wassern zu, wie sie sich in sprühendem Glänze tief unten an den schwarzen Felsen brachen, und lauschten den Tönen, die – einem menschlichen Jauchzen vergleichbar – mit dem aufspritzenden Gischt aus der Schlucht herauf schallten.

    Auf der einen Seite ist um den Fall herum ein Pfad gehauen, um eine vollständige Ansicht des ersteren zu ermöglichen, allein derselbe hört plötzlich auf, so daß man auf demselben Wege wieder umkehren muß. In dem Augenblicke, wo wir uns an dieser Stelle wieder zurückwandten, erblickten wir einen jungen Burschen aus der Gegend, der mit einem Brief in der Hand dahergerannt kam. Dieser trug den Stempel des Gasthofes, den wir soeben verlassen hatten, und war vom Wirt an mich gerichtet. Es schien wenige Minuten nach unserem Weggang eine Engländerin im letzten Stadium der Schwindsucht dort eingetroffen zu sein. Dieselbe hatte den Winter in Davos zugebracht und war nun, auf dem Wege nach Luzern, wo sie mit Bekannten zusammentreffen wollte, plötzlich von einem Blutsturz befallen worden. Sie habe zwar aller Wahrscheinlichkeit nach nur noch wenige Stunden zu leben, aber es würde ihr doch ein großer Trost sein, wenn sie einen englischen Arzt bei sich sehen könnte, ich möchte doch zurückkommen usw. In einer Nachschrift versicherte mir der gute Mann noch besonders, wie er die Erfüllung seines Wunsches als eine sehr große persönliche Gefälligkeit ihm gegenüber ansehen würde, denn die Fremde wolle durchaus keinen Schweizer Arzt und er sehe sich infolgedessen in eine recht verantwortungsvolle Lage versetzt. Dieses Ansuchen ließ sich nicht abweisen; ich konnte doch einer Landsmännin, die in einem fremden Lande im Sterben lag, ihre Bitte nicht abschlagen, doch machte ich mir auch wieder darüber Gedanken, daß ich Holmes allein lassen sollte. Schließlich einigten wir uns doch dahin, daß er den Burschen als Führer bei sich behalten sollte, während ich nach Meiringen zurückkehrte. Holmes wollte, so sagte er, noch einige Zeit an dem Wasserfall verweilen und dann langsam über den Berg hinüber nach Rosenlaui wandern, wo ich ihn am Abend wieder treffen sollte. Im Weggehen sah ich noch, wie Holmes an die Felswand gelehnt mit gekreuzten Armen dastand und in den Wasserfall hinabschaute. Es war nach des Schicksals Willen das letztemal, daß ich ihn sah. Beinahe unten im Tal angekommen, wandte ich mich noch einmal zurück. Den Fall konnte ich von dieser Stelle aus nicht erblicken, wohl aber den Pfad, der sich über den Bergrücken zu demselben hinauf windet. Auf diesem Pfad sah ich, wie mir erst wieder einfällt, einen Mann rasch emporschreiten. Seine schwarze Gestalt hob sich deutlich von dem Grün hinter ihm ab. Seine Erscheinung ebenso wie sein eiliger Schritt war mir aufgefallen, allein bei der Hast, mit der ich meinem Ziele zustrebte, entschwanden mir diese Umstände aus der Erinnerung.
    Ich mag etwas über eine Stunde bis Meiringen gebraucht haben. Der alte Steiler stand unter dem Torbogen seines Hauses.
    »Es geht ihr hoffentlich nicht schlechter«, rief ich ihm, noch in eiligem Laufe,

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