Sherlock Holmes und das Druidengrab
mal.“
„Die Gefahr besteht durchaus. Deshalb habe ich ihn auch gebeten, äußerst vorsichtig zu sein. Ich hoffe allerdings, dass wir den Spuk aufklären, bevor es zu einem weiteren Anschlag kommt. Bis dahin sollten auch Sie vorsichtig sein, in Ihrem Reich . Ich bin ohnehin überrascht, Sie hier draußen zu treffen. Für eine Botanikerin hätte ich Sie nicht gehalten.“
Sie strich sich eine Strähne ihres schwarzen Haares aus dem Gesicht. „Lassen Sie sich von der teuren Kleidung nicht täuschen. Ich stamme aus normalen Verhältnissen und habe kein Problem damit, mir die Finger schmutzig zu machen.“ Als Beweis hob sie die Hände und drehte sie vor uns hin und her. Unter den Fingernägeln bemerkte ich schwarze Halbmonde. „Hier fühle ich mich wohl. Es gefällt mir, etwas anzupflanzen, es wachsen und aufblühen zu sehen. Schauen Sie sich hier um, das alles stammt aus meiner Hand. Bevor ich mich um den Garten kümmerte, war er nichts anderes als ein Urwald. Außerdem ist es eine wunderbare Gelegenheit, um dem Alltag zu entfliehen.“
Ich schaute mich um und war einmal mehr entzückt, wie gepflegt und ordentlich alles aussah. In keinem einzigen Beet entdeckte ich Unkraut. Auch bei der Anordnung der Pflanzen hatte Bethany Talent bewiesen. Alles harmonierte perfekt. „Sie scheinen dafür eindeutig das richtige Händchen zu besitzen“, sagte ich deshalb.
Holmes nickte kurz und ließ seinen Blick ebenfalls über die angebauten Pflanzen schweifen. Einen Moment lang schien ihn ein knapp zwei Yards großer Baum mit grünblauen Blättern und roten Stachelfrüchten zu interessieren, doch entgegen meiner Vermutung ging er nicht darauf zu, sondern inspizierte als Nächstes die Rosenbüsche zu seiner Rechten. „Die Weißen sind Ihnen besonders gut gelungen“, bescheinigte er Bethany und verabschiedete sich.
Unmittelbar nach unserer Rückkehr ins Studierzimmer fröstelte mich wieder und ich rieb mir die Hände, um die draußen gesammelte Wärme ein bisschen länger zu halten. Gerade als ich meinen Freund auf die Botanikerin ansprechen wollte, bemerkte ich, dass wir nicht allein waren. Vor der Wand mit dem Einschussloch kniete der Diener und kehrte mit gerümpfter Nase jenen Staub auf, den Holmes beim Herauspulen der Kugel hinterlassen hatte. Augenblicklich schrillten meine Alarmglocken wieder. Weshalb war dieser Mann nur ständig zur Stelle, wenn es um die Beseitigung von Verbrechensspuren ging? Ich wollte meinen Freund zur Seite ziehen, doch dieser ging direkt auf Brody zu.
„Sie sind genau der Mann, nach dem ich suchte“, sagte er. Irritiert erhob sich der Diener. „Könnten Sie bitte zur Polizeiwache fahren und den Inspektor verständigen, der für diesen Fall zuständig ist?“
„Natürlich, Sir. Darf ich fragen, weshalb?“
„Nun, ich werde die ganze Angelegenheit aufklären und möchte, dass die Schuldigen verhaftet werden.“
Mir fiel die Kinnlade herunter. „Holmes, Sie wissen, wer für alles verantwortlich ist?“ Hastig ging ich in Gedanken sämtliche gesammelte Fakten durch und stieß dabei immerzu auf den Diener. War es klug, Brody von unseren Plänen zu berichten? Die Art, wie mein Freund auf einmal lächelte, stimmte mich noch skeptischer. Aber ich sagte nichts, sondern vertraute darauf, dass er auch dieses Mal den richtigen Riecher bewies.
Knapp zwei Stunden später kehrte der Diener mit zwei Ordnungshütern zurück, die vom Aussehen her sehr unterschiedlich waren: Der Mann im schwarzen Zweiteiler war ein rundlicher Endvierziger mit zerzausten roten Haaren und Backenbart. Der uniformierte Konstabler an seiner Seite war höchstens Mitte zwanzig, sonnengebräunt und lediglich mit einem dünnen Oberlippenbart ausgestattet.
Holmes nahm beide zur Seite, um die Situation zu erklären und bat anschließend Brody, sie und sämtliche Hausbewohner in die Bibliothek zu führen. Selbst die Belegschaft sollte sich einfinden. Ich beobachtete alles teils verwundert, teils fasziniert. Genau wie sämtliche anderen Anwesenden fragte ich mich, was der Meisterdetektiv herausgefunden hatte.
Doch dieser beschränkte sich darauf, süffisant zu lächeln und sich in Geduld zu üben, bis sämtliche Personen versammelt waren. Ihre neugierigen Blicke brannten förmlich auf seiner Haut, doch ihn brachte das nicht eine Sekunde lang ins Schwitzen.
„Vielen Dank, dass Sie sich alle hier eingefunden haben“, sagte er, nachdem Brody die Tür von innen verschlossen hatte. Ich nahm mir vor, den Diener im Auge zu
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