Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)
den Detektiv hinweg, sodass es ihm den Atem nahm. Und in dem Rauch, dem dichten, verseuchten Nebel, der alles zudeckte, sah er sich, wie er war. Sein Atem stockte. Er spürte, dass er sterben, ersticken würde, wenn ... wenn es ihm nicht gelänge zu schreien, wieder frische, atembare Luft in die Lungen zu bekommen.
Er versetzte sich zurück an den Beginn seines Lebens, erinnerte sich des ersten Schreis, der aus seinem Mund gedrungen war, der dem ersten bewussten Atemzug vorausgegangen war, der ihm das Leben in dieser Welt ermöglicht hatte.
Holmes konzentrierte alle Kraft, die ihm verblieben war und schrie.
»Was ist da los, Mary? Die Geräusche kommen aus Holmes' Zimmer. Ich werde nachsehen«, murmelte Doktor Watson, noch benommen vom ersten Schlaf vor Mitternacht.
»Ich komme mit!« Mary zog sich ihren Schlafrock über. Der Doktor musste Holmes' Zimmer, aus dem immer noch ein gellender Schrei ertönte, der an ein kleines Kind in höchster Not denken ließ, mit dem Zweitschlüssel öffnen. Als er den Mann besinnungslos, mit weit geöffneten Augen, an das Bett gelehnt, auf dem Fußboden sitzen sah, die geleerte Spritze neben ihm, Blut an der linken Armbeuge, erfasste er sofort die Situation.
»Kokain. Er ist süchtig. Vermutlich hat er zu viel erwischt. Du musst seinen Körper kühlen, während ich etwas Morphium ... Befeuchte Tücher mit Wasser und hülle ihn damit ein!«
»Aber dafür muss ich ihn entkleiden«, protestierte Mary, die vor dem Ohnmächtigen, aus dessen Mundwinkeln Speichel lief, zurückgewichen war. Seine Haut wirkte tatsächlich erhitzt, der gesamte sichtbare Körper schimmerte hellrot.
»Du musst es tun«, betonte der Doktor.
Mary lief in die Küche, füllte einen Krug mit Wasser und tauchte alle verfügbaren Tücher in die kalte Flüssigkeit, dann öffnete sie das Hemd des besinnungslosen Detektivs, sah, dass sein Körper so extrem mager war, dass jede Rippe zu erkennen war, und legte die kalten Tücher auf seinen Brustkorb, auf sein Gesicht und sein Haar.
»Ist es gut so?«, fragte sie ihren Mann, der mit einer Spritze zurückkam, die er in die Muskeln des rechten Oberarms des Freundes entleerte.
»Ja, aber kühle auch seine Füße. Ich denke, das wird die Körpertemperatur senken und seinen Kreislauf stabilisieren. Jetzt können wir nur mehr warten und hoffen.«
Kurze Zeit danach verriet die Lebhaftigkeit der Augen des Detektivs, dass er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Doch noch schwieg er.
»Wie geht es Ihnen, Holmes?«, erkundigte sich der Doktor.
»Wie es jemandem geht, der zu einer Belastung für seinen Freund und dessen Gattin geworden ist.«
»Was ist geschehen, was haben Sie genommen?«
»Etwas mehr als die übliche Dosis.«
»Was ist schiefgegangen?«
»Das werde ich überprüfen, sobald ich dazu in der Lage bin«, sagte der Detektiv. »Wenn Sie mich so lange noch in Ihrem Haus dulden.«
»Ihr Besuch ist ein reines Vergnügen«, versicherte Mrs. Watson. »Sie haben mitgeholfen, meinen Mann gesund zu machen.«
Als Holmes wieder er selbst war, in sauberer Tageskleidung am Tisch der Watsons saß und mit ihnen zu Mittag aß, entschuldigte er sich nochmals für den bedauerlichen Vorfall und bedankte sich für die menschliche und medizinische Betreuung.
»Die übliche fünfprozentige Lösung ist durch eine Flüssigkeit mit doppelter Konzentration ersetzt worden«, stellte Holmes fest.
»Sie meinen ...«, begann der Arzt ungläubig.
»Ja, hier im Haus, in meinem versperrten Zimmer«, bekräftigte Holmes. »Aber ich hätte damit rechnen müssen. Ich habe mich wie ein Dummkopf verhalten.«
»Aber warum?«, fragte der Doktor.
»Eine wichtige Frage. Ich denke, um mich zu töten und Sie in Misskredit zu bringen. Ein Drogentoter in des Doktors Haus. Moriarty verfolgt meist mehrere Ziele, die er von den Schwächen der Menschen ableitet. Ihre Frau war so freundlich, mich auf diesen Umstand hinzuweisen.«
»Sie werden also etwas gegen die Sucht unternehmen, Holmes? Meine Unterstützung haben Sie«, versicherte Watson.
»Nach Abschluss des Falles. Im Kampf gegen Moriarty werde ich auf diese Energiequelle nicht verzichten können.«
»Die Herren mögen entschuldigen, aber ich muss unbedingt etwas klarstellen«, meldete sich Mrs. Watson zu Wort. »Ich habe die Flüssigkeit nicht ausgetauscht, und ich wusste auch nichts davon. Vermutlich werden Sie mir das nicht glauben, Mr. Holmes. Ich wollte es aber unbedingt sagen.«
»Ich weiß das, Mrs. Watson«, wandte sich der
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