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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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verzögerte, muß auch sein Entkommen erschwert haben. Komm, guter Hund!«
    Er zog Toby an der Leine von der Vanille-Pfütze weg, und wir brachen auf. Der Geruch war offenbar recht kräftig. Der Hund bewegte sich mit größter Geschwindigkeit vorwärts, ohne Rücksicht auf die visuellen Schwierigkeiten zu nehmen, die der Nebel uns auferlegte. Er erlaubte Holmes gerade noch, sein eigenes Reisegepäck – eine rote Tasche – aus dem Gebüsch auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu holen. Wir wanderten überwiegend in Schweigen gehüllt und versuchten unser Bestes, um mit dem Tier Schritt zu halten. Sein ruckartiges Ziehen an der Leine und sein enthusiastisches Gebell machten uns klar, daß selbst die giftigen Schwefeldämpfe in der Luft seine Fähigkeiten nicht beeinträchtigen konnten.
    Holmes schien ruhig und gesammelt, im Vollbesitz aller Sinne, und ich begann mich zu fragen, ob ich nicht einen unglaublichen Irrtum begangen hatte. Vielleicht hatte Moriarty Mycroft und mich hinters Licht geführt und war tatsächlich der Ausgangspunkt entsetzlichen Unheils. Ich schob den Gedanken als etwas beiseite, das ich mir zu diesem Zeitpunkt nicht erlauben konnte, und hinkte, so gut ich konnte, hinter Holmes und dem Hund her. Diese Art Wetter verursachte meiner alten Wunde besonders starke Schmerzen, und in der Regel ging ich im Nebel überhaupt nicht aus. Einmal nahm ich meine Pfeife heraus, aber Holmes erhob eine mahnende Hand.
    »Der Hund muß sich schon mit dem Nebel abfinden«, sagte er. »Lassen Sie uns nicht noch mehr Erschwernisse hinzufügen.«
    Ich nickte, und wir gingen weiter der sich windenden, unsichtbaren Straße nach. Ständig hatten wir dem Verkehr auszuweichen, denn wir mußten, um den Droschkenspuren zu folgen, die Mitte der Straße benutzen.
    Wir passierten Gloucester Road Station zu unserer Linken, und ich hörte deutlich die Züge durch den Dunst pfeifen, gleich blinden Säuen auf der Suche nach ihrem Wurf. Und immer noch zog uns der Hund mit unverminderter Ausdauer weiter.
    »Vielleicht werde ich eine Monographie darüber schreiben«, * sagte Holmes mit Bezug auf den Vanille-Extrakt. »Seine Eigenschaften für diese Art der Arbeit sind, wie Sie sehen können, ideal. Der Hurd zögert nicht im geringsten. Er weiß seinen Weg auch durch Schlamm und Wasser.«
    Ich murmelte zustimmend und stieß innerlich erneut einen Stoßseufzer der Erleichterung aus. Hätte ich mein Schuhwerk nicht gewechselt, dann wäre mir das vortreffliche Tier nach wenigen Metern auf der Spur gewesen. Ich hätte das Spiel verloren, noch bevor es begann.
    Wie die Dinge lagen, fiel es mir schwer genug, mit dem Hund Schritt zu halten. Ich konnte nicht sehen, wo wir waren, und die Geräusche der Stadt drangen nur verschwommen und in verwirrend rascher Folge an meine Ohren. Mein Bein begann, mich ernsthaft zu schmerzen, und ich war nahe daran, eine diesbezügliche Bemerkung zu machen, als Holmes plötzlich anhielt und mich am Mantel zog.
    »Was ist?« fragte ich, nach Atem ringend.
    »Hören Sie!«
    Ich gehorchte und bemühte mich, außer meinem Herzschlag etwas zu vernehmen. Ich hörte Pferdegetrappel, das Knarren der Geschirre, die Rufe der Kutscher und wieder das Pfeifen der Züge.
    »Victoria«, sagte Holmes leise.
    Tatsächlich war es der große Bahnhof, den wir jetzt erblickten.
    »Genau, wie ich es mir gedacht habe«, murmelte Holmes an meiner Seite. »Sie haben Ihre Reisetasche bei sich? Das trifft sich günstig.«
    Konnte ich eine Andeutung von Sarkasmus in seinem Ton vernehmen?
    »In Ihrem Telegramm hieß es ›einige Tage‹«, erinnerte ich ihn.
    Er schien mich nicht zu hören, sondern stürzte vorwärts, immer Toby nach, der geradewegs auf den Droschkenstand zueilte. Der Hund beschnüffelte den Boden, wo einige Pferde geduldig wartend mit Futtersäcken über den Mäulern vor den leeren Droschken standen. Dann schien er plötzlich vom Bahnhof weglaufen zu wollen.
    »Nein, nein«, sagte Holmes sanft, aber bestimmt. »Laß die Droschken jetzt sein, Toby! Zeig’ uns, wohin ihr Fahrgast gegangen ist!«
    Damit führte er das Tier auf die andere Seite des Droschkenstandes, und dort löste sich, nach kurzem Zögern, die Verwirrung des Hundes. Mit neuem Gebell schoß er in den Bahnhof selbst hinein.
    In der überfüllten Station – um so überfüllter wegen der vom Wetter bedingten Verspätungen – stürzte sich Toby ins Gewirr aufgehaltener und verärgerter Reisender, wobei er gelegentlich über das auf seinem Weg liegende

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