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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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einfach nur zu kommen und zu gehen, auch wenn ich wußte, daß jede Verzögerung zusammen mit den Schwierigkeiten der bevorstehenden Fahrt nach Hammersmith, Tobys Fähigkeiten möglicherweise beeinträchtigen würden.
    »Sie werden sicher Toby wollen, Doktor?« fragte er. Der Affe hatte ihm zärtlich einen Arm um den Hals gelegt, von dem er sich jetzt befreite. Er setzte das Tier auf einen bedeckten Vogelkäfig und fuhr fort: »Ein Momentchen, ich werde ihn holen. Sie haben wohl keine Zeit für eine Tasse Tee?« fragt er mit hoffnungsvoller Stimme.
    »Ich fürchte, nein.«
    »Nein, das dachte ich mir.« Er seufzte und ging durch die Seitentür zu den Hundezwingern. Das Bellen und Kläffen von dort draußen machte klar, daß seine Hunde sich freuten, ihn zu sehen. Ich erkannte Tobys Stimme inmitten des Getöses.
    Fast ohne Verzug kam Sherman mit dem Tier zurück und überließ die anderen Hunde, in denen seine Anwesenheit zweifellos den Wunsch nach Freiheit ausgelöst hatte, ihrem kläglichen Geheul. Toby erkannte mich und strebte, an seiner Leine ziehend, auf mich zu. Sein dünner Schwanz wedelte voll wilder Energie und gutem Willen. Ich revanchierte mich mit einem Stück Zucker, das ich zu diesem Zwecke bei mir trug – ein regelmäßiger Bestandteil unserer Begegnungen. Wie üblich, bot ich Sherman an, im voraus zu bezahlen, und wie es seine Art war – jedenfalls, wenn es um Sherlock Holmes ging –, lehnte er ab.
    »Behalten Sie ihn, so lange Sie ihn brauchen«, beharrte er, als er mich zur Tür geleitete, und schob unterwegs ein Huhn beiseite.
    »Wir werden das später begleichen. Auf Wiedersehen, Toby! Guter Hund! Und meine besten Grüße an Mr. Sherlock«, rief er mir nach, während ich mit Toby im Gefolge auf die Droschke zustolperte.
    Ich versprach im Gehen, ich würde grüßen, und rief nach dem Droschkenkutscher, der durch Gebrüll seinen Standort bekanntgab. Seiner Stimme folgend, fand ich die Droschke und kletterte hinein. Ich gab ihm die von Holmes in seinem Telegramm erwähnte Adresse (die ich in der Nacht zuvor aufgesucht hatte), und allmählich tauchten wir in das Karussell des augenlosen Verkehrs, der sich seinen Weg durch London erahnte.
    Wir fanden die Westminster Bridge wieder, überquerten sie – wobei wir um Haaresbreite einen Zusammenstoß mit einem Bierwagen vermieden – und fuhren nach Westen, auf Hammersmith zu. Der einzig erkennbare Punkt entlang unserer Route war die Gloucester-Road-Undergroundstation.
    Schließlich bogen wir in die verlassen liegende Munro Road ein, fuhren auf den schwachen Schimmer der einzigen Straßenlampe zu und hielten an.
    »Da sind wir!« verkündete der Kutscher, überrascht und erleichtert zugleich, und ich stieg aus, um die Umgebung nach einem Zeichen von Holmes abzusuchen. Alles war totenstill, und meine Stimme schuf ein fremdartiges Echo, als ich seinen Namen in den undurchdringlichen Nebel rief.
    Für einen Augenblick stand ich völlig verwirrt da und wollte mich gerade auf den Weg zu des Professors Haus machen, das ich irgendwo hinter mir vermutete, als ich rechts neben mir auf dem Bürgersteig ein Tap-Tap-Tap vernahm.
    »Hallo?«
    Es kam keine Antwort, nur das gleiche, nicht ganz rhythmische Tappen eines Stockes auf dem Bürgersteig. Toby reagierte wie ich auf das Geräusch und gab ein verstörtes Winseln von sich. Das Tap-Tap kam näher.
    »Hallo«, wiederholte ich sofort. »Wer ist da?«
    » Maxwellton’s braes are bonny «, sang plötzlich ein Tenor mit hoher Stimme aus dem Nebel, » And airly fathers lie – But fur boony Annie Laurie, I’d lay me doon and die! «
    Ich stand regungslos, wie erstarrt, während Sänger und Gesang näher kamen und sich mir die Haare im Nacken sträubten vor der schieren Grauenhaftigkeit des Ganzen: eine einsame Straße Londons im Nebel, der Zeit verloren und von Menschen vergessen – und der pfeifende Diskant des geheimnisvollen Sängers, der meine Versuche, sich ihm mitzuteilen, nicht beachtete.
    Langsam und schlurfenden Schrittes kam er im Schein der Straßenlaterne in Sicht, ein zerlumpter Spielmann mit einer abgeschabten, offenen Lederweste, alten ledernen Kniehosen und Stiefeln, die von Schnürbändern zusammengehalten wurden. Ein spärlicher weißer Backenbart umrahmte sein Gesicht, und auf dem Kopf trug er eine Lederkappe, deren Schirm nach hinten geklappt war, alles Anzeichen seiner ehemaligen Zugehörigkeit zum Bergbau. Ich sage ehemalig, denn er trug die dunkel getönten Gläser eines Blinden.
    Ich

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