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Sherlock Holmes und das Druidengrab

Sherlock Holmes und das Druidengrab

Titel: Sherlock Holmes und das Druidengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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seine drei Mitbrüder seien wegen zweier möglicherweise gefälschter alttschechischer Handschriften getötet worden. Der Wiener Professor Büdinger bewies vor mindestens fünfzig Jahren, dass es sich bei diesen Handschriften um Fälschungen handelt. Vor wenigen Jahren wurden seine Erkenntnisse durch Tomáš Masaryk einmal bestätigt. Jeder einigermaßen musikgeschichtlich Bewanderte weiß das, denn Antonín Dvořák hat vier Texte aus diesen Falsifikaten vertont. Dieser Pater scheint mich für einen Idioten zu halten! Ich denke, wir sollten Markéta Čarna einen Besuch abstatten. Und dem dritten Toten.“ Er sah auf die Uhr. „Aber erst wollen wir uns etwas stärken!“

    Nach dem Abendbrot gingen wir zu Fuß durch die engen Gassen der Altstadt zum ehemaligen Stadtarrest. Unterwegs stieß Dr. Brod zu uns, dessen Begleitung Holmes telegraphisch erbeten hatte. Vaclávs Behausung befand sich in einem Keller. Die Tür war von kolossaler Massivität. Als nach mehrmaligem vergeblichem Klopfen niemand öffnete, blickte sich Holmes um. 
    „Sie haben doch nichts gesehen, Dr. Brod?“, fragte er und zog das Mäppchen mit den Dietrichen aus der Tasche.
    „Wer? Ich? Nie!“, gab Brod zurück. 
    Da hatte Holmes die Tür schon geöffnet. „Die Welt kann froh sein, dass ich keinerlei kriminelle Neigungen hege.“ Er lächelte und trat ein. Mich überfiel der Geruch nach ungewaschenem Menschen, ungewaschener Kleidung und anderen Dingen, die ich mir lieber nicht vorstellen wollte. Der kühle Raum wurde vom Licht der Abenddämmerung spärlich erhellt, das durch ein kleines, vergittertes Klappfenster fiel, dem  tiefgraue Spinnweben den Vorhang ersetzten. Schon beim Eintreten knirschte Sand auf dem rohen Dielenboden unter unseren Schuhen. 
    Wir knipsten unsere Misell-Taschenlampen an. Als ich einen Schritt vortrat, stieß ich mit dem Fuß an eine Holzbütte vor dem Tisch in der Mitte des Raumes. Die Bütte war mit einem schmutzigen Tuch abgedeckt. Holmes hob es an. Feucht schimmernde Lehmklumpen lagen in dem Holzgefäß. Er stieß seinen Zeigefinger hinein, roch daran und hielt den Finger in den Strahl seiner Taschenlampe.  „Riecht wie Flussschlamm. Wie man ihn zur Ziegelherstellung braucht. Muschelfragmente. Ja, eindeutig Flussschlamm.“
    „Ziegelherstellung?“, schaltete sich jetzt Dr. Brod ein. „Es gibt viele Ziegeleien an den Ufern der Moldau, Mr Holmes. Bis hinauf nach Mnešice im Slowakischen.“
    Holmes untersuchte bereits die Gegenstände auf dem Tisch. 
    „Watson, das dürfte Sie interessieren! Vacláv besitzt ein Fotolabor. Hier, ein Kopierrahmen. Zum fotografischen Kopieren von Büchern! Ziemlich rostig. Und hier!“ 
    Er hielt mir eine Flasche hin. 
    „Fixiernatron!“
    „Genau!“
    Vorsichtig hob er eine Glasscherbe hoch. „Hebräisch! Eine Negativplatte. Vielleicht die verschwundene Handschrift! Holla!“
    Holmes hielt die kleine Tonstatuette eines muskulösen Mannes mit sehr kleinem Kahlkopf ins Licht. Der Mann stützte sich mit grimmiger Miene auf ein Breitschwert, das seine Nacktheit verdeckte. In die Schwertklinge war auf Lateinisch CAVE ME eingeritzt, HÜTE DICH VOR MIR. Ob so ein Golem aussah?
    Dann nahmen sich Holmes und Brod die Bücher auf dem Tisch vor. Von einem anatomischen Atlas für Künstler abgesehen, waren sie alle auf Hebräisch geschrieben und begannen von hinten. Brod erläuterte die Titel. Da ich kein Hebräisch verstehe, sah ich mich in dem düsteren Raum um. Ein Kreuz an der Wand legte Zeugnis vom Glauben des Bewohners ab, desgleichen eine abgegriffene Bibel in lateinischer und eine weitere in böhmischer Sprache. Gesang- und Gebetbücher vervollständigten das Bild. 
    „Mystik“, hörte ich Brod hinter mir sagen. „Ungewöhnlich!“
    „Mystik?“, fragte Holmes zurück.  
    „Ja, Kabbalistik. Die Kabbala hilft dem Gläubigen, die göttliche Natur, von der Hülle der Buchstaben entkleidet, zu erkennen.“
    „Und was erreicht der Gläubige damit?“
    „Was er will, im Grunde. Aber … mir kommt ein Verdacht, Mr Holmes. Ist Ihnen die Legende vom Golem bekannt?“ 
    Holmes nickte. Jetzt konnte er mit dem prahlen, was ich ihm erzählt hatte! „Der künstliche Mensch des Rabbi Löw. Sein Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof.“
    Um einem neuerlichen musikhistorischen Vortrag von Holmes zu entgehen, war ich an eine sargähnliche Kiste getreten, die hochkant an der Wand gegenüber dem Eingang lehnte. Ich machte mich schon darauf gefasst, die herausstürzende

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