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Shevchenko, A.K.

Shevchenko, A.K.

Titel: Shevchenko, A.K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein fatales Erbe
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Familienangelegenheit sprechen. Es ist streng
vertraulich ... Ihre Kanzlei ist für ihr diskretes und geradliniges Vorgehen
bekannt. Ich bin sicher, dass ich darauf zählen kann, Miss Fletcher?« Er macht
eine Pause, wartet auf Bestätigung.
    »Natürlich. Wir können das hier in der Rezeption
besprechen, es ist niemand da.« Sie weist auf den cremefarbenen Sessel, den er
einen Moment zuvor verlassen hat.
    Miss Fletcher ist nicht gerade ein Augenschmaus. Eher eine
graue Maus: das Kostüm, die Haarfarbe, der Teint. Für seinen nächsten Besuch
sollte er sich bei Amy nach dem Nachnamen dieser anderen Anwältin - Kate,
nicht wahr? - erkundigen. Falls ein nächster Besuch nötig sein würde ...
    Miss Fletcher sieht Taras nicht an, sondern betrachtet irgendetwas
oberhalb seines Kopfes. »Dieser blauweiße Kunstdruck neben der Uhr - ist der
neu? Ich bemerke ihn zum ersten Mal.« Und an Amy gewandt: »Wer hat denn den
ausgesucht? Er ist potthässlich. Entspricht überhaupt nicht dem professionellen
Image, das wir vermitteln wollen.« Sie marschiert zur gegenüberliegenden Ecke
und lässt Amy keine Chance, zu reagieren. Taras betrachtet den Druck im
Vorbeigehen genauer: sehr impressionistisch, ein verschwommenes Bild, das aus
Myriaden weißer und blauer Punkte besteht. Für Miss Fletcher offenbar nicht
präzis genug. Ihre Waffe ist Klarheit.
    Sie setzen sich in die Ecke, wobei Miss Fletcher zum
Fenster schaut, Taras hingegen sie und das Bild im Blick hat. Er nimmt den
Faden dort wieder auf, wo sie das Gespräch abgebrochen hat. »Wie ich schon
sagte, handelt es sich um eine sehr heikle, vertrauliche Angelegenheit. Mein
Urgroßvater ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Polen geflohen. Es war für
mein Land eine schwierige Zeit, doch er hat es geschafft, seine Brauereien zu
verkaufen und das Geld in London zu deponieren. Der Titel wurde der Familie
zurückgegeben, aber die Brauereien müssen wir vom Staat zurückkaufen. Die
Familie hat entschieden, das in London deponierte Geld dafür zu verwenden. Wir
müssen wissen, wie wir das Erbe einfordern können und wie rasch wir das Geld
erhalten könnten.«
    »Das ist nicht so einfach, Mr Woischi...« Miss Fletcher
kapituliert. »Das ist nicht so einfach, Baron.« Aber dann scheint sie es doch
ganz einfach zu finden. Taras braucht kaum noch Fragen zu stellen. Miss
Fletcher segelt in vertrauten Gewässern: Die Welt der Gesetze ist ihre
Realität. Um ihre Kommunikationsfähigkeit scheint es allerdings weniger gut
bestellt. Eine Stunde später gelingt es Taras, zu entkommen, mit allen Fakten,
die er benötigt, ohne ihr jedoch seinerseits weitere Informationen zu geben
oder seine Kontaktdaten zu hinterlassen.
    Taras verlässt Lincoln's Inn und schlendert zur
U-Bahn-Station Embankment hinunter, um die Überfülle von Informationen zu
verarbeiten. Er nimmt Anblick und Geräusche des vielbefahrenen Flusses in sich
auf und achtet gar nicht mehr auf den anderen Strom, den stinkenden,
aggressiven, stockenden Verkehrsstrom zu seiner Linken.
    Die Wolken, erschöpft vom Kampf um einen Platz am Londoner
Himmel, haben sich für einen Moment zurückgezogen und geben der Sonne eine
Chance. Welch ein Chamäleon von einer Stadt, denkt Taras: die Gebäude, deren
Farbe sich unter den raren Sonnenstrahlen von Grau zu Gelb verwandelt, und
dazwischengesprenkelt, wie die Zeichnung einer Eidechse, die grünen Flecken der
Plätze und Parks. Auch der Rhythmus verändert sich: Langsam und gemächlich in
der Umgebung der Clubs und Galerien von St. James, beschleunigt er sich zum
regelmäßigen, strengen Pulsschlag der City und hämmert in einem
aufgepeitschten Techno-Spin um die Nightclubs von Soho.
    Taras' Gewohnheit, fiktive Identitäten anzunehmen, passt
zur Stimmung dieser sich ständig verändernden Stadt. Er hat den erfundenen
Namen genossen, die Kleidung des Barons. Stundenlang musste er diesen
polnischen Akzent trainieren. Er agierte strikt gemäß den Einsatzvorschriften:
Lokalisierung des Orts, Erkundung des zeitlichen Rahmens - und das alles, ohne
seine operativen Ziele preiszugeben.
    Er kam gut vorbereitet: Karpow hat ihm eine Liste mit
Anwaltskanzleien mitgegeben, die in Osteuropa tätig sind. Taras hat stundenlang
den Londoner Stadtplan studiert und sich die detaillierte Beschreibung
verschiedener Kanzleien angesehen, bevor er sich für eine davon entschied.
Bekannt, aber nicht zu protzig. Buchstäblich Mittelmaß, mit Büros in der Mitte
des Viertels. Taras denkt über die Informationen nach, mit

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