Shibumi: Thriller (German Edition)
Sessel zurückgelehnt und betrachtete die Zimmerdecke, während er überlegte, wie er dieses Problem so aufs Tapet bringen konnte, dass die Schuld nicht ganz und gar auf seiner Seite zu liegen schien. »Na schön«, begann er, »zuerst die Vorgeschichte. Nach dem Patzer bei der Münchner Olympiade bekamen wir Ihre Zusage, dass Sie die PLO unter Kontrolle behalten und in Zukunft eine derart schlechte Presse verhindern würden.«
Mr. Able seufzte tief auf. Nun, wenigstens hatte Diamond nicht mit der Flucht der Kinder Israels durchs Rote Meer begonnen.
»Als kleines Trostpflaster für die Palästinenser«, fuhr Diamond fort, »haben wir dafür gesorgt, dass Wie-heißt-er-noch-gleich vor der UNO auftreten und seine albernen Drohungen gegen die Juden vorbringen durfte. Trotz all Ihrer Versprechungen entdeckten wir jedoch kürzlich, dass eine Zelle des Schwarzen September – darunter zwei der am Münchner Überfall Beteiligten – Ihre Erlaubnis für eine idiotische Flugzeugentführung in Heathrow erhalten hatte.«
Mr. Able zuckte die Achseln. »Die Absichten müssen sich immer den Umständen anpassen. Ich schulde Ihnen keineswegs Erklärungen für alles, was wir tun. Es muss Ihnen genügen, wenn ich sage, dass dieses jüngste Blutbad der Preis dafür war, dass sie abwarten, bis der amerikanische Druck Israels Verteidigungspotenzial schwächt.«
»Und wir haben dem zugestimmt. Als passive Hilfe habe ich die CIA angewiesen, sich jeglicher Gegenaktionen gegen den Schwarzen September zu enthalten. Wahrscheinlich war der Befehl überflüssig, da die traditionelle Unfähigkeit dieser Organisation jede eventuelle Handlung ihrerseits ohnehin wirksam neutralisiert hätte.«
Der Deputy räusperte sich, um zu protestieren, aber Diamond brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen und fuhr fort: »Wir sind sogar einen Schritt über die passive Unterstützung hinausgegangen. Als wir erfuhren, dass eine kleine inoffizielle Gruppe von Israelis den Verantwortlichen für das Olympiaattentat auf der Spur war, beschlossen wir, mit einem Präventivschlag einzugreifen. Der Anführer dieser Gruppe war ein gewisser Asa Stern, ein ehemaliger Politiker, dessen Sohn zu den in München getöteten Sportlern gehörte. Da wir wussten, dass Stern unheilbar an Krebs erkrankt war – er starb vor zwei Wochen – und dass seine kleine Gruppe nur aus einer Handvoll idealistischer junger Amateure bestand, nahmen wir an, die vereinten Kräfte Ihres arabischen Geheimdienstes und unserer CIA würden genügen, sie auszulöschen.«
»Und sie genügten nicht?«
»Nein, sie genügten nicht. Diese beiden Herren hier am Tisch waren für das Unternehmen verantwortlich, obwohl der Araber in Wirklichkeit kaum mehr war als ein Agent in der Ausbildung. Durch eine sehr blutige Aktion in aller Öffentlichkeit ist es ihnen gelungen, zwei von drei Mitgliedern der Stern-Gruppe zu eliminieren – zusammen mit sieben Unbeteiligten. Das dritte Mitglied jedoch, ein junges Mädchen namens Hannah Stern, die Nichte des verstorbenen Anführers, ist entkommen.«
Mr. Able seufzte und schloss die Augen. Konnte in diesem Land mit seiner schwerfälligen Regierungsform denn niemals etwas einwandfrei klappen? Wann würden diese Leute endlich einsehen, dass die Welt sich in einer postdemokratischen Ära befand? »Sie sagten, ein junges Mädchen sei bei diesem Präventivschlag entkommen? Das kann doch nicht allzu tragisch sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau ganz allein nach London fliegt und auf eigene Faust sechs bestens trainierte und erfahrene palästinensische Terroristen umbringt, die nicht nur den Schutz Ihrer und meiner Organisation genießen, sondern dank Ihrer Fürsprache auch den der britischen MI -5 und MI -6. Der Gedanke ist einfach lächerlich!«
»Gewiss, das wäre lächerlich. Aber Miss Stern fliegt gar nicht nach London. Wir wissen ziemlich genau, dass sie nach Frankreich geflogen ist. Außerdem haben wir Grund zu der Annahme, dass sie sich jetzt oder binnen kurzem mit einem gewissen Nikolai Hel in Verbindung setzen wird, einem Mann mit violetter Karte, der durchaus in der Lage ist, trotz Ihrer, meiner und britischer Agenten die Angehörigen des Schwarzen September zu eliminieren und rechtzeitig zum Lunch wieder zu Hause in Frankreich zu sein.«
Mr. Able sah Diamond forschend an. »Ist das etwa Bewunderung, die ich in Ihrem Ton entdecke?«
»Nein! Bewunderung würde ich es nicht nennen. Aber Hel ist ein Mann, den wir nicht unterschätzen dürfen.
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