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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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die Winde, Seiltrommeln, Feldtelefone, das Dreibein und anderes mehr sowie Lebensmittel – in die Berge hinaufschafften.
    Le Cagot tat diese Probleme verächtlich ab und erinnerte Hel daran, dass das Schmuggeln von Konterbande über die Berge eine traditionelle Beschäftigung der Souletin-Basken war.
    »Wusstest du, dass wir einmal ein Klavier von Spanien herübergebracht haben?«
    »Ich habe davon gehört. Wie habt ihr das bloß gemacht?«
    »Aha! Das würden die Flachhüte wohl gern wissen! Eigentlich war es ziemlich einfach. Wieder mal ein unüberwindliches Problem, das sich angesichts baskischer Erfindungsgabe in Luft auflöste.«
    Hel nickte schicksalsergeben. Sinnlos, dieser Geschichte jetzt ausweichen zu wollen, denn die verschiedenen Beweise für die Überlegenheit der Basken über andere Völker bildeten das Lieblingsthema von Le Cagots Monologen.
    »Weil du, Niko, trotz deines fürchterlichen Akzents so was Ähnliches wie ein Ehrenbaske bist, werde ich dir also erklären, wie wir das Klavier rübergeschafft haben. Aber du musst mir dein Ehrenwort geben, dieses Geheimnis bis ins Grab zu bewahren. Versprichst du mir das?«
    »Wie bitte?« Hel war mit den Gedanken woanders gewesen.
    »Ich akzeptiere dein Versprechen. Wir haben es folgendermaßen gemacht: Wir haben das Klavier Ton um Ton rübergetragen. Es waren achtundachtzig Touren. Der Bursche, der das mittlere C trug, stolperte und verbeulte es, und darum hat dieses Klavier bis auf den heutigen Tag zwei H nebeneinander. Und das ist die reine, heilige Wahrheit. Das schwöre ich dir bei den unrettbaren Eiern des Sankt Judas! Warum sollte ich dich belügen?«
    Sie brauchten zweieinhalb Tage, um alle Gerätschaften zum gouffre hinaufzubringen, einen Tag, um alles aufzubauen und zu testen, dann begann die Arbeit des Erkundens. Hel und Le Cagot stiegen abwechselnd in den Schacht, räumten das Geröll von den schmalen Simsen, schlugen scharfe Kanten ab, die das Seil zu beschädigen drohten, und durchstießen die dreieckigen Gesteinsblöcke, die den Schacht versperrten. Dabei konnte sich jeder dieser Blöcke als zu festgerammt erweisen, um durchstoßen zu werden, konnte sich jeder von ihnen als die Spitze des alles verstopfenden Geröllkegels entpuppen – und ihre Entdeckungsexpedition hätte ein unrühmliches Ende gefunden.
    Wie sich herausstellte, verlief der Schacht nicht senkrecht nach unten, sondern bildete eine Art Schraube, in der sich das Seil so stark verdrehte, dass sie jedes Mal, wenn sie an ein Stück freien Falls kamen, zuallererst ihr ganzes Gewicht an das Seil hängen und sich dem schwindelerregenden Drehen überlassen mussten, erst in die eine Richtung, dann in die andere und so fort, was notwendig war, um das Seil wieder glatt zu bekommen. Und nicht nur Blöcke mussten sie beseitigen und Geröll von den Simsen fegen, sondern oft genug auch, vor allem in Engpässen, am gewachsenen Fels herumklopfen, um für das Seil eine wenigstens einigermaßen freie Bahn zu schaffen, damit es herabgelassen werden konnte. Sollte es irgendwo über scharfe Steinkanten scheuern, wäre es früher oder später zu stark beschädigt worden, und es war ohnehin schon besonders dünn: seine Belastungsgrenze war schon zur Hälfte erreicht, wenn Le Cagot mit seinen zweiundachtzig Kilo und einem gefüllten Behälter daran hing. Beim Konstruieren der Pedalwinde hatte Hel absichtlich das leichteste Seil gewählt – aus zwei Gründen: wegen der Flexibilität in den Korkenzieherpassagen und wegen des Eigengewichts. Nicht das Gewicht der Seiltrommeln verursachte ihm Kopfzerbrechen; seine eigentliche Sorge galt dem Gewicht des abgespulten Seils. Wenn man drei- bis vierhundert Meter tief unten hing, verdreifachte das Eigengewicht des Seils die Arbeitslast der Männer an der Winde.
    Da es im Schacht immer stockdunkel war, verloren sie bald jedes Zeitgefühl und stellten beim Herauskommen häufig verwundert fest, dass es bereits Abend war. Jeder von ihnen arbeitete, solange die Kräfte reichten, um möglichst wenig Zeit mit dem Heraufholen des einen und dem Hinablassen des anderen zu verschwenden. Es gab erregende Momente, wenn eine Verstopfung endlich brach und zehn Meter offenen Schachts freigab; dann brachen sie beide in Jubel aus, der Mann am unteren Seilende und der andere oben am Telefonkopfhörer. Ein anderes Mal wiederum gelang es zwar, eine Blockade zu beseitigen, doch die Gesteinstrümmer fielen nur ein bis zwei Meter tief auf die nächste Barriere hinab und verstärkten

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