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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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zu spielen, mit dem er eintretende Klienten zu verblüffen pflegte.
    »Ich sehe, Mrs. Thorndyke, Sie haben lange und offensichtlich gerne in China gelebt und sind erst vor kurzem wieder nach England gekommen, wobei Sie – aber hier kann ich mich auch irren – eine chinesische Zofe mitbrachten. Sie kamen wahrscheinlich nach dem Tod Ihres Gatten, der ein hoch gewachsener, kräftiger Mann, ein Jäger und wahrscheinlich Diplomat war, in die Heimat zurück. Mein herzliches Beileid übrigens, zumal Sie offenbar innige Zuneigung mit Ihrem Gatten verband!«
    Wenn er mit seinen Worten die alte Dame verblüfft hatte, ließ sie es sich jedoch nicht anmerken. »Ich danke Ihnen, Mr. Holmes, und ich weiß, was Sie meinen«, antwortete sie gelassen. »Was man über Sie liest, ist offenbar nicht übertrieben!«
    »Ein wenig schon«, antwortete Holmes, mit einem Blick auf mich, den ich fest erwiderte.
    »Ja, mein Eb... mein Ebenezer ging in der Tat leider vergangenes Jahr von mir. Wir waren fünfundvierzig Jahre verheiratet und keinen einzigen Tag getrennt. Aber woher wissen Sie das?«
    »Sie tragen als Zeichen der Trauer über Ihrem eigenen Ehering den Ehering Ihres verstorbenen Gemahls. Er weist einen so großen Durchmesser auf, dass er weder neben noch auf Ihren Ring passt. Sie hätten ihn binnen kurzem verloren. Deshalb hat ein kunstfertiger Goldschmied die beiden Ringe mit einem schmalen Streifen geschwärzten Goldes verbunden. Ganz einfach!«
    Mrs. Thorndyke lächelte erleichtert. »Ja, mein Eb war tatsächlich sehr groß und stattlich. Wenn ich meine beiden Hände nebeneinander in eine seiner Hände legte, bedeckten sie sie nur mit Mühe. Sind so kleine Hände , hat er immer gesagt und zärtlich gelacht. Ach ja!«
    Sie seufzte einen Moment und fixierte schweigend einen Punkt irgendwo weit hinter unseren Rücken. Dann fand sie wieder in das Hier und Jetzt zurück und sprach weiter. »Aber – verzeihen Sie meine Neugier – woher wissen Sie, dass ich erst kürzlich aus China zurückgekehrt bin?«
    »Der Goldene Drache. Ein antikes Schmuckstück aus China!«
    »Wieder richtig! Es ist mehr als zweihundert Jahre alt.« Sie wies auf ihre Brust. »Eb hat es mir zum ersten Hochzeitstag geschenkt. Er war damals erst Attaché, es war seine erste Mission, und unser Sohn Cedric war gerade geboren. Wir hatten damals wirklich unsere schönste Zeit!«
    »Woran ich nicht zweifle, Mrs. Thorndyke. Aber der Kopf des Drachen wurde beschädigt. Es wurde einige Mühe darauf verwendet, ihn wieder auszubessern, aber einige hässliche Spuren des Schadens blieben dennoch zurück. Sie fallen dem aufmerksamen Betrachter sofort ins Auge, denn die Oberfläche reflektiert das Licht nicht so wie der ursprüngliche Teil des Metalls. Sie würden dieses Schmuckstück möglicherweise nicht mehr tragen, hätte es für Sie nicht einen so hohen ideellen Wert!«
    Holmes legte die Fingerspitzen aufeinander, weidete sich an der Überraschung unserer Klientin und fuhr dann fort. »Auch steht die zweifelsohne wertvolle, aber doch beschädigte Arbeit in augenfälligem Kontrast zu Ihrer Kleidung und Ihren Schuhen, die gepflegt und tadellos in Ordnung gehalten sind. Ich finde keinerlei Spuren der Vernachlässigung daran, und Materialien sowie die Machart sind von höchster Qualität. Dies beweist mir um ein weiteres Mal den Wert, den die Brosche trotz der Beschädigung für Sie besitzt.
    Dass Ihr Gatte Jäger war, zeigt Ihr Halsschmuck aus Grandeln, von einem Hirsch, wenn ich nicht irre. Solche Zähne kauft man nicht im Geschäft, das trägt nur die Gattin desjenigen, der das Wild selbst erlegt hat. Und dass Ihr Gatte dem Königreich als Diplomat diente, konnte ich bereits bei Ihrem Eintreten erkennen. Sie verbeugten sich nicht wie eine Europäerin, sondern auf chinesische Weise, tief und innehaltend, bis Dr. Watson Sie mit einer Handbewegung zum Eintreten aufforderte. Die asiatische Höflichkeit ist Ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Daran erkennt selbst der Laie Ihre jahrelange Übung auf dem glatten diplomatischen Parkett. Wäre Ihr Mann Offizier gewesen, hätten Sie kaum Kontakt mit Einheimischen gehabt, die meiste Zeit unter den anderen Offiziersfrauen verbracht und so eher Ihre europäischen Verhaltensweisen beibehalten. Auch Ihre Frisur entspricht nicht ganz der derzeitigen britischen Mode. Sie ist vielmehr ein Nebeneinander von Stilen, in dem die asiatische Komponente noch überwiegt.
    Aus diesem Grunde wagte ich auf eine chinesische Zofe zu schließen,

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