Shibumi: Thriller (German Edition)
Imperialismus und Humanismus kennen.
Und bei Nacht hatte er seinen Platz neben der Mutter, bei der die erfolgreichsten Männer zu Gast waren, die Shanghai beherrschten und es von ihren Clubs und Handelshäusern am Bund aus ausbluten ließen. Was die meisten dieser Männer bei Nikolai für Schüchternheit und die klügsten unter ihnen für Zurückhaltung hielten, war in Wirklichkeit eiskalter Hass auf Kaufleute und Kaufmannsmentalität.
Die Zeit verging; Alexandra Iwanownas sorgfältig angelegte und von Experten verwaltete Investitionen gediehen, während der Rhythmus ihres Gesellschaftslebens sich ein wenig verlangsamte. Sie selbst wurde allmählich bequemer, träger, üppiger; doch ihr Feuer und ihre Schönheit reiften dabei, statt dahinzuwelken, denn sie hatte jenen Familienzug geerbt, dank dessen ihre Mutter und ihre Tanten noch wie Dreißigerinnen aussahen, als sie die fünfzig längst überschritten hatten. Ehemalige Liebhaber wurden zu guten Freunden, und das Leben in der Avenue Joffre wurde ruhiger.
Alexandra Iwanowna bekam jetzt bisweilen kleine Ohnmachtsanfälle, aber sie kümmerte sich nicht weiter darum, sondern akzeptierte die zuweilen willkommenen Schwächeanwandlungen als wesentliches Element im Flirtrepertoire einer Dame von Stand. Als ein Arzt ihres Zirkels, der schon seit Jahren darauf bestand, sie einmal gründlich zu untersuchen, die Anfälle auf ihr schwaches Herz zurückführte, machte sie dieser physischen Belästigung, wie sie es empfand, eine symbolische Konzession und reduzierte ihre Empfangstage auf einen pro Woche; darüber hinaus aber nahm sie keinerlei Rücksicht auf ihren Körper.
»… und man behauptet, junger Mann, ich hätte ein schwaches Herz. Das ist im Wesentlichen eine gefühlsbedingte Schwäche, und du musst mir versprechen, sie nicht allzu sehr auszunutzen. Außerdem musst du mir versprechen, dir einen besseren Schneider zu suchen. Nein, dieser Anzug!«
Am 7. Juli 1937 berichtete die North China Daily News , dass an der Marco-Polo-Brücke bei Peking Schüsse zwischen Japanern und Chinesen gefallen seien. Unten, am Bund Nr. 3 im Shanghai-Club, waren sich die britischen taipans darüber einig, dass diese neueste Entwicklung in dem unsinnigen Kampf zwischen den Asiaten außer Kontrolle geraten könnte, wenn man sie nicht unverzüglich in die Hand nähme. Sie ließen Generalissimus Chiang Kai-shek wissen, dass sie es begrüßen würden, wenn er im Eilmarsch nach Norden zöge und die Japaner entlang einer Front bekämpfte, die ihre Handelshäuser vor diesem verdammt lästigen Krieg bewahren würde.
Der Generalissimus jedoch beschloss, die Japaner bei Shanghai zu erwarten – in der Hoffnung, das Ausland werde zu seinen Gunsten intervenieren, sobald die internationale Kolonie gefährdet sei.
Als das nicht klappte, begann er mit einer systematischen Belästigung der japanischen Firmen und Zivilisten in Shanghai, die zum Eklat führte, als Lieutenant Isao Oyama und sein Fahrer, Vollmatrose Yozo Saito, die am Abend des 9. August um halb sieben mit ihrem Wagen die Stadt verließen, um japanische Baumwollspinnereien zu inspizieren, von chinesischen Soldaten angehalten wurden.
Man fand sie neben der Monument Road, von Kugeln durchsiebt und genital verstümmelt.
Zur Vergeltung fuhren japanische Kriegsschiffe den Huangho hinauf. Tausend japanische Soldaten landeten, um ihre Handelsniederlassung in Chapei am anderen Ufer des Sutschou zu schützen. Sie wurden von zehntausend chinesischen Elitesoldaten empfangen, die sich hinter Barrikaden eingegraben hatten.
Der Aufschrei der vom Wohlleben verwöhnten britischen taipans wurde unterstützt durch die schriftliche Forderung der europäischen und amerikanischen Botschafter in Nanking und Tokio, Shanghai aus der Kampfzone auszuklammern. Die Japaner gaben diesem Drängen nach, unter der Bedingung, dass die chinesischen Streitkräfte sich ebenfalls aus der entmilitarisierten Zone zurückzögen.
Am 12. August jedoch kappten die Chinesen sämtliche Telefonleitungen des japanischen Konsulats und der japanischen Handelsfirmen. Am folgenden Tag, Freitag, den 13., traf die chinesische achtundachtzigste Division auf dem Nordbahnhof ein und blockierte alle aus der Kolonie herausführenden Straßen. Sie wollten einen möglichst großen Puffer aus Zivilisten zwischen sich und die zahlenmäßig weit unterlegenen Japaner bringen.
Am 14. August flogen chinesische Piloten in von Amerikanern gebauten Northrops Shanghai an. Eine Sprengbombe durchschlug
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