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Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)

Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph E. Vaughan
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Wells ihnen sowohl über die Funktionsweise der Zeitmaschine als auch über die unvorstellbare Zukunft nach Maddocs Berichten an die Hand gegeben hatte. Grundsätzlich schien es ihm nicht unmöglich, obwohl er es für sehr unwahrscheinlich hielt, sich mit einer Maschine der Zeit entheben zu können. Entwickelte man auch ständig neue Wundergeräte wie das Telefon oder Hensons und Stringfellows Dampfflugzeug, so erschloss sich Kent die Parallelexistenz zweier zukünftiger Gesellschaften nicht so recht, die unter Darwins evolutionstheoretischen Gesichtspunkten im Vergleich zur gegenwärtigen Menschheit weiterentwickelt beziehungsweise rückschrittlich sein sollten. Charles Darwin war gerade einmal zwölf Jahre tot, hatte jedoch einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Seine verwerflichen Mutmaßungen forderten den gesunden Menschenverstand nach wie vor heraus und zogen die grundlegenden religiösen Prinzipien in Zweifel, welche die Basis der Zivilisation bildeten. Laut Darwins gotteslästerlichen Lehren verdankte der Mensch seine Vormachtstellung unter den Lebewesen nicht seinem gütigen Schöpfer, sondern der Willkür der Natur; zufälligen Fehlbildungen, welche die christliche Schöpfungsgeschichte infrage stellten. Der gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorherrschende Gedanke, der Mensch könne im Zuge just der gleichen biologischen Vorgänge zugrunde gehen, die ihn zur Krone der Schöpfung erhoben hatten, was sich als Vision in der sinnlosen Barbarei der Eloi sowie der Grausamkeit der Morlocks widerspiegelte, machte sowohl ihn als auch seinen Gott zum ultimativen Gespött. Kent wollte die Möglichkeit von Zeitreisen nicht ausschließen, sperrte sich aber gegen die Vorstellung einer Schöpfung ohne Schöpfer.
    »Seltsam, dass Professor Hinton gelogen hat, was Wells angeht, nicht wahr?«, brach Holmes sein Schweigen.
    »Verzeihung, was meinen Sie?«
    »Hinton schrieb Wells' Adresse, ohne zu zögern nieder, obwohl dieser seit kaum einer Woche am besagten Ort wohnt«, gab Holmes zu bedenken. »Dennoch behauptete er, schon seit längerer Zeit nichts mehr mit dem Mann zu tun zu haben, während für uns kein Grund zur Annahme besteht, Wells habe ebenfalls gelogen, als er sich wegen Hintons Rückkehr nach London überrascht zeigte.«
    »Erachten Sie das für wichtig?«
    »Nicht für unsere Suche ... aber merkwürdig ist es dennoch.«
    Kent richtete seine Aufmerksamkeit nun auf den Bahnsteig von Londons verkehrsreichster Haltestelle sowie die selbst zu dieser Stunde beträchtliche Menge Reisender, die sich im Trubel der Waterloo Station zurechtfinden und an scheinbar willkürlich aufeinanderfolgenden Gleisnummern orientieren mussten, um das richtige Abteil in einem der ständig ankommenden oder abfahrenden Züge zu finden. Handelte es sich bei seinen Mitmenschen wirklich um nichts weiter als Primaten in Gehröcken mit Hüten, welche dazu verdammt waren, am Ende der Zeit ein rein kreatürliches Dasein zu fristen? War die Schöpfung bloß eine Grille der Natur, eine Sinfonie ohne Orchesterarrangement oder Dirigenten? Der starke Glaube, der ihn sein Leben lang begleitet hatte, war nunmehr nichtig wie die viel zitierte Asche in Kents Mund. Er ballte die Fäuste, schloss seine Augen und verfluchte Darwins Schergen, den unnachgiebig voranschreitenden sogenannten Fortschritt auf Kosten all dessen, was fromm und rechtens war.
    »Maddoc muss Wells beim gemeinsamen Abendessen nicht zwangsläufig die Wahrheit gesagt haben«, warf Holmes plötzlich ein. »Auch braucht sich die Zukunft, selbst wenn es so etwas wie eine Zeitmaschine gibt, nicht unbedingt unserem Einfluss entziehen; die Vergangenheit können wir nicht ändern, doch den Glauben daran, dass wir unseres eigenen Glückes Schmied sind, dürfen wir nicht verlieren.«
    Der Zug ließ den Bahnsteig unter ruckartigen Bewegungen hinter sich, kaum dass die Pfeife eines Schaffners das Zeichen zum Losfahren gegeben hatte. Erst als die Lokomotive ins Dunkel der Nacht tauchte, nahm man gleichmäßig Fahrt auf. Während das komplizierte Weichensystem sie sicher von einem Gleis zum nächsten leitete, ließen sie die aus Gittern bestehende Überdachung des gewaltigen Bahnhofs hinter sich. Zu ihrer Linken erschien nun, da sie das Ende des Bahnhofsgeländes erreichten, die winzige Nebenhaltestelle Necropolis, welche die Dunkelheit umhüllte. So lautete der Name der nicht öffentlichen Endstation des Brookwood Cemetery für Bestattungszüge. Schließlich passierten sie die Waterloo Road und

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