Sherlock Holmes und das Druidengrab
Pension.
„Ja, ja.“ Holmes winkte ab. Er war schon tief in Gedanken versunken und versuchte für dieses Wesen eine vernünftige Erklärung zu finden. Die Gespräche um ihn wurden leiser, als er innerlich eine Theorie nach der anderen durchging. Watson packte ihn schließlich am Ärmel und zog ihn mit sich, überließ Smiths Leiche den Dorfbewohnern.
Wenig später waren sie in ihrer Herberge und Holmes goss ihnen Whisky ein. Bedauernd sah er auf den kümmerlichen Rest, der noch übrig war.
„Sie können nicht abstreiten, dass dieses Geschöpf sehr mysteriös ist“, sagte Watson mit gesenkter Stimme.
Holmes atmete tief durch. „Ich glaube nicht an Märchen. Hier muss es eine logische Erklärung geben“, beharrte er.
Watson schüttete die honigfarbene Flüssigkeit in einem Zug hinunter und stand auf. „Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Auflösung.“
„Was soll das heißen? Sie werden doch deswegen nicht zurück nach London fahren?“
„Nein, aber ich werde mich ins Bett begeben.“
„Sie können jetzt schlafen?“
„Es mag sein, dass ich schlechter träume als üblich.“
Holmes fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. „Dann gute Nacht, John.“
„Ihnen auch.“
Die Tür fiel leise ins Schloss. Seufzend lehnte sich Holmes zurück und schloss die Augen.
Der Alkohol zeigte seine Wirkung. Wirre Bilder zogen an seinem inneren Auge vorbei. Abrupt fuhr er auf. Er hatte vor Kurzem einen Bericht gelesen! Wieso war er nicht gleich darauf gekommen? Ein italienischer Medizinstudent hatte vor langer Zeit eine seltsame Theorie aufgestellt und Holmes war sich fast sicher, dass es da ebenso um Wiedergänger und ihren Blutdurst ging. Er musste am nächsten Tag nachfragen, ob es hier eine Bibliothek oder Ähnliches gab. Vielleicht würde er den Artikel noch einmal aufspüren können.
Holmes’ Magen knurrte, doch er beachtete ihn nicht. Er hatte noch nicht gefrühstückt, das erschien ihm unwichtig. Zu sehr war er in die Druckschriften vertieft, die in dem Archiv einer kleinen holzgetäfelten Bibliothek im Dorf untergebracht waren.
Welche Zeitung war es? Die London Post ? Oder die … nein! Es musste die London Post sein. Er erinnerte sich an die Titelseite, wo das Emblem der Zeitung deutlich zu sehen war. Holmes durchwühlte unzählige Exemplare der letzten Zeit, bis Watson ihn zumindest zu einem Brot und schwarzem Tee nötigte.
„Was gedenken Sie hier zu finden?“
„Einen Artikel …“
„Oh? Darauf wäre ich nicht gekommen. Es gibt ja sonst so Vieles in einer Zeitung, nach dem man suchen könnte.“
„Bilder?“, erwiderte Holmes amüsiert.
Watson lachte leise und schüttelte den Kopf. „Was suchen Sie?“
Sein Freund griff nach der nächsten Zeitung und stockte. Er kannte die Titelseite!
„Das hier!“
Holmes suchte die passende Seite und reichte sie Watson, der den Bericht überflog. „Holmes, das ist Unsinn. Selbst die London Post macht sich darüber lustig. Es ist ein Märchen.“
„Pff! Für mich ist das weniger Märchen, als ein Wiedergänger!“
Watson betrachtete den Detektiv nachdenklich. „Hm, man hat bewiesen, dass Krankheiten von so etwas kommen, aber dies hier …“
„Ich werde es herausfinden! Und ich beginne mit diesem ominösen Grab im Wald.“
„Dann werden wir zu den Helliways gehen?“
„Jawohl, Watson, das werden wir.“
Das Haus am Waldrand war ärmlich im Vergleich zu den Gebäuden im Dorf. Ein Mann in den mittleren Jahren jätete Unkraut und ein vielleicht zwölfjähriger Junge schnitzte missmutig an einem Stück Holz.
„Mr Helliway?“, rief Holmes ihm zu und der Mann hob den Kopf.
„Wer will das wissen?“, entgegnete er mürrisch.
Holmes schritt in den Garten und ignorierte die Unfreundlichkeit. Watson blieb nah bei ihm, sah argwöhnisch zwischen die Bäume.
„Sherlock Holmes, Sir.“ Er reichte ihm die Hand und der Mann ergriff sie.
„Ich bin Mr Helliway. Sie sind der Detektiv, den Smith geholt hat?“
„Ja. Haben Sie von dessen Tod schon erfahren?“
Mr Helliway wurde kreidebleich. „War es …“
Holmes überging die Frage. Watson hingegen nickte dem Mann zu.
„Mr Helliway. Was hat Ihre Frau an der Erdgrube im Wald gewollt?“
Holmes sah an seinem Gesichtsausdruck, wie sich der Mann innerlich wand. Seine Wangen röteten sich und er senkte schuldbewusst den Kopf.
„Sie … meine Frau ist …“
„Bitte die Wahrheit, Sir! Wen haben Sie dort begraben?“
Mr Helliway rang einen Moment mit sich,
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