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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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bekomme ich? Einen Berg von Leichen!«
    »Ich hatte nicht mit der Entschlossenheit der Verbrecher gerechnet, sich der irdischen Gerechtigkeit zu entziehen. Aber vielleicht ist es besser so!«
    Eine halbe Stunde später. Die beiden Toten waren in eine leere Kammer gebracht worden, und wir alle, Lestrade, McGregor, Mrs. Thorndyke, Lian und meine Wenigkeit, saßen in bequemen Sesseln in Mrs. Thorndykes Wohnzimmer, um den Kamin versammelt. Dieser verströmte bereits eine wohlige Wärme, die Köchin des Ehepaars Thorndyke hatte Punsch für alle gezaubert, und Mrs. Thorndyke hatte die Herren gebeten, doch ihre Pfeifen zu entzünden. Ihr Ebenezer habe auch immer geraucht, sie bitte uns herzlich, dies ebenfalls zu tun, es wirke beruhigend auf sie. Niemand wollte sich ihrem Wunsch verschließen, wenngleich Lestrade wie immer einen von seinen mörderisch riechenden Stumpen rauchte; angeblich sei der besser verträglich wegen seines Hustens. Die ganze Zeit hielten sich Mrs. Thorndyke und Lian an den Händen, als teilten sie wie zwei gute Freundinnen ein Geheimnis.
    Auf dem Tisch lagen einige Requisiten, die Holmes in Ais Todeszimmer gefunden hatte. Zunächst setzte er die Polizisten über die Vorgeschichte ins Bild. Er berichtete vom Besuch Mrs. Thorndykes, von den unheimlichen Vorfällen auf Henstiffle Bow Hall und vom Unsichtbaren Tod , dem Ai zum Opfer gefallen war.
    »Gespenstererscheinungen haftet immer der Ruch von etwas Theatralischem, Inszeniertem an«, begann er. »Und das nicht erst seit Shakespeare Hamlet auf der Bühne dem Geist seines Vaters begegnen ließ. Spuk ist, davon bin ich zutiefst überzeugt, etwas von Menschen Gemachtes. Irgendwo sitzt immer ein Regisseur, der den Geist in Szene setzt. Das war auch hier der Fall. Ich musste nur noch die Frage klären, wer dieser unbekannte Regisseur war. Die Auswahl war groß: Mrs. Thorndyke erwähnte, dass Madame Hsiao Lian als Sängerin und Tänzerin aufgetreten sei. Ihr Neffe sei einmal Impressario einer Schauspielertruppe gewesen. Er konnte also mit dem Wirken der Musen Melpomene, Terpsichore und Thalia durchaus als vertraut bezeichnet werden.«
    »Melmope ... Was?«, fragte Lestrade, der mit Fremdwörtern auf Kriegsfuß stand.
    »Verzeihen Sie. Mit dem Theater im Allgemeinen und im Speziellen. Aber kommen wir zu Ai. Beim Betrachten der exquisiten Sammlung chinesischer Theatermasken unten in der Halle warf ich einen Köder für sie aus. Ich datierte eine Maske falsch und ordnete sie dem falschen Meister zu. Ohne zu zögern korrigierte sie mich. Sie war wesentlich gebildeter als es für ein Mädchen ihrer Dienststellung erforderlich ist. Sich dumm zu stellen, kann manchmal sehr viel gescheiter sein, als seine Klugheit öffentlich auszustellen. Was Madame Hsiao Lian betrifft, so konnte ich sie beim Anblick ihrer künstlich verformten Füße sofort aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen. Sie kann sich, wie sie gesehen haben, nur mit viel Mühe fortbewegen, und ich frage mich, was die Männer empfanden, vor denen sie zu tanzen gezwungen wurde. Im Blauen Haus des Herrn Su etwa. Blieben eigentlich nur noch Ai und Thorndyke übrig. Dass sie ein heimliches Liebespaar waren, erfuhr ich aber erst heute Nacht!«
    »Ich ahnte es schon länger«, erklärte Mrs. Thorndyke, »aber ich gestehe, ich hatte Vorbehalte gegenüber Lian wegen ihrer Vergangenheit. Zuerst freute ich mich, als Roger sich einer gesunden Frau zuwandte. Inzwischen weiß ich es besser. Zunächst war Lian ihm dankbar, dass er sie aus China herausgeholt hatte. Aber ihre Dankbarkeit musste sich schließlich in Abneigung verwandeln. Sie suchte Trost in Büchern und in der Musik ihrer Heimat. Aber das wird jetzt anders werden!«
    Lian warf ihr einen dankbaren Blick zu. Offenbar war die Witwenschaft in der Lage, aus Frauen, die einander in Kühle gegenüberstanden, wirkliche Freundinnen zu machen.
    »Verfolgen wir nun den weiteren Fortgang meiner Kombinationen«, fuhr Holmes weiter fort.
    »Das Motiv für die ganze Inszenierung war klar: Habgier. Thorndyke stand bei irgendwelchen Chinesen tief in der Kreide. Für den Fall, dass er seine Schulden nicht zurückzahlen könne, drohten sie ihm die chinesische Tropfenfolter an, die unabwendbar zum Wahnsinn führt. Roger hatte wohl schon Mrs. Thorndykes Schwester Ann umgebracht und beerbt, doch das scheint ihm nicht gereicht zu haben. Hier scheint übrigens noch nicht der Unsichtbare Tod zum Einsatz gekommen zu sein. Den Grund für diese Annahme erkläre ich gleich.

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