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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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Türspalt konnte ich vor mir Ai erkennen, weiter hinten im Zimmer stand Mrs. Thorndyke, die sich offenbar noch nicht zu Bett begeben hatte und ihre normale Kleidung trug. Auf einem Drum Table lag unser ausgepackter Proviant. Roger Thorndyke stand außerhalb meines Gesichtsfeldes. Ai hielt Mrs. Thorndyke den Kelch hin.
    Aus der Tiefe des Raumes ertönte Thorndykes Stimme. »Trink jetzt, verflucht! Oder ich schieße dich über den Haufen!«
    »Nein!«, rief Mrs. Thorndyke erregt. »Niemals! Außerdem: Schieß ruhig. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Und wie willst du Mr. Holmes eine Leiche voller Schrotkugeln erklären?«
    Im nächsten Moment hatte sie Holmes' Pfeife in der Hand und blies mit erstaunlicher Kraft hinein. Der Pfiff bohrte sich schrill in die Stille des Hauses. Ai blickte erschrocken zu ihrem Geliebten hinüber.
    »Jetzt, Watson!«, rief Holmes.
    Ich stieß mit der Schulter gegen die Tür, sie flog auf. Die Webley vorgestreckt, trat ich geduckt in den Raum. Thorndyke richtete eine doppelläufige Flinte auf mich, schoss aber nicht.
    »Keine Bewegung!«, rief ich. »Lassen Sie die Waffe fallen, Thorndyke!«
    »Hören Sie auf Dr. Watson«, ergänzte Holmes, der seine Pistole ebenfalls auf Thorndyke gerichtet hatte.
    Angesichts der beiden Läufe, in die er blickte, kapitulierte Thorndyke und ließ die Waffe sinken.
    »Legen Sie sie auf den Tisch. Aber langsam!«
    Vorsichtig tat Thorndyke, was ich ihm befohlen hatte.
    Mit zwei weiteren schnellen Schritten eroberte ich die Mitte des Zimmers. Nun hatte ich die beiden im Blick und konnte bei Bedarf auch auf Ai zielen. Holmes stand nicht mehr in meiner Schusslinie. Er zog das Gewehr zu sich herüber, legte den Sicherungshebel um und lehnte die Waffe hinter sich an die Wand.
    »Stellen Sie den Pokal hin!«, befahl mein Freund der Chinesin. »Das Spiel ist aus!«
    Ai stellte den Pokal vor sich auf dem runden Tisch ab.
    »Sie wollte mich zwingen, daraus zu trinken!«, rief Mrs. Thorndyke.
    »Gut, dass Sie es nicht getan haben! Sie hätten den Unsichtbaren Tod getrunken, dem auch der arme Vinc erlegen ist.«
    »Den Unsichtbaren Tod ?« Davon hatte ich noch nie gehört!
    »Der Unsichtbare Tod ist eine uralte chinesische Methode, Menschen zu töten. Man mischt feines Glaspulver in eine Schale Suppe oder ein Glas Wasser. Die Glassplitter zerschneiden die Därme. Unsichtbarer Tod wird die Methode genannt, weil das Ende plötzlich und ohne äußere Ursachen eintritt. Es gibt kein Gegenmittel dagegen. Ich ahnte bereits, dass sie in Ihrem Falle angewandt wurde, als Sie, Mrs. Thorndyke, vom Ableben Ihres Hundes berichteten. Das Blut, das aus dem Waidloch ausgetreten war, wie Sie sich in der Jägersprache ausdrückten, war der entscheidende Hinweis. Ganz eindeutig musste Vinc unfreiwillig das Versuchskaninchen spielen, weil diese beiden ausprobieren wollten, ob und wie der Unsichtbare Tod funktioniert. Völlige Gewissheit verschaffte mir dann Ihr Hinweis auf die verschwundene Mokkamühle und die scheinbar versehentlich zerstörten Kristallgläser. Sie haben das Kristall in der Mokkamühle zerkleinert, stimmt's, Thorndyke?«
    »Das war ich!«, rief Ai.
    Holmes überging diese Bemerkung.
    »Es war überhaupt alles Ais Idee!«, schrie Thorndyke.
    Ai verlor die Contenance. »Wie kannst du so etwas behaupten, Roger! Du hast gesagt, wenn die Große Tante nicht bald stirbt, seist du am Ende! Wir mussten etwas tun!«
    »Vielleicht verschieben wir diese Diskussion auf später«, unterbrach Holmes. »Ihr Motiv würde mich aber wirklich interessieren, Thorndyke. Warum sagen Sie, Sie seien ohne die Erbschaft von Ihrer Tante am Ende?«
    »Weil ich Schulden habe, Mr. Holmes. Noch aus meiner Zeit in China. Schulden bei Chinesen. Wissen Sie, was das heißt? Wenn ich gewusst hätte, auf was ich mich einlasse, hätte ich keinen Penny genommen. Ich habe mir Geld geliehen und sie nahmen meinen Verstand als Pfand. Wenn ich nicht zahlen kann, werden sie mich in ein Fass stecken und mir Wasser auf den Kopf tropfen lassen. Alle zehn Minuten einen Tropfen. Stundenlang. Das hält niemand länger als zwei, drei Tage aus. Dann ist er unrettbar dem Wahnsinn verfallen.«
    »Was dafür spricht, bei Kreditbedarf ausschließlich das britische Bankensystem in Anspruch zu nehmen. Vom Juden Shylock bei Shakespeare abgesehen werden in der Regel recht kommode Sicherheiten verlangt.«
    Thorndyke machte eine Geste, die zeigen sollte, wie wenig witzig er das fand.
    »Und Sie, Ai? Warum ließen Sie sich in Roger

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