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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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den Bahnsteig.
    »Zweifellos hat er Mrs. Thorndykes Auftrag nur erfunden. Wahrscheinlich hat ihm jemand anderes aufgetragen, sich von unserer tatsächlichen Abfahrt zu überzeugen. Nun, das wird uns nicht hindern, an der nächsten Station auszusteigen.«
    Während der wenigen Minuten, die die Fahrt dauerte, stellte ich Holmes ein paar Fragen. »Was haben Sie auf Ihre Visitenkarte gekritzelt?«
    »Etwas, was den Abschluss des Falles beschleunigen sollte. Ich wollte ein wenig Druck ausüben und eine gewisse Akzeleration der Ereignisse provozieren.«
    »So, so, Akzeleration. Und warum soll Mrs. Thorndyke nichts essen, was aus Henstiffle Bow Hall stammt?«
    »Die Antwort, mein Lieber, liegt doch klar auf der Hand! Ich fürchte, man will ihr irgendetwas ins Essen geben. Der überraschende Tod ihrer Schwester. Der Tod des Hundes. Das sieht doch eindeutig nach Vergiftung aus.«
    »Aber da wäre noch etwas, das ich nicht verstehe«, wandte ich ein. »Wenn es so einfach ist, sie zu vergiften, was soll dann die Geschichte mit dem Gespenst?«
    »Zweifellos soll Mrs. Thorndyke um den Verstand oder noch besser um ihr Leben gebracht werden, und das möglichst, bevor sie ihr Testament ändern kann. Bleibt vor Schreck ihr Herz stehen, umso besser. Bleibt es nicht stehen, muss man ihrem Ableben nachhelfen. Das wäre die zweitbeste Variante. Möglicherweise musste Vinc auch als unliebsamer Mitwisser sein Hundeleben lassen, weil er das Gespenst zu gut kannte.«
    »Doch wer ist das Gespenst?«, wollte ich wissen.
    »Zumindest eine Person können wir ausschließen: Hsiao Lian. Sie ist physisch nicht in der Lage, das Gespenst zu geben. Obwohl ich sie anfangs in Verdacht hatte.«
    »Aber ...«
    »Wir sind da. Schnell! Ich habe heute Nachmittag telegrafisch ein Transportmittel besorgt.«
    Tatsächlich wartete vor der Bahnstation eine geschlossene Kutsche. Holmes nickte dem Kutscher zu, wir stiegen ein und los ging die Fahrt durch die Nacht. Holmes ließ den Wagen in angemessener Entfernung von Henstiffle Bow Hall halten. Niemand sollte uns kommen sehen.
    »Geben Sie auf sich Acht, Mister«, verabschiedete sich der Kutscher. »Henstiffle Bow Hall ist ein ungesunder Ort. Dort geht die Weiße Frau um. Wer sie sieht, stirbt noch in derselben Nacht! Das wissen alle hier, und das sollten auch Sie wissen!«
    »Wir wissen es. Danke sehr!« Holmes drückte dem Kutscher ein Geldstück in die Hand. Der steckte es ein, legte Zeige-und Mittelfinger zum Gruß an die Mütze und fuhr davon.
    Nach zehnminütigem Fußmarsch waren wir an unserem Ziel. Wir fanden alles so vor, wie wir es mit Mrs. Thorndyke besprochen hatten. Im Westflügel, wo Roger Thorndyke und seine Frau wohnten, waren noch zwei Fenster hell erleuchtet. Der Rest des Hauses lag im Dunkeln. Irgendwo rief ein Käuzchen. Es war unheimlich. Durch die kleine Pforte schlüpften wir ins Haus und schlichen auf Strümpfen die Treppe zu Shipleys Stube hinauf. Gut, dass sie aus Stein, nicht aus Holz war, sonst hätte sie uns womöglich durch ihr Knarren verraten.
    Wir setzten uns auf eine Treppenstufe und warteten. Von unserem Platz aus konnten wir, vor unliebsamen Blicken geschützt, durch das Treppengeländer hindurch den Flur im Auge behalten. Wer von unten die Haupttreppe heraufkam oder vom West-in den Ostflügel wollte oder umgekehrt, musste an uns vorbei. Es dauerte nicht lange und eine Tür im Westtrakt öffnete sich. Gleich darauf erschienen zwei Personen, eine hielt eine Petroleumlampe in den Händen. Das war Roger Thorndyke, der ein Jagdgewehr umgehängt hatte. Neben ihm ging Ai. Sie trug eine Art Kelch in der Hand. Genau unter uns blieben die beiden stehen und sahen sich an.
    »Bringen wir's hinter uns«, sagte Thorndyke.
    »Ich habe Angst. Warum muss das alles sein?«
    »Ich habe es dir oft genug erklärt. Du brauchst keine Angst zu haben. Es hat doch bisher alles hervorragend geklappt. Ich bin doch bei dir!«
    Die beiden küssten sich noch einmal innig, wobei Thorndyke kurz den Arm um Ais Schulter legte.
    Aha! , dachte ich. So ist das also!
    Dann wandten sich die beiden leisen, aber festen Schrittes dem Osttrakt zu. Jetzt wurde die Sache spannend. Sorgsam jedes Geräusch vermeidend, schlichen wir hinterher. Holmes, fast unsichtbar, ging voran, ich folgte, die Hand fest um den Griff meiner Webley gelegt.
    Einige Augenblicke vergingen, bis wir vor dem Schlafzimmer von Mrs. Thorndyke angekommen waren. Die Tür war nur angelehnt, ein schmaler Streifen Licht fiel auf den Flur. Durch den

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