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Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Lacklederstiefel sind drum herumgegangen, die breiten Stiefel aber sind
    drüberweg gestiegen. Da ist weiter gar kein Geheimnis. Ich füge nur dem normalen Leben ein paar Regeln der Beobachtung und Schlußfolgerung bei, von denen ich in jenem Artikel
    geschrieben habe. Noch etwas das Ihnen Kopfschmerzen bereitet?«
    »Die Fingernägel und die Trichinopoly«, wollte ich wissen.
    »Die Schrift an der Wand wurde hergestellt, indem jemand seinen Finger in Blut tauchte.
    Beim Schreiben wurde das Mauerwerk um die Buchstaben herum ein bißchen angekratzt. Das konnte ich durch mein Vergrößerungsglas erkennen. Das wäre nicht der Fall gewesen, wenn die Fingernägel kurzgeschnitten gewesen wären. Ich habe ein bißchen Asche aufgehoben, die auf den Boden gefallen war. Sie war dunkel gefärbt und hatte größere Flocken — so brennt nur eine Trichinopoly Zigarre ab. Ich habe einmal eine besondere Studie über Zigarrenasche erstellt — ich habe sogar eine Monographie über sie geschrieben. Ich bilde mir ein, daß ich mit einem Blick die Asche jeder bekannten Zigarre oder jeden Tabaks erkennen kann. Das sind so die Einzelheiten und Kleinigkeiten, in denen sich ein gutausgebildeter Detektiv von Typen wie Gregson und Lestrade unterscheidet.«
    »Und das helle Gesicht?« fragte ich.
    »Ah, das war in der Tat ein gewagter Schuß, obgleich ich eigentlich nicht daran zweifle, daß ich recht habe. Diese Frage möchte ich Ihnen allerdings beim jetzigen Stand der
    Untersuchungen noch nicht beantworten.«
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Stirn. »Mein Kopf dreht sich mir«, bemerkte ich. »Je mehr ich darüber nachdenke, um so rätselhafter wird mir alles. Wie kamen diese beiden Männer, —
    wenn es zwei Männer waren — in dieses leere Haus? Was ist aus dem Kutscher geworden,
    der sie gefahren hat? Wie konnte ein Mann den anderen dazu bringen, Gift zu nehmen? Und woher kam das Blut? Was war die Ursache des Mordes, da es sich nicht um Raub handelte.
    Woher kam der Ring der Frau? Und schließlich und endlich, warum sollte der zweite Mann das deutsche Wort >RACHE< an die Wand schreiben, bevor er sich davonmachte? Ich kann die Tatsachen nicht zusammenkriegen, das gebe ich ehrlich zu.«
    Mein Kamerad lächelte zustimmend.
    »Sie summieren die Schwierigkeiten folgerichtig und gut«, sagte er, »da gibt es noch manch dunklen Punkt, aber über die hauptsächlichen Hergänge bin ich mir vollkommen klar.
    Kommen wir auf die Entdeckung des armen Lestrade zurück. Dies ist schlicht und einfach fabriziert worden, um die Polizei auf die falsche Fährte zu locken, indem sie den Verdacht auf Sozialismus und Geheimorganisationen lenkte. Es ist auch nicht von einem Deutschen
    geschrieben worden. Das A, wenn Sie das bemerkt haben sollten, wurde ein bißchen in der deutschen Art gemacht. Ein richtiger Deutscher würde Druckbuchstaben immer lateinisch
    schreiben. Hier hat ein ungeschickter Nachahmer die Sache etwas übertrieben, dessen können wir ganz sicher sein. Es war nichts weiter als ein Trick, die die Untersuchung in die falschen Kanäle leiten sollte. Ich werde Ihnen aber jetzt nichts mehr von diesem Fall erzählen, Doktor.
    Sie wissen, daß ein Zauberkünstler keinen Applaus bekommt, wenn er seinen Trick erst
    einmal verraten hat. Wenn ich Ihnen zuviel von meiner Arbeitsmethode erkläre, könnten Sie auf die Idee kommen, daß ich ein ganz gewöhnlicher Mensch bin.«
    »Das werde ich niemals tun«, antwortete ich. »Sie haben das Aufspüren von Verbrechen zu einer nahezu vollkommenen Wissenschaft gemacht, wie es wohl vollkommener in dieser Welt nicht geht.«
    Mein Freund errötete vor Freude über meine Worte und die Ernsthaftigkeit, mit der ich sie aussprach. Ich hatte längst bemerkt, daß er so empfänglich für Komplimente für seine Arbeit war, wie junge Mädchen für ihre Schönheit.
    »Ich will Ihnen noch etwas erzählen«, sagte er. »Die Lacklederstiefel und die groben breiten Stiefel sind in der gleichen Droschke gekommen. Sie sind den Gartenweg in
    freundschaftlicher Haltung hinuntergegangen, vermutlich Arm in Arm. Drinnen im Haus sind sie dann auf und ab gewandert, das heißt, Lacklederstiefel stand still, aber die groben breiten Stiefel wanderten auf und ab. Ich konnte das aus dem Staub ersehen. Je mehr er lief, desto erregter wurde er, das konnte ich ebenfalls sehen, die immer größer werdenden Schritte zeigten das. Er sprach eine Weile und steigerte sich so in eine Erregung hinein, die ohne Zweifel im Zorn endete. Dann

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