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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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großspurigen Deutschen, die opportunistischen Amerikaner – sie alle sind fort. Shanghai befindet sich in der Gewalt der Japaner.
    General Kishikawa sinniert über die unheimliche Ähnlichkeit zwischen dem jungen Mann ihm gegenüber und dessen Mutter: beinahe, als hätte Alexandra Iwanowna ihren Sohn durch Parthenogenese hervorgebracht – ein Kunststück, das jeder, der ihre überwältigende gesellschaftliche Glanzzeit erlebt hatte, ihr durchaus zugetraut hätte. Der junge Mann besitzt das gleiche kantige Kinn wie sie, die gleiche breite Stirn, die gleichen hohen Wangenknochen und die gleiche aristokratische Nase, der jener Fluch mancher slawischen Gesichtszüge, dem Gesprächspartner das Gefühl zu verleihen, er blickte in die Zwillingsmündung einer Schrotflinte, erspart geblieben ist. Faszinierender als alles Übrige jedoch findet Kishikawa-san den Vergleich zwischen den Augen des Jungen und denen der Mutter. Da sind Ähnlichkeiten und Kontraste. Äußerlich gleichen sich beider Augen genau: sie sind groß, tiefliegend und von jenem erstaunlichen Flaschengrün, das der Familie der Gräfin eigen ist. Die krassen Gegensätze der Persönlichkeiten von Mutter und Sohn jedoch manifestieren sich in der Bestimmtheit und Intensität, der Weichheit und Härte der Blicke aus diesen smaragdgrünen Augen. Während der Blick der Mutter bezauberte, ist der des Sohnes kühl. Während die Mutter ihre Augen benutzte, um Menschen zu fesseln, gebraucht der Junge die seinen, um sie zu übersehen. Was in ihrem Blick Koketterie war, ist in dem seinen Arroganz. Das Licht, das aus ihren Augen strahlte, ist in den seinen still und nach innen gekehrt. Ihre Augen verrieten Humor; die seinen Geist. Sie bezauberte; er beunruhigte.
    Alexandra Iwanowna war eine Egozentrikerin; Nikolai ist ein Egoist.
    Obwohl der asiatisch geprägte Blick des Generals es nicht wahrnimmt, sieht Nikolai nach westlichen Kriterien sehr jung für seine fünfzehn Jahre aus. Nur die Kälte seiner allzu grünen Augen und ein energischer Zug um den Mund verhindern, dass sein Gesicht für einen Mann zu zart, zu fein geschnitten wirkt. Ein gewisses Unbehagen über seine auffallende Schönheit veranlasste Nikolai, sich von klein auf mit den härtesten Kampfsportarten zu befassen. Er übte sich im klassischen, eher altmodischen Jiu-Jitsu und spielte im internationalen Team gegen die Söhne der britischen taipans Rugby mit einer Wildheit, die an Brutalität grenzte. Obwohl Nikolai um das steife Ritual von Fair play und Sportsgeist wusste, mit dem sich die Briten vor einer ernsthaften Niederlage schützen, zog er den Sieg dem Trost, mit Anstand verlieren zu können, entschieden vor. Im Grunde jedoch lagen ihm Mannschaftssportarten nicht, und er gewann oder verlor lieber aufgrund seiner eigenen Geschicklichkeit und Härte. Und seine emotionale Härte war so groß, dass er eigentlich immer gewann – mit schierer Willenskraft.
    Alexandra Iwanowna gewann ebenfalls praktisch immer, aber nicht mit Willenskraft, sondern aus angestammtem Recht. Als sie im Herbst 1922 mit einer erstaunlichen Menge Gepäck, doch offensichtlich mittellos in Shanghai auftauchte, verließ sie sich darauf, dass ihr früherer gesellschaftlicher Rang in St. Petersburg ihr eine führende Stellung in der wachsenden Gemeinde vertriebener Weißrussen sichern werde – die von den herrschenden Briten nicht etwa deshalb so genannt wurden, weil sie aus Weißrussland kamen, sondern weil sie eindeutig keine »Roten« waren. Unverzüglich schuf sie sich einen Hofstaat von Bewunderern, zu denen die interessantesten Männer der Kolonie gehörten. Um Alexandra Iwanownas Interesse zu erregen, musste man reich, gut aussehend oder geistreich sein; und es war die größte Enttäuschung ihres Lebens, dass sie nur höchst selten zwei dieser Eigenschaften in einem Mann vereint fand, und alle drei in keinem einzigen.
    In ihrem engeren Kreis gab es außer ihr keine Frauen, denn die Gräfin fand Frauen langweilig und hielt sie außerdem für überflüssig, da sie allein den Verstand und die Aufmerksamkeit von einem Dutzend Männern auf einmal zu beschäftigen vermochte und für eine Soirée-Atmosphäre sorgte, die geistreich, flott und um genau die richtige Spur risqué war. Aus Rache erklärten die unerwünschten Damen der internationalen Kolonie, dass nichts auf der Welt sie dazu bringen könnte, sich mit der Gräfin in der Öffentlichkeit sehen zu lassen, und wünschten nichts sehnlicher, als dass ihre Ehemänner und

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