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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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muskulösen jungen Männer aus Paris oder von der Côte d’Azur, genoss ihn aber hauptsächlich als Objekt physischer Schönheit: ein Spielzeug.
    Sie fuhren die gewundene Talstraße entlang, die schon in die Schatten des sinkenden Abends getaucht war. Die Berge, die zu ihrer Linken schroff emporragten, wirkten wie gesichtslose geometrische Formen, während die zu ihrer Rechten von den horizontalen Strahlen der untergehenden Sonne rosig und bernsteingelb gefärbt wurden. Als sie aus Etchebar abfuhren, hatte Hannah begeistert von ihrem schönen Spaziergang mit Le Cagot erzählt, der sie durch die verlassenen Dörfer des Hochlands geführt hatte, wo ihr auffiel, dass die abwandernden Bauern von jeder Kirchturmuhr die Zeiger entfernt hatten. Le Cagot erklärte ihr, die Leute hätten es für unerlässlich gehalten, die Uhrzeiger zu demontieren, weil ja niemand mehr da war, der die Uhren aufziehen konnte, und man durfte doch nicht zulassen, dass Gottes Uhren falsch gingen. Diese Strenge des primitiven baskischen Katholizismus drückte sich auch in einem Memento mori am Turm einer der verlassenen Kirchen aus: »Jede Stunde verwundet, die letzte tötet.«
    Jetzt war sie schweigsam, eingeschüchtert von der einsamen Schönheit der Berge, die so schroff aus dem engen Tal emporstiegen, dass sie überzuhängen schienen. Zweimal runzelte Hel die Stirn, warf ihr einen flüchtigen Blick zu und stellte fest, dass ihr Ausdruck sanft und ihr Mund zu einem stillen Lächeln verzogen war. Die Alphadisposition ihrer Aura, ganz und gar ungewöhnlich und unerwartet bei einem Menschen, den er als naseweises Nichts eingestuft hatte, zog ihn an und überraschte ihn. Es waren Schwingungen der Ruhe und des inneren Friedens. Er wollte sie gerade nach ihrem Entschluss hinsichtlich der Septembristen fragen, als seine Aufmerksamkeit von einem Wagen abgelenkt wurde, der ihnen nun mit Standlicht folgte und immer mehr aufholte. Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf, Diamond oder seine Lakaien von der französischen Polizei könnten erfahren haben, dass er das Mädchen in ein sicheres Versteck bringen wollte, und seine Hände packten das Lenkrad fester, während er sich die Einzelheiten der Straße einprägte und überlegte, wo er den Wagen zum Überholen zwingen und ihn dann in den Abgrund drängen konnte, der sich links neben ihnen entlangzog. Er hatte einen ausführlichen Lehrgang im offensiven Fahren mitgemacht und fuhr seither wegen solcher Notfälle wie diesem hier nur noch so schwere Wagen wie seinen verdammten Volvo.
    Die Straße verlief nie geradeaus, sondern folgte in Windungen und Kurven dem Verlauf der Schlucht. Es gab keine Möglichkeit zum ungefährdeten Überholen, doch das würde französische Autofahrer, die ja für ihre pubertäre Überholsucht weithin berüchtigt sind, natürlich nicht stören. Der Wagen hinter ihnen rückte immer näher, bis er nur mehr einen knappen Meter von Hels Stoßstange entfernt war. Der Fahrer blendete auf und drückte ununterbrochen auf die Hupe, und in einer engen, unübersichtlichen Kurve raste er schließlich an ihnen vorbei.
    Hel entspannte sich erleichtert und verlangsamte das Tempo, um ihn ungefährdet vorbeizulassen. Das Hupen und Aufblenden verrieten ihm, dass es sich nicht um einen Mordversuch handelte. Kein Profi würde einen Überfall so unbedacht ankündigen. Ihr Verfolger war nichts weiter als ein kindischer französischer Autofahrer.
    Väterlich tadelnd schüttelte Hel den Kopf, als der PS -schwache Peugeot beim Überholmanöver den Motor quälte; die Handknöchel des jungen Fahrers leuchteten schneeweiß am Lenkrad, und seine Augen schienen vor Anstrengung, den Wagen auf der Straße zu halten, beinahe aus ihren Höhlen zu quellen.
    Im Lauf der Zeit hatte Hel die Erfahrung gemacht, dass nur ältere nordamerikanische Autofahrer dank der großen Entfernungen, die sie gewohnheitsmäßig auf guten Straßen und mit starken Motoren zurücklegen, gegen das Auto als Spielzeug und Männlichkeitssymbol gefeit sind. Die infantile Rücksichtslosigkeit der französischen Fahrer ärgerte ihn zwar ziemlich oft, aber doch nicht so sehr wie die der Italiener, die ihr Auto als Verlängerung des Penis, oder die der Briten, die es als Ersatz dafür benutzen.
    Als sie das Tal durchquert hatten, ging es auf einer ungepflasterten Straße, die sich wand wie eine Schlange im Todeskampf, ungefähr eine halbe Stunde in Richtung auf die Berge von Larun steil empor. Einige der Haarnadelkurven waren zu eng für den

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