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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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dann bitte, tun Sie es!«
    »Wir werden Ihre Unterschrift bekommen, Nikolai.«
    Nikolai sah Major Diamond aus seinen grünen Augen gelassen an. »Ich nehme von nun an nicht mehr teil an diesem Gespräch.« Er senkte die Lider und konzentrierte sich wieder auf das Mosaik der Steine in der Go-Partie, die er sich eingeprägt hatte. Er begann die verschiedenen Reaktionen auf jenen klugen Zug zu erwägen, der tenuki zu sein schien.
    Der Major und der stämmige Zivilist nickten einander zu, dann zog dieser ein schwarzes Lederetui aus der Tasche. Nikolai ließ sich nicht in seiner Konzentration stören, als der Militärpolizist ihm den Ärmel hochstreifte und der Zivilist die Luft aus der Kanüle drückte, indem er eine helle Flüssigkeit aus der Spritze aufsteigen ließ.
    Als er sich sehr viel später an die Ereignisse der nun folgenden zweiundsiebzig Stunden zu erinnern suchte, kamen Nikolai nur winzige zusammenhanglose Bruchstücke des Erlebten in den Sinn; das Bindemittel chronologischer Sequenz aber war von den Drogen, mit denen man ihn vollpumpte, zerstört worden. Die einzig zutreffende Analogie, die ihm für diese Art des Erlebens einfiel, war die zu einem Film, in dem dieselbe Person sowohl Schauspieler als auch Zuschauer war – ein Film, der zugleich im Zeitlupen- und im Zeitraffertempo ablief, mit Standfotos und Überblendungen, ein Film, dessen Tonstreifen die Geräusche der einen Szene mit denen der anderen vertauschte, dessen kurz aufblitzende Bilder eher erfühlt als gesehen wurden, ein Film mit langen Streifen unterbelichteter, verwackelter Bilder und einem Dialog, der viel zu langsam abgespielt wurde, breiig, im Basston.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte der amerikanische Geheimdienst gerade erst damit begonnen, bei Verhören mit Drogen zu experimentieren, und man machte noch häufig Fehler, die bisweilen den Verstand der Testpersonen zerstörten. Der stämmige Zivilist probierte an Nikolai so manche Chemikalie und Kombination aus, versetzte sein Opfer aus Versehen in Hysterie oder komaähnliche Indifferenz und erzielte zuweilen Wirkungen, die sich gegenseitig aufhoben, so dass Nikolai vollkommen ruhig und klar wirkte, in Wirklichkeit aber so desorientiert war, dass die Antworten, die er bereitwillig gab, nicht das Geringste mit dem Inhalt der Fragen zu tun hatten.
    Während der ganzen drei Tage empfand Nikolai in den Momenten, da er den Kontakt mit sich selbst wiederfand, eine unendliche panische Angst. Sie attackierten seinen Verstand und beschädigten ihn vermutlich, dabei beruhte seine Überlegenheit ihnen gegenüber ebenso sehr auf seinem Intellekt wie auf seinen Sinnen. Er fürchtete, dass sie ihn geistig zerstörten.
    Häufiger jedoch war seine Persönlichkeit gespalten, und Nikolai, der Zuschauer, empfand zwar Mitleid für Nikolai, den Schauspieler, konnte ihm aber nicht beistehen. Während jener kurzen Perioden, in denen er logisch denken konnte, versuchte er sich den alptraumhaften Verzerrungen hinzugeben, den Wahnsinn seiner Wahrnehmungen zu akzeptieren. Denn er spürte intuitiv, dass, wenn er sich gegen die schubweisen Entstellungen der Realität wehrte, bei dieser Anstrengung irgendetwas in ihm zerbrechen und er nie mehr auf den Weg zurück finden würde.
    Dreimal während dieser zweiundsiebzig Stunden verloren seine Peiniger die Geduld und erlaubten dem MP -Sergeant, das Verhör auf der konventionelleren dritten Stufe fortzusetzen. Er tat dies mittels eines dreiundzwanzig Zentimeter langen, mit Eisenspänen gefüllten Leinwandschlauchs. Die Wirkung dieser Waffe war entsetzlich. Sie zerfetzte die Haut nur selten, zertrümmerte aber darunterliegende Knochen und Gewebeteile.
    Als zivilisierter Mensch, der eine solche Behandlung nicht mitansehen konnte, verließ Major Diamond während der Prügelszenen stets den Raum, um den Folterungen, die er selbst befohlen hatte, nicht beiwohnen zu müssen. Der Arzt jedoch blieb stets dabei, weil es ihn interessierte, wie sich unter starkem Drogeneinfluss zugefügte Schmerzen auswirkten. Die drei Phasen der körperlichen Folter hatten auf Nikolais Wahrnehmungsvermögen unterschiedliche Effekte. An die erste erinnerte er sich überhaupt nicht. Wäre sein rechtes Auge nachher nicht zugeschwollen gewesen, und wäre nicht warmes Blut unter einem losen Zahn hervorgesickert, er hätte nicht gewusst, dass überhaupt etwas mit ihm geschehen war. Die zweite Prügelphase war unerträglich qualvoll. Die kombinierte Wirkung der verschiedenen Drogen hatte in diesem Moment zur

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