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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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Gezeichnet Mycroft Holmes.
    Holmes betrat die Halle des Clubs an der Pall Mall um zehn Minuten nach drei. Durch die Glasfront zum Hauptraum sah er schon eine Reihe der ehrwürdigen Mitglieder auf ihren bequemen Stühlen sitzen, in die stille Lektüre der Tageszeitung vertieft. Rechts davon lag der Strangers' Room, das nicht allzu große Besuchszimmer, in das der Butler den Detektiv führte. Vor den Erkerfenstern mit Blick auf die Pall Mall saß der Munshi, ohne Turban, ohne Kurta, ohne Lungi. In seinem dunklen Anzug mit Krawatte wirkte der Mann wie ein Brite, abgesehen von seinem tiefschwarzen Haupthaar und Bart und dem dunkleren Teint, aus dem weiße Zähne blitzten, die er zu einem schmerzlichen Willkommenslächeln entblößte, als Holmes sich ihm näherte.
    Ein exotisch schöner Mensch , dachte der Detektiv und erinnerte sich des Gerüchts, das die Times verbreitete.
    Aber der Mann hatte auch etwas Leidendes an sich. Die Hand, die er Holmes zur Begrüßung reichte, war kalt und feucht, Schweiß stand auf seiner olivfarbenen Stirn, die Augen glänzten fiebrig.
    »Es ist mir eine große Ehre, den Bruder meines Gönners, der mich in diesen prominenten Club eingeführt hat, kennenzulernen«, begann der Inder in wohlgesetzten Worten, die er offenbar vorbereitet hatte. Sein Englisch war beinahe akzentfrei.
    Holmes erwiderte schweigend den Händedruck und ließ sich in einen der Besucherstühle fallen. Er würde den Mann reden lassen, um so dessen Eigenheiten kennenzulernen.
    »Ich habe gehört, dass Sie ein berühmter Detektiv sind, eigentlich der berühmteste dieses Landes, und dass Ihr Interesse an mir etwas mit Ihrem Beruf zu tun hat. Da ich mir keiner Schuld, was kriminelle Aktivitäten betrifft, bewusst bin, freut mich dieses Treffen uneingeschränkt, und ich bin, muss ich gestehen, etwas neugierig, was dessen Grund betrifft.«
    Schön formuliert , dachte Holmes und beschloss, langsam und ebenso blumig zu seinem eigentlichen Anliegen vorzudringen. »Sie sind in Ihrer Sprache, in Ihrem Wesen Engländer geworden, vielleicht stärker als so manch anderer Bewohner dieses Landes, der das von Geburt an ist, fühlen sich offenbar wohl in dieser Stadt und haben es aufgrund Ihrer Begabungen und Ihres Wesens bei Hofe weit gebracht, ja, man spricht davon, dass Sie zum Lehrer der Königin wurden, zu ihrem Munshi.«
    »Was die Sprachen meiner Heimat betrifft, ansonsten lerne ich von Ihrer Majestät.«
    »Eine hervorragende Position bei Hofe.« Holmes ließ sich nicht beirren. »Eine exponierte Stellung in einem doch in Vielem fremden Land, die in gewissem Maße Isolation, ja Einsamkeit bedeutet, aus der man manches Mal sehnsuchtsvoll flieht, um Nähe zu finden, die sich dann als trügerisch erweist.«
    Der Mann ahnte, was Holmes andeuten wollte, denn seine Augen weiteten sich angstvoll und er begann das teure Tuch seines Anzuges mit den Händen zu kneten.
    »Sie müssen sich behandeln lassen«, stellte Holmes fest. »Erstens, um zu überleben, zweitens, um niemanden in Ihrer Nähe durch Ansteckung zu gefährden.«
    »Ja, aber wie können Sie denn wissen? ... Noch niemand ... Ach, es ist furchtbar ... Ich werde alles verlieren ...«
    »Sie werden vor allem Ihr Leben verlieren, wenn Sie die Geschlechtskrankheit, an der Sie leiden, nicht versorgen lassen. Ich habe einen Freund, der Arzt ist. Er ist verschwiegen und erfahren. Es gibt heutzutage gute Möglichkeiten, Syphilis einzudämmen, zum Stillstand zu bringen und schließlich den Körper wieder erstarken zu lassen.«
    »Quecksilber soll giftig sein«, wandte der Inder ein.
    »Syphilis ist es auch, und das auch für die Menschen, mit denen man zu tun hat. Ein Umstand, der in Ihrem Fall besonders brisant ist, da Sie der Königin so nahe sind.«
    »Es war, wie Sie sagten, ein schwacher Moment. Eine Frau meines Landes. Ich wusste nicht, dass sie krank war. Sie wirkte so unschuldig und ich war richtig verliebt, aber dann verschwand sie und ich sah sie nie mehr.«
    Moriarty , dachte Holmes. Er will diesen hoffnungsvollen jungen Menschen und alle, die mit ihm zu tun haben, verderben. Er verbreitet das Gerücht einer indezenten Nähe zwischen der betagten Königin und ihrem strahlenden Untertan, zugleich sorgt er dafür, dass dieser, sollte die Intrige tatsächlich gelingen, die Königin in Krankheit und Tod stürzt. Wieder die zwei ineinander verwobenen Pläne, von denen Mary Watson gesprochen hatte.
    Moriarty war ein Teufel, den man so rasch wie möglich unschädlich machen

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