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Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Titel: Sherlock Holmes und das Phantom der Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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hageln begann.
    Noch nie zuvor hatte ich mich in solcher Bedrängnis befunden. Man hätte wirklich darüber lachen können, wäre meine Lage nicht so ernst gewesen. Ich hatte keine Ahnung, wo Christine Daaé war, aber sie sollte in Kürze singen, und ich hatte ihr meinen Schutz zugesichert. Nun hatte das Schicksal eben jenes unvorhersehbare Hindernis in meinen Weg gelegt, gegen das ich mich nicht hatte absichern können.
    Ich wurde ohne jedes weitere Zeremoniell durch die mittlerweile stark angewachsene Menge geschoben, die sich nun vor dem Ankleideraum zusammendrängte und den Flur beinahe unpassierbar machte. Ich hatte keinen Zweifel daran, daß nichts und niemand mehr zwischen Christine Daaé und dem Zorn ihres wahnsinnig gewordenen Wächters stehen würde, sobald ich erst einmal das Haus verlassen hatte.
    Hier, Watson, war nun der schreckliche Preis für mein Inkognito. Gerade, als es am wichtigsten für mich gewesen wäre, meinen eigenen Namen und meine Identität herzuzeigen, stand diese Möglichkeit gleichermaßen so weit jenseits meiner Reichweite wie nie zuvor.
    »Wohin bringen Sie mich?«
    »Zur Gendarmerie.« Noch einmal beteuerte ich meine Unschuld und den Ernst der Situation. Diesmal machten sie sich noch nicht einmal die Mühe, mir zu antworten.
    Irgendwie erzwangen wir uns unseren Weg ans Ende des Flures und wollten gerade die Treppe hinaufsteigen, als das Schicksal, das ja als launenhaft bekannt ist, den Dingen eine andere Wendung gab.
    » Was glauben Sie, wohin Sie diesen Mann dort bringen? « rief ein basso profundo . Es war Maître Gaston Leroux, der uns den Weg zur Treppe versperrte. Die Hände hatte er auf die Hüften gestützt, und sein großer Bullenkopf saß entschlossen auf seinem massiven Oberkörper. Ich muß gestehen, daß ich mich noch nie in meinem Leben so gefreut habe, jemanden zu sehen.
    »Wir bringen diesen Mann –«
    »Schweigen Sie still. Dieser Mann geht nirgendwohin.« Er funkelte die Menge mit einem Blick konzentrierter Wildheit an.
    »Aber –«
    »Ich bin Gaston Leroux!« brüllte er. »Ich bin verantwortlich für alles, was hier geschieht. Mir entgeht auch nicht die kleinste Einzelheit. Und ich habe hier das Kommando über alles und jeden.« Dieser vertraute Refrain entlockte mir einen Seufzer der Erleichterung, aber Mifroid war nicht so leicht einzuschüchtern.
    »Ich bitte um Verzeihung, cher maître «, sagte er mit einem herablassenden Ton, den er kaum zu bemänteln versuchte. »Aber dieser Gentleman hier gehört dem Gesetz.«
    Leroux plazierte seinen Kneifer auf seiner Nase und starrte durch ihn hindurch den Polizisten frostig an.
    »Da befinden Sie sich im Irrtum, Monsieur. Gestatten Sie mir, Sie zu korrigieren. Dieser Gentleman gehört zu meinen ersten Geigen, und wir haben noch die Operngala vor uns. Lassen Sie es mich ganz klar ausdrücken«, fuhr er stimmgewaltig fort, bevor irgend jemand ihn unterbrechen konnte. »Ich habe kein Interesse an dem Geist. Ich interessiere mich nicht für Mord oder das Gesetz oder irgendwelche Kleinigkeiten, mit denen Sie sich befassen. Sie kümmern sich um Ihre Angelegenheiten. Wenn Sie diesen Mann bewachen lassen wollen, während er sich seinen Pflichten mir gegenüber entledigt, können Sie das gern tun, aber « – und er verlieh diesem Wort eine furchtbare Betonung – »mein Geschäft, meine einzige Sorge, meine Religion und meine Verantwortung ist die Musik  – und jeder, der versucht, sich zwischen mich und meine Aufgabe zu stellen, kann das nur über meine Leiche tun.«
    Er hielt inne, wie um Mifroid zum Widerspruch herauszufordern. Dieser erschien tatsächlich ein wenig verblüfft von Leroux’ Resümee.
    »Macht denn eine einzige Violine einen solchen Unterschied?« fragte er mit einer Mischung aus Kühnheit und Gereiztheit.
    »Das letzte Mal, als sie fehlte, fiel der Kronleuchter vom Dach«, gab Leroux auf zuvorkommendste Art und Weise zurück.
    »Das war aber nicht Sigerson«, meldete Ponelle sich zu Wort, eifrig darauf bedacht, sich nach seinem Verrat wieder bei mir einzuschmeicheln. »Er hat nicht einmal gewußt, wie man dort hinaufkommt.«
    »Aber er ist dort hinaufgekommen«, erinnerte Mifroid jeden, während er gleichzeitig die Krempe seines Seidenhuts befingerte und offensichtlich das Ganze noch einmal überdachte. »Na gut, cher maître . Angesichts Ihrer Nöte werde ich diesem Gentleman erlauben, noch einmal zu spielen – aber unter Bewachung, Sie verstehen? Unter Bewachung.«
    Leroux neigte seinen massigen

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