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Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Stangerson auf dem Bahnhof Euston trennten, bis zur Entdeckung von
    Stangersons Leiche ist mir nun alles klar, als wenn es vor meinen eigenen Augen geschehen wäre. Ich werde es Ihnen gleich beweisen. Haben Sie diese Pillen an sich genommen?«
    »Ich habe sie hier«, sagte Lestrade und zog eine kleine weiße Dose aus der Tasche. »Ich habe die Pillen, das Telegramm und die Brieftasche mitgenommen, weil ich vorhatte, diese Dinge auf der Polizeistation in Verwahrung zu geben. Es ist eigentlich nur einem Zufall zu
    verdanken, daß ich die Pillen eingesteckt habe, denn ich muß ehrlich sagen, daß ich ihnen keine größere Wichtigkeit beimesse.«
    »Geben Sie sie her«, sagte Holmes. »Nun, Doktor«, wandte er sich an mich, »sind das
    gewöhnliche Pillen?«
    Das waren sie mit Sicherheit nicht. Sie waren von perlgrauer Farbe, klein, rund und beinahe durchsichtig, wenn man sie gegen das Licht hielt. »Da sie sehr leicht und durchsichtig sind, würde ich annehmen, daß man sie in Wasser auflösen kann«, stellte ich fest.
    »Genau so ist es«, sagte Holmes. »Würden Sie jetzt bitte hinuntergehen und den armen
    kleinen Teufel von einem Terrier heraufholen? Das arme Tier ist schon seit längerem krank und unsere Wirtin hat mich gebeten, ihn einzuschläfern.«
    Ich ging hinunter und kam mit dem Hund in meinem Arm zurück. Er japste nach Luft und
    seine fieberglänzenden Augen zeigten an, daß sein Ende nicht weit war. Tatsächlich bewies seine schneeweiße Schnauze, daß er eigentlich über die übliche Zahl der Hundejahre
    hinausgelebt hatte. Ich bettete das Tier behutsam auf ein Kissen auf dem Teppich.
    »Ich werde diese Tablette nun halbieren«, sagte Holmes, nahm sein Taschenmesser und tat, wie er gesagt hatte. »Die eine Hälfte legen wir in die Schachtel für später zurück, die andere kommt in dieses Weinglas zusammen mit einem Teelöffel Wasser. Sehen Sie, unser Doktor
    hat recht, die Pille löst sich in Wasser auf.«
    »Dies mag ja alles sehr interessant sein«, sagte Lestrade in dem beleidigten Ton eines Mannes, der den Verdacht hat, daß man sich über ihn lustig macht. »Ich kann jedoch nicht sehen, was dies hier mit dem Tod von Mr. Stangerson zu tun haben soll.«
    »Geduld, mein Freund, Geduld! Gleich werden Sie sehen, wieviel es damit zu tun hat! Ich werde nun ein bißchen Milch hinzufügen, damit die Mischung auch schmeckt, und wenn wir sie dem Hund geben, werden wir sehen, wie gerne er sie aufschlappt.«
    Während er redete, goß er die Mixtur aus dem Weinglas auf eine Untertasse und stellte sie dem Hund hin, der sie eilig aufleckte. Sherlock Holmes' gewissenhaftes Experiment hatte uns alle soweit überzeugt, daß wir nun schweigend herumsaßen und das Tier beobachteten, als erwarteten wir irgendetwas Aufregendes. Es geschah jedoch nichts dergleichen. Der Hund lag weiterhin ausgestreckt auf dem Kissen und atmete schwer, aber wegen des Trunkes ging es ihm weder besser noch schlechter.
    Holmes nahm seine Taschenuhr heraus, aber Minute um Minute verging, ohne daß etwas
    geschah. Ein Ausdruck äußerster Enttäuschung erschien auf seinem Gesicht. Er nagte an
    seiner Unterlippe, trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte und zeigte jedes andere Symptom von großer Ungeduld. So groß war seine Erregung, daß er mir fast leid tat. Die beiden Detektive jedoch waren keineswegs traurig, grinsten nur spöttisch.
    »Das kann kein Zufall sein«, rief er schließlich, sprang von seinem Stuhl auf und lief wild im Zimmer hin und her. »Es ist unmöglich, daß dies nur ein Zufall ist. Genau solche Pillen hatte ich im Verdacht, Drebbers Tod herbeigeführt zu haben. Und die werden nun nach
    Stangersons Tod gefunden. Und doch wirken sie nicht. Was kann das bloß bedeuten? Meine gesamte Beweisführung kann doch nicht falsch sein! Das ist doch unmöglich. Und doch geht es dem verflixten Köter nicht schlechter. Ah - ich hab's! Ich hab's!«
    Mit einem regelrechten Freudenschrei rannte er zu der Schachtel mit den Pillen, schnitt die andere Tablette in zwei Hälften, löste sie auf, fügte Milch hinzu und schob es dem Terrier hin.
    Die Zunge des unglücklichen Tieres schien kaum die Flüssigkeit berührt zu haben, als ein furchtbares Zittern durch seine Glieder ging und dann lag es still und steif da, als hätte es ein Blitzschlag getroffen.
    Sherlock Holmes atmete tief auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich sollte mehr Selbstvertrauen haben«, sagte er. »Ich sollte inzwischen wissen, daß es möglicherweise

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