Sheylah und die Zwillingsschluessel
von allen am meisten. „Danke, Djego, Ihr könnt nun gehen“, sagte der Graf und wedelte mit der Hand. „Nein, ich möchte, dass er bleibt“, widersprach Sheylah. Der Graf sah sie verdutzt an, offensichtlich nicht gewohnt, dass man sich ihm widersetzte. Sheylah wollte nicht gegen ihn rebellieren, aber sie wusste nun, dass sie ihm ebenbürtig war und das wollte sie sich zunutze machen. Der Graf sah sie einen Moment an, dann sagte er: „Nun, wenn Euch mit der Anwesenheit von Sir Gronwald besser zumute ist, meinetwegen.“ Sheylah lächelte Djego zu und setzte sich. Als sie wieder zum Grafen sah, verschwand ihr Lächeln allerdings. Er seufzte und wirkte dabei unendlich müde. „Liebste Sheylah, was soll ich nur mit dir machen?“ Jetzt klang er enttäuscht. „Als wir hörten, dass du das Schloss mit einer Dienerin verlassen hast, haben wir uns große Sorgen gemacht. Wir dachten, man hätte dich entführt und dass die Skintii dahinter stecken. Du bist von allergrößter Wichtigkeit für uns. Versteh doch, dass das Wohlergehen unseres gesamten Königreiches von dir abhängt. Wir können einfach nicht riskieren, dich zu verlieren, das musst du begreifen“, sprach er. Er klang nicht wütend, aber bestimmt. „Es tut mir leid“, entschuldigte sich Sheylah und meinte es auch so. „Es wird nicht wieder vorkommen“, versprach sie. „Ich weiß, denn von nun an wirst du im Schloss bleiben und dieses nur noch mit deiner Leibgarde verlassen.“ Sheylah traute ihren Ohren nicht. „Dann bin ich jetzt sowas wie eure Gefangene?“ Sie sah ja ein, dass ihr Verhalten unüberlegt und waghalsig gewesen war, aber deswegen hatte er noch lange kein Recht, sie einzusperren. „Meine Liebe, auch wenn du es jetzt noch nicht verstehen magst und du diese Maßnahme als Strafe ansiehst, es ist nur zu deinem Besten.“ „Ja sicher“, ächzte sie. „Sheylah“, ermahnte sie Djego. Sie warf ihm einen giftigen Blick zu. Er war ja nicht betroffen, er hatte gut reden. „Eine Prinzessin, eingesperrt in einem goldenen Käfig. Was werden die Menschen davon halten?“, fragte sie bitter. „Sie werden es nie erfahren, außerdem ist es ja nicht für ewig. Nur solange, bis du – wie soll ich sagen – wieder mit deinem Wesen im Reinen bist und dich deiner Pflichten bewusst wirst. Übrigens habe ich erst kürzlich einen wunderschönen Garten anlegen lassen, du kannst ihn besuchen, wann immer es dir beliebt“, verkündete der Graf feierlich. Er wartete offenbar auf eine Antwort, doch die bekam er nicht. Sheylah schaute ihn nur an. Schließlich räusperte er sich und wies auf Aros, zu seiner Linken. „Sicherlich fragst du dich, weshalb ich Aros zu unserem Gespräch dazu gebeten habe. Er ist hier, um dich in die Legenden und Geheimnisse des alten Königreiches einzuweisen.
Du wirst alles über deine Herkunft erfahren und wie du unseren Feinden die Stirn bieten kannst. Morgen früh werde ich Djego zu dir schicken, er wird dich zu Aros geleiten.“ Aros schenkte Sheylah ein Lächeln, doch sie konnte es nicht erwidern, sie war wütend. Man behandelte sie wie ein Kind und verschwieg ihr wichtige Dinge. Im Gegenzug sollte sie den Menschen auch noch helfen! Doch sie sprach nichts dergleichen aus, sondern erhob sich unaufgefordert. „Eine Frage noch, du weißt nicht zufällig, wo sich das Dienstmädchen Neela derzeit befindet?“, fragte Aresto und erhob sich ebenfalls. „Keinen blassen Schimmer“, antwortete Sheylah, ohne sich die Mühe zu machen, dem Zeitalter entsprechend zu antworten. „Ich glaube, das bedeutet so viel wie ‚Nein‘“, warf Djego ein, als er den ratlosen Blick des Grafen bemerkte. „Soso, nun denn, Ihr dürft gehen“, sprach er und wedelte müde mit der Hand. Sie verließen den Saal und als Djego die Tür hinter sich geschlossen hatte, herrschte er Sheylah an. „Das war nicht notwendig.“ Diese gab sich ahnungslos. „Was meinst du?“ Djego schnaubte ärgerlich. „Du weißt genau, was ich meine. Deine offene Kampfansage gegenüber dem Grafen.“ „Das war doch keine Kampfansage, ich wollte ihm lediglich klar machen, dass ich mich nicht herumkommandieren lasse. Das hätte ich auch getan, wenn ich keine Prinzessin gewesen wäre.“ „Sieh mal, für Aresto ist es auch nicht leicht, mit der Situation umzugehen. Er hat viele Jahre geherrscht und für unser Land gekämpft und plötzlich taucht eine Prinzessin auf, die noch nicht mal als solche aufgewachsen ist und keinen Schimmer von unseren Sitten und unserer Politik
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