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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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heller Schrei der Sitznachbarin der ohnmächtig gewordenen Dame unterbrach Sherlock Holmes' Rede, der es sich nicht nehmen ließ, seinen begonnenen Satz zu vollenden. »... gab es immer wieder furchtbare Tragödien im Leben der Menschen, die mit dem Professor und seiner Mutter zu tun hatten.«
    »Ein Arzt. Befindet sich ein Arzt im Raum?«, versuchte Professor Moriarty Holmes' Worte zu übertönen.
    Wie der Detektiv es befürchtet hatte, meldete sich Doktor Watson und eilte der Besinnungslosen zu Hilfe, obwohl sich zwei weitere Herren als Mediziner zu erkennen gegeben hatten.
    Während sich alle Aufmerksamkeit im Saal auf die bleiche Frau des Bürgermeisters konzentrierte, die in ihrer stillen Schönheit an die Märchenfigur Schneewittchen erinnerte, ergriffen zwei Männer Mary Watson an den Schultern und führten die Widerstrebende aus dem Saal.
    Holmes entschloss sich zu schweigen. So beunruhigend die Vorgänge in Kenwood House waren, so sehr würde Ungeduld der Frau des Doktors schaden.
    Die zu erwartende Katastrophe war eingetreten. Jetzt hieß es, die Nerven zu bewahren und das Geschehen, wenn möglich, zur Vernichtung Moriartys zu verwenden, über dessen tatsächliche Vergangenheit und Herkunft die Anwesenden durch Holmes' Rede nun einiges mehr erfahren hatten, als sie gewusst hatten. Ein Samenkorn, das sich im Bewusstsein einiger Gäste zu einer kräftigen Pflanze entwickeln könnte.
    Sherlock Holmes wartete, bis sich die Aufregung um die Frau des Bürgermeisters gelegt hatte – sie wurde auf einer Trage aus dem Saal transportiert –, dann beendete er seine Rede mit den Worten: »In der Mathematik gibt es die Berechenbarkeitstheorie, die sich mit der Frage befasst, was im Leben mithilfe von Maschinen berechenbar ist. Der Jubilar in seiner strengen Logik ist überzeugt, dass weite Teile des Lebens berechenbar sind und der Erfolg gibt ihm recht. Aber es gibt auch Überraschungen. Oder zählen diese auch zu seinem großen Plan? Wir werden sehen.«
    Nur wenige Menschen hatten den letzten Worten des Detektivs gelauscht. Sie waren zu sehr mit den Vorgängen im Prunksaal beschäftigt.
    Professor Moriarty und seine Mutter jedoch hatten sich auf jedes Wort konzentriert, und sie spendeten verhaltenen Applaus, als Holmes das Rednerpult verließ und sich auf Professor Moriarty zubewegte. Dieser erhob sich von seinem Tisch und reichte dem Detektiv die Hand.
    Holmes ergriff sie und sagte: »Gott ist kein Mathematiker.«
    »Wie Sie es schon sagten. Wir werden sehen«, antwortete Moriarty und schüttelte die Hand des Detektivs.
    »Was sagt er?«, fragte Moriartys Mutter.
    »Nichts, was für Sie Belang hat«, antwortete Holmes kühl, und er vermeinte ein Lächeln auf dem zuvor ernsten Gesicht Moriartys zu erkennen. Daraufhin verließ Holmes den Saal und stellte sich an die Seite Watsons, der noch immer um die schöne Frau des Bürgermeisters bemüht war.
    Sie fühlte sich jedoch schon viel besser und lehnte einen Transport ins Krankenhaus ab. »Es war eine vorübergehende Unpässlichkeit. Ich werde in den Saal zurückkehren und an der Seite meines Mannes ...«
    »Während wir uns in die Baker Street begeben, mein lieber Watson«, wandte sich der Detektiv an seinen Freund.
    Dieser blickte erschrocken auf und fragte: »Habe ich einen Fehler gemacht?«
    »Man hat Ihre Frau aus dem Saal geführt, während ich die Rede hielt und Sie als Mediziner tätig waren.«
    »Aber hätten Sie nicht ...«
    »Kommen Sie, Watson! Wir müssen hier weg. So rasch wie möglich. Die Sicherheit trügt. Nur solange ich am Leben bin, wird Ihrer Frau nichts geschehen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich werde es Ihnen erklären. In der Baker Street.«
     
    Das Licht im ersten Stockwerk des Hauses Baker Street 221b brannte bis in die frühen Morgenstunden.
    Doktor Watson, der unruhig hin und her wanderte, schwankte zwischen Selbstzweifeln und Vorwürfen gegen seinen Freund. »Sie hätten Ihre Rede unterbrechen und die Entführung meiner Frau verhindern müssen.«
    Holmes schwieg.
    »Mein Fehler war es, zuzulassen, dass Mary mich auf dieses unselige Geburtstagsfest begleitete. Wir dachten, dass unter den Augen der Spitzen der Londoner Gesellschaft nichts Böses geschehen könne.«
    »Ihre Gedanken drehen sich im Kreis«, unterbrach ihn Holmes. »Wir können aber nicht auf der Stelle treten, wir müssen vorankommen. Denken Sie logisch, Watson! Moriarty ist Mathematiker und als solcher berechenbar. Er weiß seit meiner Rede, dass mir seine Herkunft und

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