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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Erklärungen den völlig verdutzten, verunsicherten und daher gewalttätigen Wachen ergeben hatte. In seiner ersten Wut hatte ihn der amerikanische MP -Sergeant zweimal mit dem Gummiknüppel geschlagen, einmal auf die Schulter und einmal quer übers Gesicht. Durch den zweiten Schlag war seine Augenbraue über dem darunterliegenden harten Knochenwulst geplatzt. Weh tat es nicht, aber es blutete stark, und Nikolai litt unter der schmutzigen Würdelosigkeit der Verletzung.
    Aus Angst vor Sanktionen, weil ihnen ihr Gefangener vor der Nase umgebracht worden war, schrien die Wachen Nikolai Drohungen ins Gesicht, während sie hastig Alarm gaben und den Gefängnisarzt riefen. Als der umständliche, konfuse japanische Doktor eintraf, konnte er für den General nichts mehr tun; der Hirntod war wenige Sekunden nach Nikolais Tat eingetreten, der Herzstillstand eine Minute darauf. Kopfschüttelnd, den Atem zwischen den Zähnen einsaugend, als wolle er ein ungezogenes Kind tadeln, versorgte der Arzt Nikolais geplatzte Braue – offensichtlich erleichtert, etwas unternehmen zu können, was seine begrenzten Fähigkeiten nicht überforderte.
    Während zwei neue japanische Wärter Nikolai bewachten, machten die beiden anderen ihren Vorgesetzten Meldung, jeder mit einer Version, die sie selbst schuldlos dastehen ließ, während ihre Kollegen irgendwo zwischen unfähig und perfide angesiedelt wurden.
    Als der MP -Sergeant wiederkam, wurde er von drei weiteren Amerikanern begleitet: keine Russen, keine Japaner. Die Abrechnung mit Nikolai war eine rein amerikanische Angelegenheit.
    Unter unheilschwangerem Schweigen wurde Nikolai durchsucht, entkleidet und sodann in die gleiche grobe, »selbstmordsichere« Gefängniskluft gesteckt, die der General getragen hatte; dann wurde er barfuß, mit auf dem Rücken gefesselten Händen, in den kahlen Vernehmungsraum gebracht, wo er nun stumm auf einem am Boden festgeschraubten Metallstuhl saß.
    Um seine Vorstellungskraft abzulenken, konzentrierte Nikolai seine Gedanken auf das Mittelstadium eines klassischen Spiels zwischen zwei Go-Meistern einer berühmten Schule, ein Spiel, das er im Verlauf seiner Lehrzeit bei Otake-san auswendig gelernt hatte. Er rekapitulierte die Platzierungen, indem er das Brett mal von der Seite des einen, mal von der des anderen Spielers betrachtete und die jeweiligen Möglichkeiten untersuchte. Die beträchtlichen Anforderungen an Erinnerungsvermögen und Konzentration genügten, die fremde, chaotische Welt um ihn her versinken zu lassen.
    Vor der Tür erklangen Stimmen, Schlüssel klapperten, Riegel klirrten, und dann traten drei Männer ein. Einer von ihnen war der MP -Sergeant, der so eifrig in seinen Zähnen gebohrt hatte, als Kishikawa-san starb. Der zweite war ein stämmiger Mann in Zivil, dessen Schweinsaugen jenen nervösen, von materialis tischer Empfindungslosigkeit getrübten Blick oberflächlicher Intelligenz besaßen, wie man ihn bei Politikern, Filmproduzenten und Autoverkäufern findet. Der dritte, mit den Rangabzeichen eines Majors auf den Schultern, war ein schmaler sensibler Mann mit dicken blutleeren Lippen und hängenden Augenlidern. Dieser dritte nahm auf dem Stuhl Nikolai gegenüber Platz, während der stämmige Zivilist sich hinter Nikolai aufbaute und der Sergeant sich in der Nähe der Tür postierte.
    »Ich bin Major Diamond.« Der Offizier lächelte, doch seine Stimme war farblos und besaß jenen metallischen Mandibular-Ton, in dem sich die kraftvollen Laute der Proletarier mit einer überlagernden Schicht angelernter Feinheiten mischen – eine Stimme, wie man sie von Nachrichtensprecherinnen aus den Vereinigten Staaten kennt.
    Als sie eintrafen, hatte Nikolai gerade über einen Zug in dem Meisterspiel nachgedacht, der den Anschein eines tenuki erweckte, in Wahrheit aber eine subtile Reaktion auf den Zug des Gegners war. Bevor er aufblickte, konzentrierte er sich auf das Brett und prägte sich die Spielsituation ein, damit er später von hier aus weiterdenken konnte. Erst dann richtete er den Blick seiner ausdruckslosen, flaschengrünen Augen auf das Gesicht des Majors.
    »Was sagten Sie?«
    »Ich bin Major Diamond von der CIA .«
    »Ach ja?« Nikolais Gleichgültigkeit war nicht gespielt.
    Der Major öffnete seinen Aktenkoffer und nahm drei zusammengeheftete maschinengeschriebene Blätter heraus. »Wenn Sie dieses Geständnis unterzeichnen würden, könnten wir alles viel schneller abwickeln.«
    Nikolai warf einen Blick auf das Dokument. »Ich

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