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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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kleinen Brougham 4 finden, dessen Kutscher einen schweren schwarzen Mantel mit rot ausgeschlagenem Kragen trägt. In diesen Wagen steigst du ein. Derselbe wird dich gerade noch recht zum Abgang des Kontinentexpreßzuges nach Victoria Station bringen.«
    »Wo werde ich dich treffen?«
    »Auf dem Bahnhof. Der zweite Wagen erster Klasse von vorne wird für uns belegt sein.«
    »Im Wagen selbst geben wir uns also das Stelldichein?«
    »Jawohl.«
    Vergeblich bat ich Holmes nochmals, den Abend bei mir zu verbringen. Offenbar war er überzeugt, daß seine Anwesenheit dem Dach, unter dem er weilte, Gefahr bringen könnte, und deshalb ließ er sich um keinen Preis halten. Mit einigen eiligen Bemerkungen betreffs unserer Reisepläne für den nächsten Tag erhob er sich und ließ sich von mir in den Garten geleiten. Dort kletterte er über die Mauer nach der Mortimer Street hinaus und pfiff augenblicklich eine Droschke herbei, in der ich ihn dann wegfahren hörte.
    Mein Verhalten am nächsten Morgen richtete ich wortgetreu nach Holmes’ Weisungen ein. Bei der Beschaffung einer Droschke wurde jede mögliche Vorsicht bedacht, und sofort nach dem Frühstück fuhr ich nach den Lowther-Arkaden, wo ich in möglichster Eile dem andern Ausgang zustrebte. Dort stand in der Tat der Brougham mit dem sehr wohlbeleibten Kutscher in dunklem Mantel, der, sobald ich eingestiegen war, mit mir Victoria Station zusauste. Nachdem ich dort ausgestiegen, drehte er sogleich um und verschwand eiligst, ohne auch nur nach mir umzuschauen. So weit war alles vortrefflich gegangen. Mein Gepäck harrte meiner, und den von Holmes bezeichneten Wagen fand ich um so leichter als sonst keiner den Vermerk ›Belegt‹ trug. Das einzige, was mir jetzt noch Sorgen machte, war, daß Holmes nicht erschien. Nach der Bahnuhr fehlten nur noch sieben Minuten bis zur Abfahrtszeit unseres Zuges. Umsonst suchte ich unter den Reisenden, die sich auf dem Bahnsteig und an den Schaltern drängten, nach der einzelnen Gestalt meines Freundes. Nirgends war eine Spur von ihm zu sehen. Ein paar Minuten verbrachte ich damit, einem ehrwürdigen italienischen Priester meinen Beistand zu leihen, der in seinem gebrochenen Englisch sich bemühte, einem Gepäckträger klar zu machen, daß sein Gepäck direkt nach Paris eingeschrieben werden solle. Hierauf schaute ich mich noch einmal rings um und ging dann wieder zu meinem Wagen zurück, wo ich fand, daß der Schaffner im Widerspruch mit meiner Fahrkarte mir meinen gebrechlichen italienischen Freund zum Reisegefährten gegeben hatte. Vergebens suchte ich ihm verständlich zu machen, daß er nicht hier herein gehöre, denn mein Italienisch war noch näher beisammen als sein Englisch; so fügte ich mich eben schließlich achselzuckend in die Sachlage und schaute aufs neue voll Unruhe nach meinem Freund aus. Es überlief mich kalt bei dem Gedanken, sein Ausbleiben könnte in einem während der Nacht gegen ihn geführten Streich seinen Grund haben. Schon waren sämtliche Türen geschlossen und das Zeichen zur Abfahrt gegeben, als ich plötzlich die Worte vernahm: »Mein lieber Watson, du hast ja noch nicht einmal geruht, mir Guten Morgen zu wünschen.« Vor Überraschung fuhr ich unwillkürlich herum. Der alte Herr hatte mir sein Gesicht zugewendet. Auf einen Augenblick glätteten sich die Runzeln, die Nase entfernte sich vom Kinn, die Unterlippe schob sich nicht mehr vor, und der Mund stellte seine murmelnde Bewegung ein; die trüben Augen gewannen ihr Feuer wieder, und die gebückte Gestalt richtete sich auf. Im nächsten Augenblick jedoch sank diese aufs neue in sich zusammen, und mein Freund war ebenso plötzlich wieder verschwunden, als er zuvor erschienen war.

    »Guter Himmel«, rief ich, »hast du mich erschreckt!«
    »Es bedarf noch immer der größten Vorsicht«, flüsterte er dagegen. »Ich habe Grund anzunehmen, daß sie uns scharf auf den Fersen sind. Ha, da ist Moriarty selber!« Der Zug hatte sich bei Holmes’ letzten Worten bereits in Bewegung gesetzt. Ich blickte zurück und sah noch, wie ein hochgewachsener Mann wütend durch das Gedränge stürmte und mit der Hand winkte, als wollte er den Zug anhalten lassen. Es war jedoch bereits zu spät, denn wir kamen schon in vollen Lauf und hatten im nächsten Augenblick den Bahnhof hinter uns.
    »Unsere Maßnahmen haben, wie du siehst, ihren Zweck doch ganz hübsch erreicht«, meinte Holmes nun lachend. Er stand auf, warf seine Verkleidung ab und steckte Talar und Hut in einen

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