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Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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eine andere Interpretationsmöglichkeit gibt, wenn Dinge auftauchen, die einer langen Kette von Schlußfolgerungen entgegenstehen. Eine der beiden Pillen in dieser Schachtel enthielt ein absolut tödliches Gift, während die andere völlig harmlos war. Ich hätte das eigentlich wissen müssen, bevor mir die Schachtel noch zu Gesicht gekommen ist.«
    Diese letzte Aussage hörte sich so unglaublich an, daß ich geneigt war, daran zu zweifeln, ob er recht bei Sinnen sei. Da war jedoch der tote Hund, der Beweis, daß seine Annahmen richtig waren. Es kam mir so vor, als ob sich vor mir der Nebel langsam hob. Eine vage Ahnung der Wahrheit dämmerte mir.
    »Ihnen kommt dies alles hier so seltsam vor«, fuhr Holmes fort, »weil Ihnen von Anfang an nicht die Bedeutung des einen einzigen richtigen Hinweises klargewesen ist. Ich hatte das Glück, gleich zu Anfang die richtige Spur zu erwischen. Was danach passierte, diente nur dazu, meine ursprüngliche Vermutung zu bestätigen und war wirklich nur die logische Folge.
    Die Umstände und Begebenheiten, die Sie verwirrt haben und Ihnen den Fall immer obskurer erscheinen ließ, dienten mir zur Klärung meiner Schlußfolgerungen. Man sollte nicht
    Seltsames mit dem Geheimnisvollen verwechseln. Das allergewöhnlichste Verbrechen ist oft am geheimnisvollsten, weil es keine neuen oder besonderen Züge aufweist, von denen aus man seine Folgerungen ziehen könnte. Dieser Mord wäre unendlich viel schwerer
    aufzuklären gewesen, hätte man die Leiche des Opfers auf der Straße gefunden, ohne die sensationellen Begleitumstände, die ihn bemerkenswert machten. Die seltsamen Einzelheiten haben den Fall keineswegs schwieriger gemacht, sondern haben ihn in Wirklichkeit doch sehr vereinfacht.«
    Mr. Gregson hatte dieser Rede mit großer Ungeduld zugehört. Nun konnte er sich nicht mehr länger beherrschen.
    »Nun hören Sie einmal gut zu, Mr. Sherlock Holmes«, sagte er. »Wir wollen ja gerne
    einräumen, daß Sie ein tüchtiger Mensch sind und ihre eigenen Arbeitsmethoden haben.
    Trotzdem möchten wir jetzt gerne ein bißchen mehr hören als bloße Theorie und eine Predigt.
    Es geht doch darum, daß wir den Mann fassen. Ich meinte, ich hätte ihn schon, aber das scheint wohl ein Irrtum zu sein. Der junge Charpentier kann mit dem zweiten Mord nichts zu tun haben. Mr. Lestrade war hinter diesem Stangerson her, aber das war wohl auch falsch. Sie ergehen sich in Andeutungen, die uns wohl zeigen sollen, daß Sie mehr wissen als andere Leute. Aber nun ist die Zeit gekommen, wo wir wohl ein Recht haben, Sie zu fragen, wieviel Sie nun eigentlich wirklich wissen. Können Sie uns den Namen des Täters nennen?«
    »Ich muß Gregson recht geben, Sir«, ließ sich Lestrade vernehmen. »Wir haben beide getan, was wir konnten, und es ist uns nicht gelungen, den Fall zu lösen. Seit ich in diesem Zimmer bin, erwähnten Sie mehr als einmal, daß Sie alle nötigen Beweise in der Hand haben.
    Sicherlich werden Sie sie nicht länger zurückhalten wollen.«
    »Jeder Aufschub einer Verhaftung könnte dem Mörder die Möglichkeit geben, eine neue
    Greueltat zu verüben«, bemerkte ich.
    Obwohl Holmes von uns allen bedrängt wurde, zeigte er sich noch unentschlossen. Er fuhr fort, im Zimmer auf und ab zu gehen, mit gesenktem Kopf, die Stirn gekraust, grad so, wie er immer war, wenn er tief in Gedanken versunken war.
    »Es wird keine weiteren Morde geben«, sagte er schließlich, blieb abrupt stehen und sah uns alle an. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wenn Sie mich fragen, ob ich den Namen des Mörders kenne - ich kenne ihn. Das bloße Wissen seines Namens ist jedoch eine kleine und unwichtige Sache verglichen mit der Schwierigkeit, seiner habhaft zu werden.
    Aber das habe ich in Kürze vor. Ich habe Vorbereitungen in einer Weise getroffen, daß es mir gelingen müßte. Allerdings muß man behutsam vorgehen, denn wir haben es mit einem sehr gerissenen Mann zu tun, der zum Äußersten entschlossen ist und er wird, wie ich feststellen konnte, noch von jemandem unterstützt, der genau so tüchtig ist wie er selber. Solange dieser Mann nicht ahnt, daß man ihm auf der Spur ist, haben wir die Chance, ihn festzunehmen.
    Aber sobald er den geringsten Verdacht hegt, wird er augenblicklich seinen Namen ändern und in der Vier-Millionen-Stadt untertauchen. Ich möchte bestimmt nicht Ihre Gefühle
    verletzen, aber ich muß dennoch sagen, daß die Polizei diesen beiden Männern nicht
    gewachsen ist. Und

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